Die Höchmatter Esel – Filmstars mit starken sozialen Eigenschaften
Die Höchmatter Esel – Filmstars mit starken sozialen Eigenschaften
Esel haben im Volksmund nicht den besten Ruf. In Tat und Wahrheit aber sind es sehr intelligente und sensible Tiere. In der Stiftung Höchmatt in Schwarzenegg haben Esel gar eine zentrale Rolle bei der Betreuung der Menschen. Und dazu noch viele mehr.
Text: Samuel Krähenbühl | Fotos: Samuel Krähenbühl, zvg
nd hier spielen die Esel eine zentrale Rolle, wie Leiterin Tanja Wulff erklärt: «Der Eselstall ist das Herzstück der Höchmatt und das Hauptbeschäftigungsfeld. Menschen mit einer schweren kognitiven und psychischen Erkrankung finden im Eselstall ein vielseitiges Beschäftigungs- und Therapieangebot. Sie können die Tiere füttern, führen, aber auch streicheln. Mit der Verrichtung der täglichen Arbeiten lassen sich Ausdauer, Genauigkeit, Geschicklichkeit und Sensibilität trainieren.»
Jede Woche mehrere Trekkings
Um den Eselstall herum gibt es sogar einen eingezäunten Eselstall-Weg, auf dem die Betreuten gefahrlos die Esel führen können. Mehrmals in der Woche wird mit den Tieren in kleinen Gruppen oder gar als ganzes Heim «spaziert». Diese internen Trekkings bieten den Tieren, aber auch den Menschen mit Behinderung, Bewegung und Freude. «Oft sind es die Esel, welche die Betreuten zum Laufen motivieren und ihnen Halt geben. Denn sie können sich an ihnen festhalten», erklärt Tanja Wulff.
Genau wie die Heimbewohner unterscheiden sich auch die neun Tiere in Alter, Herkunft und Aussehen. Dennoch bilden sie gemeinsam eine Herde. Sie fressen gemeinsam und sind am liebsten als ganze Gruppe vereint. Und das kann dann ab und zu mal zu Trennungsschmerzen führen: «Werden einzelne Esel zu einem Trekking abgeholt, kann es vorkommen, dass die Zurückgebliebenen laut schreien. Kommen die vermissten Esel zurück, werden sie freudig empfangen.» Doch die sensiblen und intelligenten Esel erfordern auch einen korrekten und fachmännischen Umgang. Im Eselstall arbeiten Sozialpädagogen, die sich seit über zehn Jahren intensiv mit der Eselhaltung und der Eselpflege auseinandergesetzt und darin weitergebildet haben. David Wulff als verantwortlicher Mitarbeiter macht inzwischen die Hufpflege der Tiere und führt neue Mitarbeitende und Betreute fachgerecht ein. «Die Esel gehören immer noch zu den Tieren, die nicht genügend erforscht sind und oft falsch gehalten werden. Wir achten auf der Höchmatt darauf, dass die Tiere sich wohlfühlen und tiergerecht gehalten werden – Esel sind keine Pferde», betont Tanja Wulff.
Externe Eseltrekkings
Doch nicht nur für interne Spaziergänge werden die neun Esel eingesetzt. Das Wohnheim Höchmatt bietet auch externe Eseltrekkings an, bei denen die Betreuten ressourcenorientiert eingesetzt werden. Wie die Heimleiterin erläutert, steht dabei nicht die Behinderung im Vordergrund, sondern es werden die gesunden Anteile unterstützt und gefördert. Die Eseltrekkings erfreuen sich grosser Beliebtheit. So wurde das Höchmatt mit seinen Eseln in den letzten Jahren an verschiedenen Orten und bei unterschiedlichsten Anlässen gebucht. So beispielsweise schon mehrmals an Veranstaltungen im Freilichtmuseum Ballenberg bei Brienzwiler. Dann auch jahrelang an Adventswochenenden durch die Migros Aare. «Weiter haben uns grosse Schulklassen aus dem ganzen Kanton und darüber hinaus für Trekking mit bis zu 25 Schülern gebucht», fügt Wulff an. Dazu kämen Vereine, Familien und gar Hochzeitspaare, die ein Trekking zur Hochzeit erhalten hätten. Die Esel können von Personen bis maximal 50 Kilo Körpergewicht auch geritten werden. Drei der Esel wurden auch während mehrerer Jahre jeweils an der Oberländischen Herbstausstellung ausgestellt.
Ja, und die Esel von der Höchmatt haben es sogar schon zu Filmruhm gebracht. Und zwar durch den Film «Unser Kind» von Regisseur Luki Frieden aus dem Jahr 2013 und 2016 im Historienfilm «Gotthard», der den Bau des ersten Gotthard-Eisenbahntunnels beschreibt.
Hier darf die junge Kander noch mäandrieren, wie es ihr beliebt, und schlägt darum gelegentlich überraschende Läufe ein. Im Gasteretal kann man einen Fluss erleben, wie er früher war – bevor die grossen Gewässerkorrekturprojekte des 19. und 20. Jahrhunderts die Schweizer Flüsse und Ströme kanalisierten, zähmten und zivilisierten. Als Kind versuchte Adolf Ogi zusammen mit seinem Vater, die Ufer der Kander im Gasteretal aufzuforsten und so den Flusslauf zu stabilisieren. Wenn aber die Kander im Gasteretal stark anschwillt, ist sie kräftig genug, um auch grosse Bäume mitzureissen. Selbst die Hängebrücke bei Selden ist nicht sicher vor dieser Urgewalt und wurde schon mehrmals beschädigt. Eine Wanderung durch das Bachbett der Kander im Gasteretal ist immer auch eine Art Zeitreise, denn «dank der kanalisierten Flussläufe durch stabile, schnurgerade Flussbette sind wir uns heute gar nicht mehr an die zerstörerische Gewalt des Wassers gewöhnt. Ich erinnere mich gut, wie das früher war und welchen Segen die Bach- und Flusskorrekturen für Mensch und Tier darstellten», meint Ogi.
