Ein Stück Freiheit
Ein Stück Freiheit
Mit seinem Hobby ein Stück Freiheit erleben und seine Ideen ausleben. Gian Arpagaus tut genau das. Seine Leidenschaft für das Malen und seine persönliche Lebenssituation – er ist ein pensionierter dipl. Chemotechniker – erlauben es ihm, so wie er will zu malen – frei vom Druck, etwas verkaufen oder auf etwas hinarbeiten zu müssen.
Text: Laura Spielmann | Fotos: Laura Spielmann, zvg
Während der Bildhauer früher hauptsächlich Vorlagen für seine Plastiken skizzierte, entstanden ab 1987 eigenständige kreative Zeichnungen.
Inspirationen
Obwohl er sich von anderen Künstlern und Bildern inspirieren lässt und sich an verschiedenen Stilen und Kunstrichtungen orientiert, versucht er, möglichst nicht zu kopieren. Er probiert gerne immer wieder Neues aus, greift aber doch immer wieder auf seinen persönlichen Stil zurück, den er sich über die Jahre hinweg angeeignet hat. «Man versucht immer wieder was anderes oder wird beispielsweise durch besuchte Ausstellungen oder das Internet beeinflusst. Man sieht dann ein Bild und sagt: ‹In diese Richtung könnte ich es auch mal probieren.› Aber ich komme trotzdem immer wieder zurück zu meinem Stil. Es entwickelt und ergibt sich einfach.» Dieser Stil hat sich durch das kontinuierliche Malen stetig weiterentwickelt. Angefangen hat er mit Aquarell, heute benutzt er sehr oft eine Mischtechnik mit Acrylfarbe und Spachtelmasse. Auch von den Dimensionen her hat sich vieles verändert. So hat er zuerst eher kleinere Bilder gemalt und erst nach einer gewissen Zeit angefangen, Bilder in grösserem Massstab zu malen. Folglich hat er über die Jahre hinweg eine eigene Bildsprache entwickelt. Das war ein langer Prozess, der aber gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist.
«Dieser Stil hat sich durch das kontinuierliche Malen stetig weiterentwickelt.»
Ein Bild entsteht
Besagte Spachtelmasse stellt Gian Arpagaus selber her. Diese beinhaltet unter anderem Spachtelpulver mit Wasser und Acrylbinder und je nach Motiv auch Sand. Der Sand, den er benutzt, ist zum Beispiel ein spezieller schwarzer Sand von einer Islandreise. Bei Inseln vulkanischen Ursprungs existieren Strände, die aufgrund der Erosion von vulkanischem Gestein sowie des Abkühlens und anschliessenden Aushärtens der Lava eine schwarze Farbe angenommen haben. Wer die Masse nicht selber herstellen möchte, kann eine herkömmliche Spachtelmasse auch in einem Geschäft für Künstlerbedarf kaufen. Gian Arpagaus stellt seine Masse selber her, weil er damit über die Stärke, die Intensität und allgemein über die Eigenschaften der Masse durch Variieren von Inhalten und Verhältnissen selber bestimmen kann. Die Experimentierfreudigen kommen bei dieser Technik also voll auf ihre Kosten, denn sie macht das Endergebnis des Bildes unvorhersehbar. Diese Technik bietet ausserdem eine ideale Grundlage, um Bildern eine gewisse dreidimensionale Tiefe zu verpassen. Die reliefartige Oberflächenstruktur, die dadurch entsteht, stellt eine ausdrucksstarke Grundlage für das Motiv dar.
Der künstlerische Arbeitsprozess bei der Entstehung seiner Bilder sieht wie folgt aus: Zuerst benutzt er eine Grundiermasse, dann gibt er mit
der ebenerwähnten Spachtelmasse Struktur auf die Leinwand. Somit entstehen erste Formen. Durch die verschiedenen Schichten, die nach und nach übereinander gespachtelt, und die Farben, die danach ebenfalls noch ins Werk eingebaut werden, ergibt sich am Ende ein Zusammenspiel aller beteiligten Schichten, Formen und Farben. Somit baut sich das Bild nach und nach auf. Er hat aber nicht von Anfang an einen fertigen Plan, wie genau das Bild schliesslich aussehen soll: «Ich sage nicht zuerst ‹ich mache das›, sondern es entsteht einfach.» Dieser Prozess ist das, was ihn am Malen eigentlich so fasziniert. Die Zeit, die er an einem Bild verbringt, variiert denn auch extrem: Es kann von einem Tag bis zu mehreren Tagen dauern. Wenn er nicht zufrieden ist, übermalt er sie dann wieder. Es ist nicht immer einfach, zu bestimmen, wann ein Bild endgültig fertig ist: «Meistens ist
es dann fertig, wenn für mich die Harmonie da ist. Auch die Stimmung, die ich zu erfassen versuche, ist mir wichtig. Genauso die Stimmung beim Betrachten des Gemäldes. Nach einem halben Jahr kann sich meine Beurteilung dann aber wieder ändern, und ich sage mir: ‹Das war jetzt nicht gut.› Dann übermale ich es wieder.»
Kunst als
entspannendes Hobby
Kunst gehört zu seinem Leben dazu, und sie bedeutet Gian Arpagaus dementsprechend sehr viel, denn damit kann er die Zeit um sich herum vergessen. «Kunst ist um uns und ist immer präsent. Mich interessiert das Kreative am Malen. Manchmal stehe ich vor der weissen Leinwand und weiss nicht, was ich machen soll. Doch dann fange ich einfach zu malen an. Plötzlich sieht man, es könnte was geben, und dann mache ich weiter. Die Vorstellung sieht man entstehen, dann beobachtet man. Das ist die Kunst am Ganzen: Man sieht eine Form, die vorher noch nicht da war, und wenn man dann anfängt, dann entwickelt sich das Ganze. Das ist das, was einen wegführt vom Alltag. Man taucht in das Bild ein und versucht zu malen, das gelingt nicht immer. Das ist das Hobby, darum gehe ich es entspannt an. Wenn es nicht mehr geht, lasse ich es einfach sein und gehe nach Hause. Es macht sonst keinen Spass mehr.» Seine gemächliche Art, an die Kunst heranzugehen, sowie auch seine Begeisterung für das Medium, das er sich als Hobby ausgesucht hat, kann man beim Gespräch sehr gut spüren. «Ich muss nicht produzieren, ich mache einfach, was mir Freude bereitet.»
Sein Atelier
Es geschieht auch, dass Ankäufer und Liebhaber von seinen Bildern wieder vorbeikommen, um zu schauen, was Neues entsteht. Das macht dann besonders Freude.
Was noch ansteht
Bestimmte Pläne oder Projekte für die Zukunft hat er keine, er lässt es auf sich zukommen. «Ich schaffe nicht auf etwas hin. Ich muss nichts verkaufen und habe keinen Druck, ich male einfach drauflos.» Er hofft einfach, dass er sich seiner künstlerischen Ausdrucksform noch weitere Jahre widmen kann. Er hat ausserdem eine Anfrage von der Ausstellung Stille Zeit erhalten, die immer zum Jahresanfang in Unterseen stattfindet und eine Ausstellungsplattform für Kunstschaffende aus dem Berner Oberland bietet. Er hat Anfang dieses Jahres schon einmal mitgemacht und überlegt sich, ob er im nächsten Jahr nochmal teilnehmen will und wenn ja, welche Bilder er ausstellen möchte.
Kontakt
Atelier Arp
Gian Arpagaus
Bälliz 59
3600 Thun
Telefon: 079 743 44 68