Räuchern, eine alte Tradition wiederentdeckt
Räuchern, eine alte Tradition wiederentdeckt
Nicht nur in der Silvesternacht, sondern auch nach Krankheiten und Todesfällen, beim Neubezug eines Hauses oder im Lauf der «Jahreskreisfeste der Germanen» war Räuchern ein wichtiger Brauch. Neben dem Wacholder, der als Symbol der Unsterblichkeit gilt, gibt es zahlreiche Heilpflanzen, die weltweit in unterschiedlichsten Kulturen zum Räuchern verwendet werden.
Text: Thomas Bornhauser | Fotos: Thomas Bornhauser, zvg
Feuer ist seit Menschengedenken das Element, das für Wärme, Schutz, Gemeinschaft und für Geborgenheit steht – Feuer war auch schon immer Mittelpunkt vieler Rituale. Die Feuerstelle war einst der wichtigste Platz im Haus und die Glut durfte nicht auslöschen. Zur Wintersonnenwende aber wurden die häuslichen Flammen gelöscht und aus einem gemeinsam entfachten Feuer in der Dorfmitte ein glühendes Holzscheit entnommen, um damit zuhause das «heilige Feuer» wieder zu entzünden.
Das Feuer lieferte die glühenden Holzkohlestücke, um beim Räuchern Gebete gen Himmel zu schicken und den Göttern – später dem einen Gott – zu opfern. Räucherwerk wie Wacholder, Beifuss, Mistel und heimische Harze von Nadelbäumen begleiteten Zeremonien, an denen die Ahnen um Hilfe gebeten und die Elemente der Natur gnädig gestimmt werden sollten. Bei aufziehenden Gewittern wurden Johanniskrautbüschel ins Feuer geworfen, um mit dem aufsteigenden Rauch dem Wetter zu trotzen. Zum Ende der Pestepidemie wurde auf den Strassen und in den Häusern mit Weihrauch geräuchert und dazu Gebete gesprochen, um Dämonen und Teufel abzuhalten, weitere todbringende Seuchen über die Menschen zu bringen.
Von einer Zeitzeugin aus dem Appenzellerland stammt die Beschreibung einer Hausräucherung, wie diese im 19. Jahrhundert üblich war: «In der Hand die heisse Pfanne, so marschierte der Vater durch das Haus, von Zimmer zu Zimmer ging er, begleitet von meinem ältesten Bruder. Der Gang begann im Keller und endete im Estrich. In der Pfanne lagen glühende Kohlen und Weihrauchkörner. Mutter legte noch ein paar Kräuter und ein paar Wacholderbeeren hinzu, damit es fein duftete, und dann zogen die Männer einer Prozession gleich durch Haus und Stall, während die Frauen in der Küche mit dem Essen warteten.»
Schon in der alten Medizin wurde erkannt, dass mangelnde Hygiene und üble Gerüche in Zusammenhang stehen konnten mit entstehenden Krankheiten. Im Orient zeigten die Wohlgerüche von Weihrauch, Myrrhe und Styrax zudem die Zugehörigkeit zu einer höheren Gesellschaftsschicht an.
Aromatische Wohldüfte waren immer Zeichen für Wohlstand und Gesundheit. Wohlduftende Räume sollten von guter Hygiene und bester Stimmung zeugen, und beides den Ausbruch von Krankheiten verhindern und Harmonie zeigen.
Aromatische Wohldüfte waren immer Zeichen für Wohlstand und Gesundheit.
Jahreskreisfeste
Das Räuchern war ein wichtiger Bestandteil der Jahreskreisfeste keltischen und germanischen Ursprungs, die sich nach Sonne, Mond und den Jahreszeiten richteten. Die Feste hatten einen engen Bezug zur Natur und wurden zelebriert am Johannistag (Mittsommer), Lichtmess, Ostern, Walpurgisnacht, Maria-Himmelfahrt (Kornfest) als Erntedankfest, zu Allerheiligen und Raunächten zu Weihnachten.
In unserer aktuellen Zeit mit Feng-Shui Wohnberatung wird man sich der Energien in Wohn- und Arbeitsräumen wiederum vermehrt bewusst. Feinfühlige Menschen spüren Ort- und Raumatmosphäre unmittelbar und sind sich der Energien im Umfeld schnell bewusst. Räumen haftet oft eine eigene Aura an, die sich auch in einem eigenen Geruch, der für jede Wohnung typisch ist, ausdrückt. Häuser speichern die schicksalhaften Ereignisse der Vergangenheit. Sie widerspiegeln, was ihre Bewohner getan haben, Positives und Negatives.
Räume können mit einer reinigenden Räucherung auf die Energie von Gemeinschaft und Beziehung vorbereitet werden. Das Räuchern ist eine Art Reinigungsprozess von Haus und Seele, um für gute Energien und Harmonie zu sorgen und Altlasten zu entfernen. Werden getrocknete Pflanzenmaterialien wie Blüten, Blätter, Stängel, Rinde, Hölzer und auch Harze auf eine Hitzequelle gelegt, öffnen sich Pflanzenfasern und wirksame Duftmoleküle werden freigesetzt, begleitet von Rauch und Dampf.
Räucherkräuter und ihre Wirkung
Alant, Inula helenium: Wurzel geschnitten, tröstender, warmer Duft. Hilft, depressive Stimmungen aufzuhellen bei Traurigkeit, Belastungen und Unsicherheit.
