Rund um den Thunersee
Rund um den Thunersee
Eine kombinierte Wanderung zu Fuss und mit dem Schiff rund um den Thunersee – diese Idee beschäftigte mich schon länger. Letzten Oktober war es dann endlich so weit.
Text & Fotos: Rolf Eicher, zvg
Leicht fröstelnd überquere ich den Fussgängerstreifen bei der Kirche Scherzligen in Richtung Schadaupark. Ich habe die Wanderung gegen den Uhrzeigersinn geplant, das bedeutet, ich mache mich auf den Weg Richtung Spiez. Der Grund für die Wegwahl ist die Sonne. Ich will der aufgehenden Morgensonne entgegengehen und den Sonnenaufgang miterleben. Im Schadaupark wähle ich den Weg, der dem Seeufer entlangführt. Das erste Wow-Erlebnis habe ich bereits beim Schloss Schadau. Dieses liegt noch im Morgengrauen und davor bietet sich mir ein wunderbarer Blick auf den glatten Thunersee mit freier Sicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Weiter geht es unter den grossen Parkbäumen, die ihre mächtigen Äste in den See baumeln lassen, dem Uferweg entlang. Sämtliche öffentlichen Parkanlagen in der Stadt Thun werden von den Mitarbeitenden des Tiefbauamtes Thun (Fachbereich Stadtgrün) gepflegt und unterhalten. Diese stellen mit viel Herzblut sicher, dass die öffentlichen Anlagen und Pärke in einem ausgezeichneten Zustand sind.
Weiter geht es Richtung BLS-Schiffwerft, Strandbad, Stadion Lachen an den Ort, an dem schon seit über 20 Jahre die Thunerseespiele unmittelbar neben dem Grunderinseli stattfinden. Von hier aus hat man einen weiten Blick über den See. Auf dem Panorama-Rundweg Thunersee wandere ich weiter. Zum ersten Mal komme ich mit dem Seewasser in Kontakt. Ich überquere die vier Holzbrücken. Je nach Wasserstand liegen diese nur knapp über dem Seespiegel. Die Brücken führen mich Richtung TCS-Camping und Bonstettenpark.
Hier bietet sich mir ein Anblick, den ich nicht so schnell vergessen werde: eine Viererformation von Schwänen, synchron, elegant ihre Haltung, den Blick nach vorne und alle mit dem scheinbar gleichen Ziel: «Wir vier wollen an den Olympischen Spielen den Sieg holen.» Ich verweile einen Moment mit meiner Kamera am Wasser und schaue den anderen Schwänen zu. Diese sind gerade mit der morgigen Toilette beschäftigt.
Immer mehr zeigt sich die Sonne, und meine Zeit drängt, da ich das Schiff in der Spiezer Bucht nicht von hinten erblicken möchte. Ich mache mich auf den Weg Richtung Gwattlischenmoos und überquere zwei weitere Holzbrücken auf dem Panoramaweg am Delta Park vorbei in Richtung Kander. Dann steige ich hoch auf die Höhenstrasse von Einigen. Links unter mir die BLS, die Kantonsstrasse, der farbige Thunersee und das rechte Seeufer mit dem Niederhorn im Hintergrund – fantastisch dieser Anblick. Im Rustwald angekommen, bestaune ich die herbstliche Farbenpracht der Bäume und Sträucher. Bei der Garage Spiezmoos überquere ich die Kantonsstrasse und begebe mich auf den Weidliweg und die Asylstrasse in Richtung Bahnhof. Ich wähle diese Strecke, um die Spiezer Bucht von oben bestaunen zu können. Es gibt auch andere Wege, die ans gleiche Ziel führen, zum Beispiel durch den Rebberg.
Pünktlich erreiche ich die schönste Bucht von Europa, der erste Eindruck ist wunderschön. Grosse Palmen schmücken die Schiffsländte. Das mächtige Kursschiff MS Bubenberg legt an. Das freundliche Personal hilft den Passagieren beim Ein- und Aussteigen. Das Motorschiff wurde im Jahr 1962 in der Werft Bodan in Kressbronn hergestellt. Mit dem Schiff geht es jetzt nach Interlaken, und ich habe ein bisschen Zeit, um mich zu erholen, mich zu verpflegen und einfach zu geniessen, was auf mich zukommt. Nicht lange gehts, da rattert der Raddampfer Blümlisalp an uns vorbei. Gewaltig diese grossen Antriebsschaufeln, die das tonnenschwere Schiff vorantreiben. Vom Schiff geniesse ich den Blick auf den Steinbruch Balmholz AG, der seit 1876 in Betrieb ist, und die Gebäude der St.-Beatus-Höhlen. Das MS Bubenberg nähert sich langsam der Endstation beim Hafen Interlaken West.
