Ein Stück Freiheit

Ein Stück Freiheit

Ein Stück Freiheit

Mit seinem Hobby ein Stück Freiheit erleben und seine Ideen ausleben. Gian Arpagaus tut genau das. Seine Leidenschaft für das Malen und seine persönliche Lebenssituation – er ist ein pensionierter dipl. Chemo­techniker – erlauben es ihm, so wie er will zu malen – frei vom Druck, etwas verkaufen oder auf etwas hinarbeiten zu müssen.

Text: Laura Spielmann | Fotos: Laura Spielmann, zvg

Angefangen hat er mit der Malerei schon vor rund einem halben Jahrhundert. Eine wirkliche Prägung seitens Familie und Freunde gab es aber nicht. Die Malerei und die Kunst allgemein faszinierten ihn schon immer, und so hat er schon in der Zeit an der Bündner Kantonsschule angefangen zu malen, wo er einen ausgezeichneten Zeichen- und Mallehrer hatte. Später brachte er sich das Medium auch autodidaktisch bei. Durch Beobachten, Üben und vor allem durch Machen. Während seiner Berufszeit in einer pharmazeutischen Firma in Bern hat er zum Ausgleich bereits häufig zum Pinsel gegriffen. Er hat er erst nach seiner Pensionierung angefangen, sich ausgiebiger und professionell mit der Malerei zu beschäftigen. Aufgrund dessen, dass er jetzt mehr Zeit dafür hat. 


Inspirationen

Eines seiner Vorbilder ist Alois Carigiet, ein Bündner Grafiker, Illustrator und Maler, der unter anderem verschiedene Wandbilder gemalt hat und die Illustrationen des «Schellen-Ursli» für sich beanspruchen kann. Dessen Motive waren inspiriert von seiner ihn prägenden Umgebung. Auch bei Gian Arpagaus ist dies ähnlich: Inspirieren lässt er sich bei seinen Bildern allerdings nicht nur von seiner unmittelbaren Umgebung, sondern auch von Impressionen von Reisen mit seiner Frau in verschiedene Länder, so war er zum Beispiel in Ägypten und hat einige Bilder davon in seinem Atelier stehen, die daran erinnern. Viele seiner Bilder bilden den Niesen und den Thunersee in unterschiedlichen Farben und Stimmungen ab. Er bezeichnet den 2362 Meter hohen Thuner Hausberg als faszinierend. Da man ihn in stetig wechselnden Facetten, Beleuchtungen oder Farben malen kann, greift Gian Arpagaus immer wieder zum Pinsel und malt den Kraftberg, der in den Wintermonaten einen kegelartigen Schatten auf die Gemeinde Spiez wirft.

Obwohl er sich von anderen Künstlern und Bildern inspirieren lässt und sich an verschiedenen Stilen und Kunstrichtungen orientiert, versucht er, möglichst nicht zu kopieren. Er probiert gerne immer wieder Neues aus, greift aber doch immer wieder auf seinen persönlichen Stil zurück, den er sich über die Jahre hinweg angeeignet hat. «Man versucht immer wieder was anderes oder wird beispielsweise durch besuchte Ausstellungen oder das Internet beeinflusst. Man sieht dann ein Bild und sagt: ‹In diese Richtung könnte ich es auch mal probieren.› Aber ich komme trotzdem immer wieder zurück zu meinem Stil. Es entwickelt und ergibt sich einfach.» Dieser Stil hat sich durch das kontinuierliche Malen stetig weiterentwickelt. Angefangen hat er mit Aquarell, heute benutzt er sehr oft eine Mischtechnik mit Acrylfarbe und Spachtelmasse. Auch von den Dimensionen her hat sich vieles verändert. So hat er zuerst eher kleinere Bilder gemalt und erst nach einer gewissen Zeit angefangen, Bilder in grösserem Massstab zu malen. Folglich hat er über die Jahre hinweg eine eigene Bildsprache entwickelt. Das war ein langer Prozess, der aber gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist. 

«Dieser Stil hat sich durch das kontinuierliche Malen stetig weiterentwickelt.»

Ein Bild entsteht

Besagte Spachtelmasse stellt Gian Arpagaus selber her. Diese beinhaltet unter anderem Spachtelpulver mit Wasser und Acrylbinder und je nach Motiv auch Sand. Der Sand, den er benutzt, ist zum Beispiel ein spezieller schwarzer Sand von einer Is­land­reise. Bei Inseln vulkanischen Ursprungs existieren Strände, die auf­grund der Erosion von vulkanischem Gestein sowie des Abküh­lens und anschliessenden Aushärtens der Lava eine schwarze Farbe angenommen haben. Wer die Masse nicht selber herstellen möchte, kann eine herkömmliche Spachtelmasse auch in einem Geschäft für Künstler­bedarf kaufen. Gian Arpagaus stellt seine Masse selber her, weil er damit über die Stärke, die Intensität und allgemein über die Eigenschaften der Masse durch Variieren von Inhalten und Verhältnissen selber bestimmen kann. Die Experimentierfreudigen kommen bei dieser Technik also voll auf ihre Kosten, denn sie macht das Endergebnis des Bildes unvorhersehbar. Diese Technik bietet ausserdem eine ideale Grundlage, um Bildern eine gewisse dreidimensionale Tiefe zu verpassen. Die reliefartige Oberflächenstruktur, die dadurch ent­steht, stellt eine ausdrucksstarke Grundlage für das Motiv dar.