Baldrian, Valeriana officinalis: Wurzel geschnitten, sparsam dosieren da starker, eindringlicher Duft, bringt das eigene Wissen ans Licht. Traumbewusstsein, Sinnlichkeit.
Beifuss, Artemisia vulgaris: Blätter und Blütenrispe, kurz vor der Blüte, unterstützt die Weiblichkeit, wärmt bei Traurigkeit, traditionelles «Hexen»- und Zauberkraut.
Eibe, Taxus baccata: Junge Triebe im Herbst (giftig!), Übergangsrituale, loslassen, Leben und Tod, Transformation.
Eiche, Quercus robur: Rinde, warmer, würziger Holzduft, Charakterstärke, Gerechtigkeit, Mut und Kraft.
Esche, Fraxinus excelsior: Blätter und Samen, Gelassenheit erlangen, Schutzrituale, ruhig werden.
Fichte, Picea abies: Harz, heilt alte Wunden, desinfiziert, macht frei, fördert Konzentration.
Holunder, Sambucus nigra: Blüten, Übergangsrituale, Heilung unterstützend, stärkt die Abwehrkräfte.
Hopfen, Humulus lupulus: Blütenzapfen, beruhigend, schlaffördernd, gelassen werden, loslassen.
Johanniskraut, Hypericum perforatum: Blüten, Kraut, Sommersonnenwende, Schutz vor dunklen Energien, würzig-frischer Duft.
Königskerze, Verbascum thapsiforme: Blüten, Samen, Wetterrituale, entspannt Konfliktsituationen, Entzündung Johannisfeuer.
Lavendel, Lavandula angustifolia: Blüten, Blätter, reinigt, desinfiziert, schützt, fördert Intuition und Klarheit, beruhigt und schafft Vertrauen.
Lebensbaum, Thuja occidentalis: Kraut, Übergangsrituale, warmer, waldiger, erdiger Duft.
Lorbeer, Laurus nobilis: Blätter, fördert Klarheit im Denken, Hellsichtigkeit, stärkend.
Mädesüss, Filipendula ulmaria: Blüten, Blätter, bei Angst vor Neuem, fördert Vertrauen ins Kommende, Neues wagen.
Minze, Mentha piperita: Blüten, Blätter, weckt, reinigt, erfrischt, belebt, bringt Energie.
Mistel, Viscum album: Ganze Pflanze, eigene Kraft entdecken, auch dunkle Seiten anerkennen, fördert Selbstbewusstsein.
Rainfarn, Tanacetum vulgare: Blüten, Blätter, stärkt Abwehr und Selbstwertgefühl, Schutzrituale, Regeneration.
Hundsrose, Rosa canina: Blütenblätter, öffnet das Herz, unterstützt harmonische Beziehungen, Liebesräucherungen, Friedensrituale.
Rosmarin, Rosmarinus officinalis: Blätter, mediterrane Wärme, sonnige Stimmung, anregend, wärmend, aphrodisierend.
Salbei, Salvia officinalis: Blätter, Reinigungen, erdet, öffnet die Lungen, fördert die Konzentration.
Sandelholz, Santalum album: Holz, harmonisierend, segnend, aphrodisierend.
Schafgarbe, Achillea millefolium: Blüte, beruhigend, lässt Träume wahr werden, Visionsfindung.
Wacholder, Juniperus communis: Holz, Nadeln, Harz, schützt, klärt, stärkt, grosser Reiniger, frischer, würziger Geruch, in vielen Kulturen Ersatz für teuren Weihrauch.
Weihrauch, Boswellia papyrifera: Harz, weltweit verwendet, würzig-süsslicher Duft, reinigend, heilend, segnend.
Zimt, Cinnamomum chinensis, C. ceylonesis: Rinde, wärmt und entspannt, sinnlicher Duft, schöne Träume.
Was wir zum Räuchern benötigen
• Feuerfestes Gefäss oder Räucherstövchen
• Alter Metalllöffel • Feuerzeug, Streichhölzer, Kerze
• Räucherkohle oder Schnellzünderkohle
• Sand (zum Isolieren oder Löschen der Glut)
• Räucherwerk (Kräuter, Harze etc.)
Jahreswechsel-Räuchermischung
• Wacholder
• Fichtenharz
• Mistel
• Meisterwurz oder Angelikawurzel
• Eichenrinde
• Erdrauchkraut
•
Lavendel
Fremdenergien auflösen
Energien ablösen heisst, etwas auflösen, das verdichtet ist. Die verdichteten Energien bauen sich auf durch das Verhalten der Menschen, die an diesem Ort lebten, durch ihr Handeln und ihre Emotionen, durch Ereignisse und Geschehnisse. Räuchern erzeugt einen energetischen Einfluss auf bestehende Energiefelder und die Redewendung «hat sich in Rauch aufgelöst» zeigt auf einfache Weise, dass sich durch Räuchern negative Energiefelder auflösen lassen. Mit dem Ziel, dass sich positive Raumausstrahlung ausbreitet, sowohl im privaten wie auch im beruflichen Umfeld – wohltuend wahrnehmbar. Die Wirkungen sind spürbar auf geistiger, seelischer und körperlicher Ebene.
Buchtipp
Rituelle
Hausräucherungen
Räume, Häuser und Büros energetisch reinigen
Christine Fuchs, Sam Hess
ISBN 978-3-485-02948-3