Die Heiratskirche St. Michael in Einigen
Die Heiratskirche St. Michael in Einigen
Das beliebte Hochzeitskirchlein war, lange bevor es reformiert wurde, dem heiligen Michael geweiht. Als stolze 1000-jährige Wall- fahrtskapelle am Jakobsweg soll es die Mutterkirche der berühm- ten zwölf Thunerseekirchen sein.
Text: Andrea Fischbacher | Fotos: zvg
dyllisch am Seeufer, steht das Gotteshaus auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus aus dem 7. Jahrhundert. Wussten Sie, dass diese winzige Urkirche, die sorgfältig nach einer Ley-Linie ausgerichtet war, in der Strättliger Chronik «Kirchlein St. Michael im Paradies am Wendelsee» genannt wurde? Anders als die Schwefelquelle beim Tauchplatz im See ist die Heilquelle nahe dem Kirchlein längst versiegt. Beim heiligen Ort scheint es sich um ein vorchristliches Quellheiligtum gehandelt zu haben. Seine Nutzung durch die ansässigen Siedlerinnen und Siedler, Händler und Pilger ist seit der Keltenzeit belegt, dürfte jedoch wesentlich früher eingesetzt haben. Die Gegend war viel begangen, denn die wichtigen Verkehrswege über die nahen Pässe führten dem See entlang. Ausgrabungsreste lassen in Einigen auf einen altbekannten Kultort schliessen, der aufgrund seiner Bekanntheit schon früh christianisiert wurde. Die Sage «Wie die Kirche im Paradies gebaut ward» erzählt vom vergeblichen Versuch, die Grundmauern auf einem kraftlosen Platz zu erstellen.
«Da erschien ihnen, als sie ratlos standen, der heilige Michael und zeigte ihnen einen Platz und Garten, da die Kirche gebaut werden sollte. Man nannte denselben zum Paradies. In dem Garten war ein Brunnen, den zeigte ihnen Sankt Michael und sprach: ‹Ich will das Wasser bewegen, wie es vor alter Zeit von den Engeln geschehen ist. Hier soll man finden Gesundheit des Leibes und der Seele.›»
Neben dem Gesundbrunnen wurde das Kirchlein errichtet und geweiht und «wer sich von dieser Zeit an in dem Quell, der Juckibrünnlein genannt ward, badete, wurde von allen leiblichen Gebrästen geheilt. Noch unsere Grossväter haben sich in ihren Kleidern in diese heilige Flut gesetzt, um das Wunder an sich wirken zu lassen. Seit aber Menschenhand im Jahre 1714 den Kanderlauf in den Thunersee gerichtet hat, ist dieser Brunnen versieg.» (Hartmann, 1913, S. 115)
Orte der Kraft
So können wir uns also freuen – bald ist das «Spiezerli» wieder auf dem Thunersee unterwegs. Auf der Website www.spiezerli.ch können Sie sich über den Zeitplan informieren und zusätzliche spannende Informationen zum Dampfer nachlesen. Ausserdem besteht auch immer noch die Möglichkeit, sich durch eine Spende am Projekt zu beteiligen – jeder Franken kann gebraucht werden. Es steht der Thunerseeregion sicherlich gut zu Gesicht, dass ein solches Stück Schifffahrts- und auch Tourismusgeschichte gepflegt wird und nicht finanziellen Überlegungen geopfert wurde. Gute Fahrt!
Im Innern der Kirche
Treten Sie ein in die kleine, einschiffige Kirche. Gemäss dem romanischen Raumprogramm inszeniert der Innenraum mit seiner flachen, dunkeln Holzdecke die Lichtführung gekonnt durch die Chorfenster. Der Taufstein im Chor markiert einen Akuplatz. Akukraft spüren: beim Taufstein. Blanche Merz fand den stärksten Punkt in der Kreuzung der unterirdischen Wasseradern unter dem Chor der alten und etwas vor dem Chor der heutigen Kirche. Die Erforschung der Akuplätze war damals erst in den Anfängen, weshalb Merz diese Zuordnung noch nicht vornehmen konnte. Dennoch ist der Ort der Wasseraderkreuzung ebenfalls kraftvoll, allerdings von anderer Kraftqualität. Blanche Merz hat einen Heilort gefunden. Heilplatz spüren: links der Chorstufe. Die Kanzel bezeichnet einen Ort der Kraft und der Beredsamkeit. Kraftort spüren: unter der Kanzel. Ebenfalls markieren Kirchturm und Keltenstein einen Ort der Kraft. Kraftort spüren: auf der Chorbank ganz rechts und beim Turmaufstieg. Die Ley-Linie spüren Sie am einfachsten aussen vor der rechten Gebäudeecke, rechts des Eingangs. Und was hat es mit der Darstellung des Teufels auf sich? Haben Sie seine Fratzen entdeckt? Zur Erinnerung an eine spezielle Osterfeier soll er an der Holzdecke prangen. Die Sage «Der Teufel in der Kirche Einigen» gibt Anlass zum Nachdenken und Nachspüren, ganz ähnlich wie die alten Kräfte.
«In der hintersten Bank des vollbesetzten Kirchleins am Wendelsee nahm auch der heilige Beatus an der Ostermesse teil. Bald spürte er, wie sich die Atmosphäre veränderte, die Luft schien knapp zu werden und immer mehr Gläubige schliefen ein. Auf der Suche nach der Ursache erfasste sein Blick den Teufel, der unter der Kanzel kauerte und eifrig die Namen der Schläfer auf eine Ziegenhaut notierte. Beatus wollte die Schläfer wecken, damit sie das Amen nicht verschliefen und am Ende leichte Beute für den Teufel wurden. Da er jedoch den Gottesdienst nicht stören durfte, setzte er sein Urvertrauen in Gott und hielt sich still. Unterdessen hatte er Teufel so viele Namen zu notieren, dass die Haut zu klein wurde. So zerrte er sie in die Breite, bis sie plötzlich entzweiriss und er dabei den Kopf an der Kanzel stiess. Vom plötzlichen Lärm geweckt, konnten alle Gläubigen ins Amen einstimmen und Beatus’ Urvertrauen zahlte sich aus.» (Hartmann, 1913, S. 120)
Der geschützte Ort mit seinen hohen Kräften und Heilenergien eignet sich gut als Ort des In-sich-Gehens und auch des Einig-Werdens mit sich und mit anderen, ganz so, wie der Klang des Namens dies nahelegt. Und denken Sie an Beatus’ Urvertrauen, vielleicht gerade dann, wenn Sie das Kirchlein als Hochzeitskirche wählen.