Künstler leben

Künstler leben

Künstler leben

Eine kleine Oase hat sich Beat Staehli an der Spiezstrasse im Gwatt geschaffen. Er ist freischaffender Künstler und Lebemensch. Seine Skulpturen sind alle ein Teil von ihm, geschaffen, um ihn zu überleben. Während des Gesprächs führt er durch sein Atelier und seine Galerie «be-art».

Text & Fotos: Janina Stucki

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Mit Unverständnis nehmen einige von uns zur Kenntnis, wofür der Nachbar oder die Schwiegermutter gerade wieder ein kleines Vermögen ausgegeben hat. Bedürfnisse, Prioritäten, Lebensstil, Vermögen – alles individuelle Parameter, aus deren Summe sich der eigene Geschmack bildet. Trotzdem scheint es gewisse allgemeingültige Grundsätze zu geben, deren Beachtung sich bei der künstlerischen Schöpfung bezahlbar machen kann – im wahrsten Sinne des Wortes. Darüber, was das menschliche Empfinden als «schön» erachtet, wird geforscht und debattiert. Für Beat Staehli ist die Sache simpel: «Unser Schönheitsempfinden ist in uns drin, also elementar, und folgt einem natürlichen Aufbau. Meine Kunst ist deshalb, im Gegensatz zu abstrakter Kunst, zeitlos. Sie entspricht nicht einem momentanen Zeitgeist, sondern einem elementaren Grundgefühl.» Seine Skulpturen, gefertigt aus Steinzeugton, sind steinhart und gemacht für die Ewigkeit. «Wird eine Erbschaft aufgeteilt, sollen meine Objekte diejenigen sein, um welche gestritten wird», erklärt Staehli schmunzelnd. Er meint nicht alles wortwörtlich, aber er mag es, zu provozieren. 

Gerade älteren Generationen kann das Verständnis für seine Objekte fehlen. Für den Frauenkörper mit Schweinekopf beispielsweise. Das kann brüskieren. Sei aber nicht so gemeint. Im Gespräch macht er auch nicht eine Sekunde den Anschein, als würde ihm der Respekt vor den Frauen – oder ganz allgemein vor der Weiblichkeit – fehlen. Im Gegenteil. «Ich arbeite jeweils ein ganzes Jahr an einem Projekt. Wobei das ‹Projekt› darin besteht, mehrere Objekte zu einem Überthema zu machen. Der Frauenkörper mit Schweinekopf war ein Teil eines solchen Projekts, welches im Rahmen des Darwin-Jahres 2009 entstand. Ich habe auch Männerkörper mit unterschiedlichen Tierköpfen kombiniert, aber manchmal sehen die Leute nur das, was sie sehen wollen.» 

«Unser Schönheitsempfinden ist in uns drin, also elementar, und folgt einem natürlichen Aufbau.»

Alles unter einem Dach

Seine kleine Oase an der Spiezstrasse hat sich Staehli selbst geschaffen. Seit 35 Jahren ist er dort zuhause, renoviert, baut an, verschönert. Sein Atelier «be-art» ist ins Haus integriert und wächst stetig. Neben dem wintergartenähnlichen Arbeitsraum befinden sich ein weiterer Werkraum, ein Rohmateriallager und diverse Ofeneinrichtungen. Das Besondere an Staehlis Objekten sind deren Oberflächen. Diese entstehen durch den Gebrauch verschiedenster Oxyde in Kombination mit speziellen Abräucherungs- und Reduktionstechniken. So schafft es Staehli immer wieder, etwas Neuartiges zu kreieren. «Das Brennen der Tonobjekte muss als riesiger Lernprozess verstanden werden. Meine Fertigkeiten diesbezüglich habe ich über Jahrzehnte erworben und der Prozess wird niemals abgeschlossen sein.» 

Zu seinem Haus gehört ein grosser Garten. Sehr wild aber mit Liebe zum Detail widerspiegelt auch dieser spezifische Charaktereigenschaften Staehlis. Das grosse Biotop und das unmittelbar angrenzende Naturschutzgebiet erlauben ihm, in direktem Austausch mit der Natur und ihren Lebewesen zu stehen. «In meinem Garten weiden die Rehe. Natter und Frosch vergegenwärtigen mir immer wieder die Gesetze der Natur.»

Inspiriert durch die ganz Grossen

Angefangen hat Staehli als Keramiker. Unmittelbar nach der Lehre hat er sich aber als Künstler selbständig gemacht. «Meine Selbständigkeit ist mir sehr wichtig. Ich könnte mir nicht vorstellen, von irgendjemandem abhängig zu sein.» Über all die Jahre hat er sich an der Schule für Gestaltung in Bern ständig weitergebildet und gibt eigene Töpferkurse im Tessin, in Frankreich und auch im Gwatt. «Mein Ziel ist es, nicht nur das Handwerk, sondern auch ein Gefühl für die Töpferei weiterzugeben.» 

Inspiriert ist seine Arbeit durch die «alten Meister». Rodin, Michelangelo, da Vinci, um nur einige zu nennen. «Sie sind diejenigen, die mich faszinieren, weil mich ihre Interpretation von Natürlichkeit überzeugt.» In Zukunft will Staehli auch wieder mehr malen und dafür bei den Skulpturen kürzer treten. Nicht nur, aber auch weil es an die körperliche Substanz geht. «Das, was ich mache, ist genau das, was ich machen möchte.» Und auch im abschliessenden Kommentar kann er sich eine Spur Ironie nicht verkneifen: «Das Künstlerleben ist knallhart. Ich empfehle es jedem, wünsche es aber niemandem.»

www.be-art.ch

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Erforderlich