Die Geschichte des Gasteretals ist aber auch eine Geschichte der Menschen, die seit vielen Jahrhunderten in und mit diesem Tal leben. Noch vor nicht allzu langer Zeit war das wilde Tal sogar ganzjährig bewohnt – so lebte etwa Adolf Ogis Grossmutter Margrit Ogi-Künzi in ihrer Jugend ganzjährig in Selden. Dies ist heutzutage nicht mehr möglich; zu gefährlich sind die Winter im von hohen, steilen Felswänden umringten Trogtal. Aus diesem Grund wird im Oktober auch die einzige Zufahrtsstrasse geschlossen. Im Sommer aber kehrt wieder Leben ein, denn im Gasteretal existieren noch Spuren der uralten halbnomadischen Lebensweise, die den Völkern des Alpenraums einst eigen war. So gibt es hier noch die altehrwürdige Institution des Dorfältesten, in dessen Obhut sich die berühmte, über 300 Jahre alte Gasterebibel und die etwas jüngere Gasterechronik befindet. Der jetzige Dorfälteste Christian Künzi führt nebenher auch das Gasthaus Steinbock, in dem man am knisternden Kaminfeuer den Geist dieses Tales auf sich wirken lassen kann.
Kann man einen Besuch in diesem Naturschutzgebiet aber überhaupt verantworten? Darf man hingehen und etwa mit den eigenen Füssen durch das Bachbett der jungen Kander spazieren? Selbstverständlich, sagt Adolf Ogi, dem das Schlusswort überlassen sei: «Im Grunde unseres Herzens sind wir doch alle noch ein wenig Kantianer und durchaus fähig und willens, Verantwortung für etwas zu übernehmen. Indem ich meine Lieblingsplätze bekannt mache, werden sie in ihrer ganzen Bedeutung als wertvolle Orte in einer intakten Landschaft wahrgenommen und etwas Wertvolles zu schützen, sind die Menschen gerne bereit. Ich bin schon zu lange Politiker, als dass ich den Kräften der Demokratie nicht vertraute. Auch das Tragen von Verantwortung haben wir in den letzten fast hundert Jahren demokratisiert. Wir sind als Gesellschaft durchaus in der Lage, auch mit sensiblen Landschaften umzugehen und zu diesen ganz speziell Sorge zu tragen, das liegt mir sehr am Herzen.»
Ja, und die Esel von der Höchmatt haben es sogar schon zu Filmruhm gebracht.
Momo
Balu
Morena
Geburtstag3. 5. 2004
Burgistein
Stute
Hausesel
Andalusischer Esel
135 cm
braun
Mutter
Miranda (†)
Wagen fahren
Fressen während des Laufens
Mika
Geburtstag10. 5. 2002
Wallis
Stute
Hausesel
Provenzalischer Esel
118 cm
grau
nicht bekannt
Momo
hat sehr viel Vertrauen
kann beissen
Pippi
Geburtstag15. 5. 2002
Wallis
Stute
Poitou-Mix
Poitou
130 cm
braun
nicht bekannt
nicht bekannt
sehr kontaktfreudig
Maik
Geburtstag15. 4. 2018
Vrin
Wallach
Hausesel
Andalusischer Esel
115 cm
braun
nicht bekannt
nicht bekannt
geht gerne auf Entdeckungsreise
ist etwas schreckhaft
Gianna
Aus dem Esel-Alltag
Drei Müsterchen zu den Eseln auf der Höchmatt, erzählt von Tanja Wulff:
Hunde und Esel
Begegnen wir unterwegs einem Hund, zeigen die Esel keine Spur von Angst oder Scheu. Im Gegenteil: Sie zeigen sich interessiert. Vor Jahren kam es vor, dass sich ein kleiner Welsh Corgi unter dem Zaun durch ins Eselgehege gewagt hat. Eine nicht ganz einfache Situation für den Esel- und den Hundehalter. Kurzerhand nahm einer der Esel den Welsh Corgi ins Maul und hob den Hund hoch. Dort wurde er fallen gelassen (aus Versehen?). Passiert ist glücklicherweise nichts, und der Corgi verschwand sofort zu seinem Halter. Natürlich wissen wir nicht, wie die Reaktion bei einem Rottweiler oder einem Bernhardiner gewesen wäre. Bis jetzt haben wir mit Esel und Hunden keine negativen Erfahrungen gemacht.
Das Drama mit dem Anhänger
Das Einsteigen in den Anhänger ist im Eselstall kein Problem. Sobald wir aber nach einem langen Trekkingtag zurückfahren möchten, wird das Einsteigen zur Geduldsprobe. Aber nur dann, wenn Menschen zusehen (Brauchen die Esel Zuschauer?). Es kam schon zu Situationen, in denen der Eselführer die Zuschauer darum bat wegzugehen, und kurz darauf war das Einsteigen kein Problem mehr.
Balu wartet auf Pippi
Wenn Pippi in den Anhänger verladen wird, mag dies Balu überhaupt nicht. Es kommt vor, dass er dann über Stunden immer wieder nach ihr laut schreit: Iah, iah, iah!
Sobald der Anhänger abends zurückkehrt, springt Balu vor lauter Freude mehrmals um den Eselstall. Balu ist glücklich, die Welt wieder in Ordnung. Pippi zeigt keine grossen Reaktionen.
Stiftung Höchmatt Schwarzenegg
Kontakt
Wohnheim Höchmatt
3616 Schwarzenegg
Telefon: 033 453 16 63
Email: info@hoechmatt.ch