Marinemalerei als Leidenschaft

Marinemalerei als Leidenschaft

Marinemalerei als Leidenschaft

Vom Matrosen und Architekten über den Schiffbauer bis zum Künstler. Ueli Colombi ist der einzige Marinemaler in der Schweiz. Detailgetreu und in unzähligen Stunden malt er in seinem Zuhause in Merligen Segelschiffe und Dampfer aus aller Welt. 

Text & Fotos: Christine Hunkeler

Ueli Colombi ist während der Zeit des Zweiten Weltkriegs im Spital Interlaken geboren. Aufgewachsen ist er in Thun, sein Vater war ein bekannter Architekt, der unter anderem das Gebäude des früheren Kino Rex und das Kleider-Frey-Haus in Thun entwarf. Nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit im Progymnasium in Thun liess Ueli Colombi sich als Matrose auf dem Rhein ausbilden.

Bereits als kleiner Junge zeichnete Ueli Colombi immer und überall Schiffe. In seinen Mathematikheften tauchten qual­men­­­de Schlepper und dahinjagende Yachten auf; auf Speisekarten und Servietten in Restaurants querten stolze Passagierliner die end­lo­sen Ozeane. Meistens war dann auch je­mand im Umfeld anwesend, der diese Zeich­­nungen haben wollte. Für eine Schiffszeich­nung auf einer Papierserviette hat er sogar einmal zwanzig Franken erhalten. Schiffe und das Meer, immer wieder. Das ist Ueli Co­lombis Leidenschaft. Als Kind träumte er immer davon, als Schiffskapitän über die weiten Meere zu fahren. Ob es davon kommt, dass sein Grossvater Plinio einer der Ersten war, der über ein eigenes Motorboot auf dem Thunersee verfügte? Sein Grossvater war ein bekannter Landschaftsmaler und benutzte das Boot für seine Arbeit.

Nach seiner Zeit auf dem Rhein fuhr Ueli Colombi eine Weile auf See, musste sich aber bald eingestehen, dass die Navigation gar nicht sein Ding war. 80 Prozent war Mathematik und kein Ende in Sicht. Da Ueli schon während seiner Schulzeit mit allem, was mit Zahlen und Formeln zu tun hatte, überhaupt nicht klar kam, bedeutete diese Tatsache das Ende seiner Schifffahrtsträume; ein Leben als Deckhand wäre nun gar nicht in seinem Sinn gewesen. Schweren Herzens entschloss er sich, doch in die Fuss­stapfen seines Vaters zu treten und die Ausbildung zum Architekten in Angriff zu nehmen. Vielleicht kann man auch sagen, er wählte den Weg des geringsten Widerstandes. Doch der Traum von der Welt der Schiffe und der Schifffahrt ist geblieben und hat ihn nie mehr losgelassen. Nachdem er das Diplom in der Tasche hatte, wanderte er nach Vancouver in British Columbia aus. Ein lang gehegter Jugendtraum; weshalb wissen die Götter. Genau wie Shark Bay an der Küste von Westaustralien am Indischen Ozean… 

Mit Cunards «Sylvania» ging es 1967 von Le Havre nach Montreal. Bevor er nach Van­couver weiterreiste, legte er in Montreal einen Zwischenhalt ein, um die Expo zu besuchen. In Vancouver brauchte er drei Wochen, bis er einen Job in einem Architekturbüro gefunden hatte. Sein neuer Chef überreichte ihm die Bauordnung und den Auftrag für ein Geschäftshaus. Ueli Colombi hatte dafür eine Woche Zeit. Nach dieser Woche wurde er als Architekt angestellt, mit einem Büro direkt beim Hafen. Während dieser Zeit war er unter anderem Projektleiter von einem der grössten Shoppingcenter und mehreren Banken in Nordamerika. In seiner Freizeit war er auf Hochseeyachten unterwegs. In Vancouver wohnte er im 22. Stockwerk, direkt am Meer. Ueli Colombi erzählt beim Gespräch von einem der berührendsten Momente während dieser Zeit: Er stand mit seinem Auto auf der Lions Gate Bridge im Stau und im Radio wurde gerade über die geglückte Mondlandung berichtet. Zur gleichen Zeit fuhr die «Orsova» unter der Brücke hindurch, so nahe, dass er die Offiziere und den Lotsen in der Brückennock des Liners ausmachen konnte … Ein Moment, der ihn zum Heulen brachte. Genau dort hätte er auch stehen können. Die «Orsova» war einer der goldenen Orientliner auf der Australienroute mit Heimathafen London. Ein ständiger Begleiter war der Alptraum, wieder in die Schweiz zurückkehren zu müssen. Dieser Alptraum holte Ueli Colombi nach ein paar Jahren ein. Obwohl er wusste, dass er seinen Eltern nichts schuldete, kehrte er mit der «Canberra» rund um die Welt nach Europa zurück. 

