BäreLiebi – Wie der Bär vom Eriz für Schlagzeilen sorgte
BäreLiebi – Wie der Bär vom Eriz für Schlagzeilen sorgte
Eine Sensation: Das Berner Wappentier kehrt zurück! Eriz, das 500-Seelen-Dorf zwischen Emmental und Berner Oberland, ist im Ausnahmezustand, TV-Teams und Journalisten belagern den Ort des Geschehens. Was ist passiert? Am Freitag, 26. Mai 2017 wurde hier im Eriz ein Bär gesichtet – ein richtiger, wilder Bär!
Text: Hans R. Amrein | Fotos: Hans R. Amrein, Walter Gyger
Walter Gyger, so heisst der grosse Bären-Entdecker, wird nun in die kantonale Bären-Chronik eingehen. Gyger ist ein leidenschaftlicher Schafhüter. Der pensionierte Strassenmeister war an diesem Freitag damit beschäftigt, am steilen Hang des «Ramsgring» Zäune zu reparieren. Und plötzlich, in einer Entfernung von 60 bis 70 Metern, entdeckte er das Tier. Ein waschechter Bär! Walter Gyger eilte zu seinem Rucksack und riss die Kamera hervor. Ganz vorsichtig aus einer Entfernung von 30 Metern fotografierte er den Bären. Später telefonierte er dem zuständigen Wildhüter Andreas Rubin und teilte ihm die historische Entdeckung mit. Dieser informierte ordnungsgemäss sofort das Jagdinspektorat des Kantons Bern. Die Sensation war perfekt. «Der Medienrummel war gewaltig», so der Ex-Fussballtrainer und Buchautor Hanspeter Latour, der im Eriz ein Ferienchalet besitzt. Latour nahm sich Walter Gyger an und koordinierte kurzfristig Medienkontakte und Interviewtermine. Nicht nur bei den Medien, auch bei den Dorfbewohnern von Eriz war der Bär in den Tagen nach dem 29. Mai 2017 das grosse Gesprächsthema. Der Bär war überall präsent, zumindest in den Köpfen einiger Bewohner: Der wilde Bär vom Eriz, immerhin ein gefährliches Raubtier, sorgte für eine gewisse Angst und Verunsicherung in der Bevölkerung. Ein Bauer zählte beispielsweise alle seine Kühe und Kälber. Vielleicht fehlte ja ein Tier … SVP-Grossrat Samuel Krähenbühl jedenfalls war am Tag nach der Bärenentdeckung auch verunsichert. In einem politischen Vorstoss wollte er vom Berner Regierungsrat wissen, wie die Behörde die vom Bären ausgehende Gefahr einschätze. Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern rea- gierte auch sofort und publizierte am 29. Mai 2017 eine offizielle Mitteilung für die Bevölkerung in der Region Eriz. Motto: Was tun, wenn der Bär plötzlich auftaucht?
Info: Woher kommen die Bären?
Der Bär vom Eriz sei der «erste wilde Bär, der im Kanton Bern seit mehr als 190 Jahren gesichtet wurde», so das kantonale Jagdinspektorat, «die letzte historisch belegte Sichtung war 1823 im Saanenland». Das Wappentier sei in den Kanton Bern zurückgekehrt – das sei ein «historischer Moment», freut sich Jagdinspektor Niklaus Blatter in einer offiziellen Medienmitteilung der Volkswirtschaftsdirektion vom 29. Mai 2017. Seit 2005 wandern immer wieder Braunbären aus dem italienischen Nationalpark im Trentino in die Schweiz ein und stossen dabei immer weiter nach Norden vor. 2016 wurde der Kanton Graubünden von drei Bären besucht. Der bereits im Februar im Val Müstair aufgetauchte M32 wanderte anschliessend ins Unterengadin. Dort wurde er bei einem Zusammenstoss mit einem Zug tödlich verletzt. Ein zweiter Bär machte sich im April 2016 im Puschlav bemerkbar. Ein dritter Bär wanderte Ende April 2016 via Rheinwald nach Thusis. Es dürfte sich dabei um das gleiche Individuum handeln, das sich anschliessend über Trun in die Innerschweiz verschob. Er wurde im Hoch Ybrig (Kanton Schwyz) und bis im Spätherbst im Kanton Uri wiederholt registriert. Der «Urner Bär» hat in den letzten zwei Jahren auf Schweizer Boden gezeigt, wie unauffällig sich ein Bär in einer dicht besiedelten Landschaft bewegen kann.
