Von pionierhaftem Wagemut und von behördlichem Versagen
Von pionierhaftem Wagemut und von behördlichem Versagen
Einer der schönsten Orte in Thun zum Sinnieren ist das Jakobshübeli. Etwas abgelegen, gar versteckt romantisch bietet es auf 640 Meter über Meer eine einzigarte Sicht auf die Stadt Thun, den See und das umliegende Bergpanorama. Lassen wir uns an einem wunderschönen Herbstnachmittag verzaubern – mit einem kleinen Spaziergang auf das Jakobshübeli.
Text & Fotos: Lars Wyss
Wenn man das Jakobshübeli erklimmen will, bietet es sich an, zuerst den Aarequai entlangzuschlendern. Hier findet am Nachmittag das städtische Bummeln statt. Während man am Schlendern ist, fährt ab und zu ein Schiff das Ufer entlang, sei es die «Blümlisalp» oder das «Stockhorn». So wie die Menschen auf den Schiffen winken, verspürt man auch auf dem Aarequai ein Gefühl des Miterlebens und zugleich In-sich-Gehens. Es ist ein Gefühl des Zusammenlebens, in Harmonie und im Wunsch zusammenzusein. Hier gehen die Zänkereien des Alltags verloren, hier will jedermann entspannen, sich nicht mehr kümmern um die Probleme, die am nächsten Tag wieder anstehen, und sich einfach gehen lassen – im positiven Sinne. Und selbst wenn man alleine am Aarequai spaziert, fühlt man sich nicht einsam, man ist verbunden, als Mensch und als Städter.
Wenn wir unten am Jakobshübeli ankommen, sind wir bald in einer fast anderen Welt. Hier sind die Gassen eng und der Boden ist gepflastert. Es überkommt uns ein Gefühl der Heimeligkeit, fast fühlen wir uns zurückversetzt in eine vergessene, romantische Zeit. Hier steigen wir also empor, nehmen Treppe für Treppe und tauchen vom altstädtischen Flair in den Wald ein. Die Blätter fallen im Wind, und der Wind streicht uns durch die Haare, während wir den Hügel entlangschlendern. Irgendwann erreichen wir eine erste Ebene und befinden uns nun vollständig im Wald. Hier liegt das Laub breit am Boden, der Hügel ist geziert von einem gelb bis roten Farbenspiel und aufsteigende Treppen liegen vor unseren Augen. Diese Treppen liegen nun vor uns: Sie wirken alt, ab und zu ist ein Steg herausgebrochen, sie wirken schon fast sentimental. So steigen wir die schmalen Treppen empor, Schritt für Schritt, und die umgebenden Bäume hüllen uns in Geborgenheit. Je höher man steigt, umso mehr findet man in sich, ist in seinen Gedanken versunken, in der Natur, so nahe an der Stadt.
Wenn wir unten am Jakobshübeli ankommen, sind wir bald in einer fast anderen Welt.
Übrigens: Das Jakobshübeli wurde im Jahr 2011 für gut 115 000 Franken saniert und erstrahlt somit wieder in neuem Glanz. Der Pavillon, welcher auf 640 Meter über Meer steht, wurde ursprünglich im Jahr 1818 gebaut. Eine entsprechende Wartung des Jakobshübeli ist von Grund auf nötig, denn im Jahr 1907 stürzte der Pavillon ein und be-grub sieben Personen unter sich. Die heutige Form des Pavillons ist denn auch auf den Wiederaufbau im Jahr 1911/1912 zurückzuführen. 1924 erwarb die Burgergemeinde Thun das Jakobshübeli. Entsprechend war sie auch für die Sanierung im Jahr 2011 verantwortlich.
Sind wir also froh, dass wir es uns hier wieder gemütlich machen können. Doch was geht einem überhaupt durch den Kopf, wenn man auf einem der Bänkchen sitzt und die Aussicht am Geniessen ist? Am liebsten möchte man fast alleine, einsam auf dem Jakobshübeli sein. Einfach nur in sich gehen, die Beine baumeln lassen und sich an der Ruhe erfreuen. Vielleicht sieht man noch ein Schiff über den Thunersee fahren, vielleicht hört man ein paar Vögel zwitschern, und am liebsten möchte man bleiben, bis die Sonne hinter den Bergen versinkt. Hier fällt es einem schwer Ade zu sagen. Die Sorgen des nächsten Tages sind einem auf dem Jakobshübeli fern.
Wenn wir aber dann doch den Abstieg wagen müssen, werden wir noch einmal belohnt. Wie wir durch den Wald hinabsteigen, tauchen wir ein letztes Mal in die herbstliche Pracht ein. Hier sind die Blätter rot und der Weg ist gesäumt mit Laub. Ach, was für ein Gefühl der Waldeinsamkeit so nahe an der Stadt. Und während wir die letzten Schritte laufen, freuen wir uns auf einen Tee oder eine heisse Schokolade in der Stadt.