Der künstlerische Arbeitsprozess bei der Entstehung seiner Bilder sieht wie folgt aus: Zuerst benutzt er eine Grundiermasse, dann gibt er mit der ebenerwähnten Spachtelmasse Struktur auf die Leinwand. Somit entstehen erste Formen. Durch die verschiedenen Schichten, die nach und nach übereinander gespachtelt, und die Farben, die danach ebenfalls noch ins Werk eingebaut werden, ergibt sich am Ende ein Zusammenspiel aller beteiligten Schichten, Formen und Farben. Somit baut sich das Bild nach und nach auf. Er hat aber nicht von Anfang an einen fertigen Plan, wie genau das Bild schliesslich aussehen soll: «Ich sage nicht zuerst ‹ich mache das›, sondern es entsteht einfach.» Dieser Prozess ist das, was ihn am Malen eigentlich so fasziniert. Die Zeit, die er an einem Bild verbringt, variiert denn auch extrem: Es kann von einem Tag bis zu mehreren Tagen dauern. Wenn er nicht zufrieden ist, übermalt er sie dann wieder. Es ist nicht immer einfach, zu bestimmen, wann ein Bild endgültig fertig ist: «Meistens ist es dann fertig, wenn für mich die Harmonie da ist. Auch die Stimmung, die ich zu erfassen versuche, ist mir wichtig. Genauso die Stimmung beim Betrachten des Gemäldes. Nach einem halben Jahr kann sich meine Beurteilung dann aber wieder ändern, und ich sage mir: ‹Das war jetzt nicht gut.› Dann übermale ich es wieder.» 


Kunst als entspannendes Hobby 

Kunst gehört zu seinem Leben dazu, und sie bedeutet Gian Arpagaus dem­entsprechend sehr viel, denn damit kann er die Zeit um sich herum vergessen. «Kunst ist um uns und ist immer präsent. Mich interessiert das Kreative am Malen. Manchmal stehe ich vor der weissen Leinwand und weiss nicht, was ich machen soll. Doch dann fange ich einfach zu malen an. Plötzlich sieht man, es könnte was geben, und dann mache ich weiter. Die Vorstellung sieht man entstehen, dann beobachtet man. Das ist die Kunst am Ganzen: Man sieht eine Form, die vorher noch nicht da war, und wenn man dann anfängt, dann entwickelt sich das Ganze. Das ist das, was einen wegführt vom Alltag. Man taucht in das Bild ein und versucht zu malen, das gelingt nicht immer. Das ist das Hobby, darum gehe ich es entspannt an. Wenn es nicht mehr geht, lasse ich es einfach sein und gehe nach Hause. Es macht sonst keinen Spass mehr.» Seine gemächliche Art, an die Kunst heranzugehen, sowie auch seine Begeisterung für das Medium, das er sich als Hobby ausgesucht hat, kann man beim Gespräch sehr gut spüren. «Ich muss nicht produzieren, ich mache einfach, was mir Freude bereitet.» 

Sein Atelier

Die Bilder entstehen vorwiegend in seinem Atelier. Entweder aus dem Kopf heraus oder mit einem Bild als Referenz. Das Atelier, das er mietet, bezeichnet er als Glücksfall. Es bietet aufgrund der Nähe zum Bälliz und des wunderbaren Ausblicks auf die Aare eine ideale Lage. Ursprünglich war das Gebäude ein Abbruchprojekt. Gefunden hat er es per Zufall. Damals stand da sogar noch, dass es nicht betreten werden dürfe, da Einsturzgefahr herrschte. Doch er hatte Glück und durfte es mieten und renovieren. Er hofft, noch weitere Jahre darin bleiben zu dürfen. Ein- bis zweimal die Woche ist er im Atelier; erkennbar ist dies an der gelben Fahne, die dann draussen hängt. Er ist sehr dankbar, dass er im Atelier sein darf und hier seine Kreativität ausleben kann, der Ort ist ihm dementsprechend sehr wichtig. Freunde und Kunstinteressierte sind aber immer herzlich willkommen. 

Es geschieht auch, dass Ankäufer und Liebhaber von seinen Bildern wieder vorbeikommen, um zu schauen, was Neues entsteht. Das macht dann besonders Freude. 

 

Was noch ansteht 

Bestimmte Pläne oder Projekte für die Zukunft hat er keine, er lässt es auf sich zukommen. «Ich schaffe nicht auf etwas hin. Ich muss nichts verkaufen und habe keinen Druck, ich male einfach drauflos.» Er hofft einfach, dass er sich seiner künstlerischen Ausdrucksform noch weitere Jahre widmen kann. Er hat ausserdem eine Anfrage von der Ausstellung Stille Zeit erhalten, die immer zum Jahresanfang in Unterseen stattfindet und eine Ausstellungsplattform für Kunstschaffende aus dem Berner Oberland bietet. Er hat Anfang dieses Jahres schon einmal mitgemacht und überlegt sich, ob er im nächsten Jahr nochmal teilnehmen will und wenn ja, welche Bilder er ausstellen möchte. 

Kontakt
Atelier Arp
Gian Arpagaus
Bälliz 59
3600 Thun

Telefon: 079 743 44 68

www.arpagaus-kunstmaler.jimdo.com


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