Mit Herzblut für natürliche Produkte
Mit Herzblut für natürliche Produkte
Was haben eine Zwetschge, ein Joghurt und ein frisch abgezapftes Bier gemeinsam? In der Region Thunersee werden sie mit viel Herzblut durch «Peter Beeren und Obst» in Spiez, die Käserei Amsoldingen und die «Brauerei Old School» in Faulensee hergestellt. Zu Besuch bei drei lokalen Produzenten.
Text & Fotos: Heinz Schürch
Erdbeeren für Moskau
Schon ein Blick auf die Website des einzigartigen Hofladens in Spiez versetzt den Web-Surfer in Staunen. Nicht nur wegen der fortlaufenden Updates, die darüber informieren, wann genau welche Früchte zu kaufen sind, sondern vielmehr auch, weil sich dort ein Link in arabischer Sprache findet. Therese Peter klärt auf: «Unser Angebot, respektive die Website peterbeeren.ch ist international in ein Forum geraten.» Das habe zur Folge, dass regelmässig Kundinnen und Kunden auch aus arabischen Ländern auf dem Hof auftauchten und unbedingt Peter-Erdbeeren kaufen wollten. «Ja, unsere Produkte reisen tatsächlich frisch ab Feld in die weite Welt. Kürzlich kam jemand, der ein Körbchen Erdbeeren kaufte und uns erzählte, dass er diese nun mit nach Moskau nehme», ergänzt Martin Peter. Die Faszination scheint mit den Erdbeeren um die Welt zu reisen. Der Bilderbuchhof von Peters in Spiez jedenfalls ist eine Oase für einheimische – oder weitgereiste Liebhaber natürlich-ländlicher Produkte.
Himmlischer Joghurtgenuss
Ebenfalls vorbildlich in ihrer Produktherstellung zeigt sich die Käserei Amsoldingen. «Hofabfuhr» heisst es, wenn die Milch von einem landwirtschaftlichen Betrieb mit einem grossen Lastwagen zur industriellen Verarbeitung abgeholt wird. In Amsoldingen bei Thun funktioniert dies jedoch etwas anders. Wenn nämlich die zehn Genossenschafter ihre frische Milch in die Käserei bringen, dann produzieren Astrid und Beat Kipfer ihr «himmlisches Amsoldinger Joghurt» direkt im eigenen Betrieb. Dreissig verschiedene Sorten werden produziert und in dreissig regionalen Läden rund um den Thunersee angeboten. Ihr Ursprungsprodukt, Emmentaler Käse, bestreitet mit rund sechzig Prozent zwar immer noch das Kerngeschäft, doch die Kipfers haben sich bewusst für die Herstellung weiterer Produkte entschieden. Ob mit dem «Stockhornmutschli», dem «Thunersee-Mutschli» oder dem «Alpenchilly-Mutschli»: Die kreative Käsepalette der Käserei Amsoldingen ist breit und beliebt. So beliebt übrigens, dass es mitten in der Stadt Thun an der Freienhofgasse seit einigen Jahren einen eigenen Käsekeller gibt, wo die regionalen Produkte gekauft werden können. «Und das Beste», so Martin Kipfer, «wir produzieren ausschliesslich mit silofreier Milch.» Und das schmeckt man bei jedem Bissen.
Biergeschmack in der Nase
«Trinken Sie sich gesund» steht auf der Homepage der Brauerei «Old School» von Gerhard Kessi. Alles in Massen natürlich. Doch wer einem von Gerhard Kessis öffentlichen Bieranlässen in Faulensee beiwohnt, wird kaum widerstehen können und sollte sich durch die vielfältigen, selbstgebrauten Biere inspirieren und im wahrsten Sinne des Wortes verwöhnen lassen. «Bier ist nicht einfach Bier. Die Herstellung ist eine Zelebration und erfordert Kreativität gemischt mit der nötigen Inspiration», fasst Kessi seine Passion, die er seit zwei Jahren ausübt, zusammen. «Horse Kiss», «Red Ale», «Old School Blues» oder «Kalahari»: Was exotisch klingt, ist keine «Bieridee», sondern widerspiegelt die vielen Möglichkeiten, die sich bei der Herstellung von Bieren mit den unterschiedlichsten Geschmacksnoten bieten. Die Degustation der Biere präsentiert sich dann wie jede andere Degustation auch. «Was hat denn dieses für eine Note?», fragt Markus Wittwer, den ebenso wie Kessi die Bierleidenschaft gepackt hat. Seit zwei Jahren unterstützt er Kessi vor allem während Anlässen. Aprikose ist die Lösung. Dann zapft Kessi ein anderes Bier an: Ganz dunkel und in einem kelchartigen Glas wird es präsentiert. «Der Geschmack entfaltet sich, wenn man drei kleine Schlucke nimmt und dann durch die Nase einatmet», empfiehlt der passionierte Bierbrauer. Gesagt getan und «rieche da»: Der Biergeschmack tritt in den Hintergrund, zum Vorschein kommt Kaffee mit Karamellgeschmack. Faszination pur – allerdings besteht die Gefahr, dass sich nach einem solchen Besuch eine gewisse persönliche Frustration einstellt, sobald man sich wieder mit dem normalen, industriell hergestellten Bier zufrieden geben muss. Darüber schmunzeln Kessi und Wittwer. Die «Macht» der industriellen Massenproduktion akzeptieren die zwei Herzblutbrauer und werden ihre Passion auch weiterhin «nur» im Nebenjob ausüben.
Für diejenigen, die nun den Bierliebhaber in sich entdecken möchten: Die nächsten Anlässe finden am 26. September, am 31. Oktober und am 28. November oder nächstes Jahr am 30. Januar statt. Die verschiedenen Geschmacksrichtungen variieren ständig und richten sich ausschliesslich nach der «Kessi-Kreativität». Das Einzige, was ohne wenn und aber bleibt: Frisch gebraut sind sie immer.
«Nein, diese Zwetschge darf man noch nicht pflücken, obschon sie farblich schon reif aussieht.»