Interlaken hat viele Attraktionen. Mein nächstes Ziel ist das Neuhaus. Von dort aus will ich mit dem Schiff nach Oberhofen schaukeln. Es gibt viele Möglichkeiten, zur Schiffsländte Neuhaus zu kommen. Über den Panoramaweg Unterseen–Interlaken. Von Unterseen dem Lombach entlang direkt ins Neuhaus, das das Delta bildet. Für Tierliebhaber eignet sich das wunderschöne Naturschutzgebiet Weissen-
au oder man geht am Rande des Golfclubs Unterseen-Interlaken entlang. Für Abenteuerlustige bietet sich ein Paragliding-Tandemflug von Beatenberg direkt ins Neuhaus Unterseen an. Ich wähle den Weg durch die schöne Weissenau. Ich geniesse den Blick in Richtung Thun, im Bewusstsein, dass ich die Hälfte meiner Reise bereits hinter mir habe.
Wieder auf dem Schiff geniesse ich die Stille, das Plätschern des Wassers, den Wind, der durch die Fahne am Schiffsbug zieht. Wir fahren nahe am rechten Seeufer entlang und in Sundlauenen verzieren erste Häuser das Seeufer. Auf der anderen Seeseite erblicke ich oberhalb von Leissigen die Panorama-Hängebrücke. Auf dem See ist es ruhig. Segelboote sind wegen der Windstille fast keine unterwegs. Vieles gibt es zu erkunden und zu bewundern vom Schiff aus: die Landschaft, die Veränderungen der Dörfer sowie die Quellwolken, die weiterziehen und finsterer oder weisser werden. Eines der schönsten Markenzeichen des Berner Oberlands ist der Niesen. Von meiner jetzigen Perspektive in Richtung Thun zeigt sich der Niesen als beeindruckende Pyramide, die den Anfang der lang gezogenen Niesenkette bildet, die das Frutig- vom Diemtigtal trennt. Ich nähere mich langsam der Ländte in Oberhofen, bekannt für den schönen Blumenschmuck am Hafen. Das schmucke Schloss liegt direkt neben der Ländte und am Wasser.
Ausgeruht und mit vielen schönen Erinnerungsbildern in meinem Gedächtnis geht es zu Fuss die letzten Kilometer in Richtung Thun. Ich wähle den Strandweg, der hauptsächlich dem Seeufer entlangführt. Unmittelbar um die Ecke bei der Ländte in Oberhofen beginnt der Strandweg in Richtung Hilterfingen. Bald weicht der Strandweg dem Trottoir entlang der Staatsstrasse bis nach Hünibach. Vorbei am Strandbad Hilterfingen, angrenzend der Bootshafen mit der angebrachten Liegewiese, mit Sicht nach Thun, Einigen und Spiez sowie auf die wunderschöne Bergkette mit dem Stockhorn. Im Dorfkern biege ich in die Ländtestrasse ein und komme direkt zur Schiffstation Hünibach. Da es mittlerweile schon Nachmittag ist, gönne ich mir bei der Buvette Ländtematte, die mit viel Rasenfläche für Klein und Gross zum Verweilen einlädt, eine Pause. Badende geniessen den Thunersee sowie die Sonne. Dieser Standort ist auch ideal für den Einstieg für das Stand-up-Paddeln. Die Temperaturen sind immer noch hoch genug, um sich am oder im Wasser zu vergnügen.
Meine Pause ist vorbei und es geht Richtung Thuner Brahms-und Aarequai bis zum Göttibachsteg. Unmittelbar unter dem Steg sind immer rund 20 Felchen zu sehen. Ich überquere den Göttibachsteg und die obere Schleuse. Jetzt bin ich wieder auf dem Panorama-Rundweg Thunersee an der Aarefeldstrasse in Richtung Bahnhof. Wandernde, die diese Reise vom Bahnhof antreten, hätten jetzt ihr Ziel erreicht. Mein Ziel ist noch ein paar Hundert Meter entfernt. Ich marschiere an der BLS-Schifffahrt vorbei und biege wieder auf den Strandweg ab, meinen Ausgangspunkt, an dem ich am Morgen meine Wanderung in Angriff genommen habe. Meine Idee, die ich schon immer im Kopf hatte, ging zu Ende. Eine Tagesreise von 25 Kilometern, eine Wanderzeit von über fünf Stunden und 180 Höhenmeter. Mit vielen schönen Eindrücken pedale ich mit dem Velo nach Hause. Diese Tagesreise empfehle ich von Herzen. Die Gestaltung der Wanderung kann selbst gewählt werden: wo man läuft, wo man das Schiff nimmt und in welche Richtung man geht. Ich wünsche allen viel Spass auf der Kombiwanderung.
So können wir uns also freuen – bald ist das «Spiezerli» wieder auf dem Thunersee unterwegs. Auf der Website www.spiezerli.ch können Sie sich über den Zeitplan informieren und zusätzliche spannende Informationen zum Dampfer nachlesen. Ausserdem besteht auch immer noch die Möglichkeit, sich durch eine Spende am Projekt zu beteiligen – jeder Franken kann gebraucht werden. Es steht der Thunerseeregion sicherlich gut zu Gesicht, dass ein solches Stück Schifffahrts- und auch Tourismusgeschichte gepflegt wird und nicht finanziellen Überlegungen geopfert wurde. Gute Fahrt!