Er brauchte nach seiner Zeit in Vancouver ganze zehn Jahre, um in der Schweiz wieder einigermassen Fuss zu fassen. Seine Rettung war das Kennenlernen seiner Ehefrau und die Erlösung kam dann mit dem Job als Projektleiter beim Wiederaufbau der «Blümlisalp». Im Kanderdelta musste vieles improvisiert werden; es wurde dort zum Beispiel ein Trockendeck gebaut, damit man die brachliegende «Blümlisalp» überhaupt wieder zusammenbauen konnte. Ueli Colombi meint, dass er mit den Schiffen weisse Haare gekriegt habe. Später folgten dann verschiedene Planungen und Bau­leitungen wie die «Montreux» auf dem Genfersee oder auch die «Goethe» auf dem Rhein und ganz zuletzt die «Neuchâtel» auf dem Neuenburgersee. Schiffe sind in der Regel Sieben-Tage-Baustellen.

Mit viel Perfektionismus erweckt Ueli Co­lom­bi seit gut 20 Jahren die alten Segelschiffe und Dampfer mit Acryl auf Leinwand zu neuem Leben. Die Bilder sind äusserst präzise dargestellt; so werden selbst Rostflecken oder dampfende Rauchfahnen 1:1 wiedergegeben. Wir finden in seinen Bildern die Liebe zu den Schiffen, dem Meer und ein bis ins letzte Detail exaktes Schaffen in wahrer künstlerischer Umsetzung. Für ein Bild ist Ueli Colombi gut 100 Stunden am Werk. In den Anfängen malte er mit Bleistift auf Karton und kolorierte diesen im Anschluss. Es folgte die Zeit mit Aquarelltechnik, später wechselte er auf flüssige Acrylfarben und anstelle von Karton wurde auf hochwertige Leinwand gemalt. Jedes Bild wird vorab mit Bleistift vorskizziert. 

Vorübergehend hat sich Ueli Colombi auch in der Steinlithografie geübt. Aufgrund eines interessanten Zusammentreffens mit dem Steindrucker Ernst Hanke aus Ringgen­berg (damals aber noch in Thun) arbeitete sich Ueli Colombi in ein neues, sehr aufwendiges Ver­fahren ein. Hier wird von Hand auf die glatte Oberfläche eines Steinblockes aufgezeichnet. Jede Farbe muss einzeln auf einen separaten Stein aufgezeichnet und danach sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, damit beim Druck alles zusammen passt. Der Stein wird nach dem Aufzeichnen mit Säure und einer Gummilösung geätzt. Anschliessend giesst man Wasser über den Stein und trägt Tinte auf, welche die Originalzeichnung sichtbar macht. Das Papier wird auf den Stein gelegt und mit einer Handpresse aufgedrückt und danach durchgedreht. Bei einer mehrfarbigen Litho­grafie wird dieser Vorgang für jede Farbe wiederholt. Ueli Colombi hat mit diesem Verfahren sein bekanntestes Bild von der «Blümlisalp» in fünf Auflagen à 100 Exemplaren hergestellt. Eine dieser Auflagen bestand aus 200 Blättern à 250 Franken; dieser ganze Betrag von 50 000 Franken ging an die «Blüemlere».

Heute malt er jeden Tag. Ungewiss war eine Zeit lang, ob er nach einer schweren Krankheit, die ihm einen Teil des Augenlichts raubte, überhaupt je wieder malen könne. Er hatte Glück im Unglück. Ueli Colombi ist mit sehr wenig zufrieden und geniesst so seinen Lebensabend im schönen Merligen direkt am Thunersee. 

Ueli Colombi hat bereits an verschiedenen Orten ausgestellt. So zweimal in den Mall-Galleries in London, an der Art Maritim in Hamburg, in Basel, Lausanne, am Salon du livre in Genf und an der Frankfurter Buchmesse. Ein Wunsch ist, auch noch in Zürich und in anderen Schweizer Städten einen passenden Rahmen dazu zu finden. Ab dem 9. Dezember 2018 sind die Bilder in der Kunstgalerie Hodler in Thun ausgestellt.

Kontakt
Marinemalerei
Ueli Colombi
Seestrasse 231, 3658 Merligen
Telefon 079 312 85 69
E-Mail ucolombi@bluewin.ch

www.marinemalerei-colombi.com


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