Brotbackhaus zwischen Rosen und Margeriten
Brotbackhaus zwischen Rosen und Margeriten
Im Garten der Familie Schneiter in Goldiwil treffen alte Sorten und Rassen auf Exoten und Bekanntes. Nicht nur Schmetterlinge und Insekten haben hier ein wohliges Zuhause gefunden, sondern auch Igel und Vögel fühlen sich pudelwohl. Geniessen Sie mit uns einen kleinen Rundgang durch diesen abwechslungsreichen Hausgarten!
Text & Fotos: Christine Hunkeler
Etwas ausserhalb vom kleinen Dorfkern in Goldiwil treffen wir auf den vielfältigen Hausgarten der Familie Schneiter. Von hier aus geniesst man einen herrlichen Blick auf das Stockhorn, den Niesen und auf die Stadt Thun. Seit vierzehn Jahren lebt die Familie an diesem schönen Ort und seit Beginn hat der Garten einen hohen Stellenwert. Zuerst aber musste das Ganze terrassiert werden, da ein Garten in steiler Hanglage schwierig anzulegen gewesen wäre. Bald schon wurde ein Biotop mit Trockenmauern angelegt und der lang gehegte Wunsch vom eigenen kleinen Rebberg wurde in die Tat umgesetzt. Heute gedeihen hier weisse und rote Trauben.
Regelmässig besucht die Familie Schneiter Spezialitätenmärkte. Sie halten Ausschau nach Produkten, die zu jenen aus ihrem eigenen Garten passen könnten. Für sie ist es wichtig, keinen «gepützerleten» Garten zu haben. Es darf kommen, was wächst. Ein Kriterium bei der Pflanzenwahl ist, dass die Pflanzen nicht gespritzt werden müssen und dass sie robust sind und auch den Winter überstehen. Zudem soll der Garten auch pflegeleicht und nutzbar sein. So erstaunt es nicht, dass sich in Schneiters Garten auch viele Gewürz- und Heilpflanzen finden. Nicht nur der Ananas-Salbei mit seinen roten Blüten hat den Weg nach Goldiwil gefunden, sondern auch der Pfirsich-Salbei mit seinen rosaroten Blüten; der Salbei duftet sogar nach diesen Früchten. Wer es etwas ausgefallener mag, der trifft auch auf den peruanischen Salbei. Wenn man ihn genauer betrachtet, sieht man viel mehr Blüten als bei unserer herkömmlichen Art und sie sind aussergewöhnlich: Prachtvolle schwarzviolette Blüten zieren die überhängenden Zweige dieser Art.
Schmetterlinge, Bienen und Insekten finden in diesem Hausgarten ein wohliges Zuhause. Für Igel wurden Unterschlupfmöglichkeiten gebaut und für die Vögel Naturhecken angelegt, damit sie zum Beispiel vor Katzen sicher sind. Aus der heimischen Vogelwelt gehören Distelfinke, Zaunkönige und Grünspechte zu den regelmäs-
sigen Besuchern.
Wenn wir uns weiter durch den Garten fortbewegen, treffen wir auf einen rosablühenden Mandelbaum, der tatsächlich jedes Jahr Mandeln trägt. Jahr für Jahr werden die Wildrosen zahlreicher und der Weinbergpfirsich wurde dort gepflanzt, wo sich auch die Reben befinden. Auch Heidelbeeren, Johannisbeeren, Weissdorn und Hagebutten begleiten uns auf dem Weg. Der Sanddorn, der ursprünglich aus Nepal stammt, hat sich hier im Garten ebenfalls bestens akklimatisiert. Die grosse Kakteensammlung hat die Familie Schneiter von einem Nachbarn übernommen.
Beinahe alle Obstbäume in Schneiters Garten gehören zur Liste seltener Baumsorten von ProSpecieRara. Um 1900 gab es in der Schweiz weit über 3000 Obstsorten, heute sind es noch etwa 2000. Davon brauchen die meisten Sorten einen besonderen Schutz, da sie zum Teil nur noch auf wenigen Bäumen gedeihen. In der gleichen Zeitspanne ging die Zahl der Feldobstbäume um 80 Prozent zurück. ProSpecieRara gibt seit über 30 Jahren Gegensteuer und engagiert sich für eine lebendige Obstvielfalt. Viele Leute helfen mit, die gefährdete Vielfalt wieder in ihr Umfeld zurückzuholen. So leben die alten Sorten und Rassen heute weiter. Sich ständig an ändernde Bedingungen anzupassen, gehört zur Überlebensstrategie der ProSpecieRara-Lebewesen und hält sie fit. So leben hier bei Schneiters auch einige ProSpecieRara-Hühner. Das Appenzeller Barthuhn wird hier gezüchtet und ist ein eher leichtes, temperamentvolles Huhn mit stolzer Haltung. Sowohl die Hennen wie die Hähne tragen kräftige Vollbärte, die von Federn geformt und schon an den Eintagsküken erkennbar sind. Pro Jahr werden bis zu achtzig «Bibis» aufgezogen.
Die Pflanzen sollen robust sein und den Winter überstehen.
Brotbackhaus
Zwischen Rosensträuchern, Margeriten, einem kleinen Gemüsegarten und den Rebstöcken steht der Holzbrotbackofen. Jeden ersten Samstag im Monat backen die Schneiters verschiedene Brote und Züpfen für ihre Kundschaft. Zum Beispiel Vollkornweizenbrot mit Sonnenblumenkernen, Roggenbrot aus reinem Sauerteig oder auch Dinkelschrotbrot. Die Brote sollen wertvoll sein. Um die Früchte aus dem Garten zu verwerten, werden auch Früchtebrote (Dinkelbrot mit Dörrfrüchten) produziert. Kunden schätzen dieses Früchtebrot auch als Zwischenverpflegung auf Wanderungen, da es nicht zu süss ist.
Es lohnt sich, diesem abwechslungsreichen Garten einen Besuch abzustatten. Herrlich lässt sich auf den Sitzplätzen und den schönen Holzbänken die Ruhe und auch die wunderschöne Aussicht geniessen.