Die Magnolie – Königin der Gehölze

Die Magnolie – Königin der Gehölze

Die Magnolie – Königin der Gehölze

Im Frühling ziehen blühende Magnolien mit ihren üppigen und fantastischen Blüten jeden Blick unweigerlich auf sich. Rund um den Thunersee begegnen wir zahlreichen Exemplaren, die ein Hauch von Exotik verbreiten. Die am meisten vertretene und gesichtete ist die Tulpen-Magnolie.

Text: Christine Hunkeler  |  Fotos: Christine Hunkeler, zvg

In den letzten Jahrzehnten hat die Vielfalt an Magnolien durch den Einfluss der Pflanzenzüchtung stark zugenommen. Die reinen Arten gibt es noch immer, aber ebenso zusätzliche Kreuzungen zwischen den einzelnen Arten. Die populärste Magnolienart in unseren Breiten ist die Tulpen-Magnolie (Magnolia x soulangeana). Sie präsentiert sich wie alle Magnolien als grosser, langsam wachsender Baum oder Strauch, der hauptsächlich in die Breite geht. Die Hauptäste senken sich mit den Jahren Richtung Boden und geben dem Baum einen feinen Schwung. Die Tulpen-Magnolie ist ein sommergrüner Baum und kann eine Höhe zwischen fünf bis neun Meter erreichen, wobei der Stamm eher krumm und kurz ist. Die Magnolie verdankt ihre beeindruckende Wirkung ihrer bis zu acht Meter breiten, ausladenden Krone. Sowohl bezüglich der Blütenfülle als auch des Wuchses gewinnt die Tulpen-Magnolie mit zunehmendem Alter. Bäume zwischen dem 30. und 50. Standjahr gehören zu den schönsten.

Die Tulpen-Magnolie verdankt ihren Namen den markanten Blüten. Sie öffnen sich von April bis Mai, sind tulpenförmig und dickfleischig. Dank einer immensen Menge an einzeln, stehenden, leicht duftenden Blüten ist die Tulpenmagnolie ein äusserst attraktiver Frühlingsblüher. Die Blüten sind weiss, mit hellrosafarbenen bis violetten Einfärbungen, die je nach Sorte unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Bereits im Winter bildet der Baum einen dickknospigen Blütenansatz.

Ein Traum von einem Baum: Je älter die Magnolie, umso mehr Blüten trägt sie.

Sternenzauber beim Schloss Hünegg 

Ein besonders schönes Exemplar von einer Sternmagnolie (Magnolia stellata) finden wir beim Schloss Hünegg in Hilterfingen, gleich neben dem Bassin und dem Springbrunnen. Ein Besuch beim Schloss lohnt sich daher bereits jetzt (Saisoneröffnung ist am Muttertag, 10. Mai 2020). Von der Schlossterrasse aus geniesst man zudem eine prachtvolle Aussicht auf den Thunersee und die Vor- und Hochalpen des Berner Oberlands.

Die Sternmagnolie ist für unser Klima gut geeignet und eine der kleinsten und winterhärtesten Arten. Die pelzig weissen Knospen öffnen sich bereits im März oder April und eröffnen einen richtigen Sternenzauber. Die sternförmigen Blüten erreichen einen Durchmesser von bis zu zehn Zentimeter und haben einen leichten Duft. Die Sternmagnolie wird mit dem Alter immer schöner und entwickelt sich zu einem wertvollen, charakteristischen Solitärgehölz. Wenn die Blüte vorbei ist, erscheint das kräftig mattgrüne Laub und verzaubert im Herbst nochmals durch eine gelbbraune Färbung. Beheimatet ist die Sternmagnolie in Japan. Sie ist die kleinste bei uns verbreiteste Art. Durch die geringe Wuchshöhe eignet sie sich ideal für kleinere Gärten und grössere Gefässe. Die Sternmagnolie lässt sich vielseitig verwenden; sei es als Willkommensgruss in einem grossen Topf vor der Eingangstür oder als Blickfang im Garten. Wichtig ist, dass sie immer als Solitär (Einzelstellung) zu stehen kommt. Das malerische Bild wird durch Konkurrenz von anderen Sträuchern vermindert, dasselbe gilt für das Wachstum respektive die Blühwilligkeit. In einem Garten ist es besonders schön, wenn die Sternmagnolie mit anderen Frühlingsboten wie zum Beispiel Schneeglöckchen, Frühlingsprimeln und Lenzrosen unterpflanzt wird. 




Gedicht

… Von den schneeweissen, riesigen Blütenkelchen stehen immer nur ein paar, höchstens acht oder zehn, zugleich offen, und so zeigt der Baum während der zwei Monate seiner Blüte eigentlich im Grossen immer den gleichen Anblick, während doch diese herrlichen Riesenblüten so sehr vergänglich sind: keine von ihnen lebt länger als zwei Tage. Aus der bleichen, grünlich angeflogenen Knospe öffnet sich diese Blüte meist am frühen Morgen, rein weiss und zauberhaft unwirklich schwebt sie, das Licht wie schneeiger Atlas widerspiegelnd, aus den dunkelglänzenden, harten, immergrünen Blättern, schwebt einen Tag lang jung und glänzend, und beginnt dann sachte sich zu verfärben, an den Rändern zu gilben, die Form zu verlieren, und mit einem rührenden Ausdruck von Ergebung und Müdigkeit zu altern, und auch dies Altern dauert nur einen Tag. Dann ist die weisse Blüte schon verfärbt, sie ist hell zimtbraun geworden, und die Blütenblätter, gestern wie Atlas, fühlen sich heute an wie feines, zartes Wildleder: ein traumhafter, wunderbarer Stoff, zart wie ein Hauch und doch von fester, ja derber Substanz. Und so trägt mein grosser Magnolienbaum Tag für Tag seine reinen, schneeigen Blüten, und es scheinen immer dieselben zu sein. 

Hermann Hesse