Hier darf die junge Kander noch mäandrieren, wie es ihr beliebt, und schlägt darum gelegentlich überraschende Läufe ein. Im Gasteretal kann man einen Fluss erleben, wie er früher war – bevor die grossen Gewässerkorrekturprojekte des 19. und 20. Jahrhunderts die Schweizer Flüsse und Ströme kanalisierten, zähmten und zivilisierten. Als Kind versuchte Adolf Ogi zusammen mit seinem Vater, die Ufer der Kander im Gasteretal aufzuforsten und so den Flusslauf zu stabilisieren. Wenn aber die Kander im Gasteretal stark anschwillt, ist sie kräftig genug, um auch grosse Bäume mitzureissen. Selbst die Hängebrücke bei Selden ist nicht sicher vor dieser Urgewalt und wurde schon mehrmals beschädigt. Eine Wanderung durch das Bachbett der Kander im Gasteretal ist immer auch eine Art Zeitreise, denn «dank der kanalisierten Flussläufe durch stabile, schnurgerade Flussbette sind wir uns heute gar nicht mehr an die zerstörerische Gewalt des Wassers gewöhnt. Ich erinnere mich gut, wie das früher war und welchen Segen die Bach- und Flusskorrekturen für Mensch und Tier darstellten», meint Ogi.
Die Geschichte des Gasteretals ist aber auch eine Geschichte der Menschen, die seit vielen Jahrhunderten in und mit diesem Tal leben. Noch vor nicht allzu langer Zeit war das wilde Tal sogar ganzjährig bewohnt – so lebte etwa Adolf Ogis Grossmutter Margrit Ogi-Künzi in ihrer Jugend ganzjährig in Selden. Dies ist heutzutage nicht mehr möglich; zu gefährlich sind die Winter im von hohen, steilen Felswänden umringten Trogtal. Aus diesem Grund wird im Oktober auch die einzige Zufahrtsstrasse geschlossen. Im Sommer aber kehrt wieder Leben ein, denn im Gasteretal existieren noch Spuren der uralten halbnomadischen Lebensweise, die den Völkern des Alpenraums einst eigen war. So gibt es hier noch die altehrwürdige Institution des Dorfältesten, in dessen Obhut sich die berühmte, über 300 Jahre alte Gasterebibel und die etwas jüngere Gasterechronik befindet. Der jetzige Dorfälteste Christian Künzi führt nebenher auch das Gasthaus Steinbock, in dem man am knisternden Kaminfeuer den Geist dieses Tales auf sich wirken lassen kann.
Kann man einen Besuch in diesem Naturschutzgebiet aber überhaupt verantworten? Darf man hingehen und etwa mit den eigenen Füssen durch das Bachbett der jungen Kander spazieren? Selbstverständlich, sagt Adolf Ogi, dem das Schlusswort überlassen sei: «Im Grunde unseres Herzens sind wir doch alle noch ein wenig Kantianer und durchaus fähig und willens, Verantwortung für etwas zu übernehmen. Indem ich meine Lieblingsplätze bekannt mache, werden sie in ihrer ganzen Bedeutung als wertvolle Orte in einer intakten Landschaft wahrgenommen und etwas Wertvolles zu schützen, sind die Menschen gerne bereit. Ich bin schon zu lange Politiker, als dass ich den Kräften der Demokratie nicht vertraute. Auch das Tragen von Verantwortung haben wir in den letzten fast hundert Jahren demokratisiert. Wir sind als Gesellschaft durchaus in der Lage, auch mit sensiblen Landschaften umzugehen und zu diesen ganz speziell Sorge zu tragen, das liegt mir sehr am Herzen.»