Little Vegan Artisan: Sauerteigliebe
Little Vegan Artisan: Sauerteigliebe
Aus Sofia Rabs Faszination für Sauerteigfermentation und gesunde Ernährung entstand die heutige Verkaufsstelle mit Bistro «Little Vegan Artisan – Sourdough Bakery» mit Stand- ort im «Naturgnuss»-Laden in Steffisburg. Durch Kreativität und Herz für Kulinarik bringt sie die vegane Küche in bunter und schmackhafter Weise unter die Leute.
Text: Alice Stadler | Fotos: zvg
Die ehemalige Mitinhaberin der «Naturkostbar» und Verfasserin von zwei Kochbüchern hat einen Abschluss in Wirtschaft und war lange im Bankgeschäft tätig, bevor sie sich in der Schweiz dem Brotbacken zuwandte. Das Arbeiten mit Zahlen nahm die Ungarin in die Schweiz mit, jedoch finden sich diese heute vor allem in den Massangaben von Rezepten. Durch ihre Umorientierung in Richtung Naturkosmetik und Ernährung entdeckte Sofia ihre kreative Seite, die es ihr erlaubte, einer erfüllenden Tätigkeit nachzugehen. Ihr Mann verhalf ihr dazu, weil dieser jeweils am Wochenende Sauerteigbrot backte, was Sofia wiederum faszinierte. Und wie die Bäckerin selbst sagt: «Meine Leidenschaft für die Fermentation führte mich tiefer in die Materie der Mikroorganismen, um ein gut verdauliches Brot zu kreieren, eine bessere Brotstruktur zu erreichen und mit Aromen zu tüfteln.» Die Brotexperimente benötigten mit der Zeit zusätzliche Abnehmer:innen als nur ihre eigene Familie und so wurden die ersten Laibe verschenkt. Die leckeren Geschenke führten wiederum zu Anfragen sowie letzten Endes zu ihrem heutigen «Brotverdienst» – einem eigenen Brotgestell im «Naturgnuss»-Laden.
Aufgrund der Pandemie wurde ihr Gebäck im Jahr 2021 zuerst an einem Marktstand vor dem «Naturkostbar»-Laden verkauft, weil nur eine limitierte Anzahl an Kund:innen das Geschäft gleichzeitig betreten durfte. Nebenher war Sofia Rab am Abendmarkt und ist noch heute am Frischmärit anzutreffen. Mit der Neuübernahme des «Naturkostbar»-Ladens 2023 wurde nicht nur dessen Namen in «Naturgnuss» geändert, sondern auch ein neues Konzept entwickelt, in dem die «Little Vegan Artisan»-Bäckerei mit Bistro am Samstag einen fixen Platz im Laden hat. Neben Sauerteigbroten bietet Sofia Kleingebäck und Focaccias auf Sauerteigbasis, lang fermentierte Croissants, Kuchen, Torten, frische Säfte, Smoothies, Speciality-Kaffee und Tee an.
Die pflanzliche Bäckerei – altes Getreide in neuem Brot
Unterhalb des «Naturgnuss»-Ladens befindet sich ihre Bäckerei, die ihr als ehemalige Mitinhaberin der «Naturkostbar» zur Verfügung gestellt wird. Dementsprechend arbeitet Sofia auch mit den hochwertigen Rohstoffen des «Naturkostbar»-Sortiments. Die Bäckerin erhält von der Vermieterfamilie nicht nur den Raum, sondern auch tatkräftige Unterstützung und eine familiäre Atmosphäre, die sie als wahres Geschenk betrachtet. Das Familiäre, das Kleine und Feine, ist die Wurzel ihrer Unternehmensphilosophie – das widerspiegelt sich auch im Namen mit «Little» –, hohe Qualität, und das von den Zutaten bis hin zum Service im Bistro, trifft auf Handwerk («Artisan»). Es werden Biomehle des Mühlistübli Steffisburg verarbeitet und zusatzstofffrei mit alten Getreidesorten produziert, was die natürlichen Aromen hervorhebt. «Ich möchte den Ursprung des Brotbackens zelebrieren, Biobauern unterstützen sowie die Natur und gesunde Ernährung fördern.» Und das alles zu 100 Prozent auf Sauerteigbasis. Ihre Bäckerei soll Transparenz schaffen für das Handwerk und die Verbindung des Menschen zur Natur. «Die Kreativität und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu schaffen, führten mich tief in die Welt des Brotbackens. Es ist ein Handwerk, das den Gaumen und das Herz erfüllt sowie eine Verbindung zu den Ursprüngen schafft – eine Geschichte, die von der Erde bis zum Tisch reicht und uns verbindet.» Diese Verbundenheit versucht Sofia Rab in ihrem Bistro kulinarisch und zwischenmenschlich erlebbar zu machen.Ablauf im Ein-Frau-Betrieb: Sofia Rab betreibt ihre Bäckerei momentan allein mit Unterstützung ihrer Familie. Der Fachkräftemangel spürt auch sie, da sie noch fleissige Hände und eine:n Bäcker:in sucht. Von der Produktion über die Finanzen, die Administration, die Produktionsplanung und die Entwicklung bis hin zu den Social-Media-Beiträgen wird alles von ihr gemacht, deswegen gestaltet sich jeder Tag etwas anders. Wenn für den Samstag Brot gebacken wird, so beginnt der Prozess bereits am Mittwoch, denn der Sauerteig wird in mehreren Stufen bis zum Freitag aktiviert. Mehl abwägen, Füllungen vorbereiten, Samen rösten, Mehl mahlen, Gärkörbe vorbereiten, Bestellungen abschliessen, Sauerteig füttern… in der Backstube ist viel los.
Am Freitag beginnt es dann um 6.30 Uhr: Der Teig wird ein letztes Mal erfrischt, bevor er zu fünf verschiedenen Brotteigen verarbeitet wird (Brot-, Croissant-, Focaccia- und Pizzateig sowie Kleingebäck). Die anschliessende Fermentation dauert bis am Nachmittag, dann werden die Brote geformt und die Gärkörbe kühl gestellt. Die Roggenbrote kommen am Abend bereits in den Ofen. Um 20 Uhr folgt eine wohlverdiente Pause, bevor um 24 Uhr das eigentliche Backen beginnt. Gleichzeitig wird das Kleingebäck geformt und in den Gärschrank zum Weiterfermentieren gebracht. Bis um 7 bzw. 8 Uhr ist alles fertig gebacken. Nur noch Bestellungen vorbereiten und das Brotgestell im Laden auffüllen.
Ab 9 Uhr steht die Bäckerin dann im Bistro. Nach den 12 Stunden am Freitag und den 16 am Samstag folgt am Dienstag die Beschaffung der benötigten Rohstoffe sowie immer wieder das Vorbereiten von Torten und kleinen Snacks für den Verkauf.
Kulinarische Projekte: Jahrelang hat Sofia Rab auch Kochkurse gegeben, um eine nährstoffreiche, vegane Ernährung bekannter zu machen. Das Ergebnis sind zwei Kochbücher: «Gourmet Rohkost» und «Little Vegan Artisan – Kulinarik mit Kunst und Liebe». Letzteres soll die Vorstellung einer eintönigen veganen Ernährung herausfordern, indem es Sofias Lieblingsrezepte versammelt, die neue Techniken, Aromen und Texturen präsentieren.
Eine weitere kulinarische Herzensangelegenheit ist das Ausbauen des Bistrokonzeptes. Der Traum wäre es, mehr Brunchs, Workshops und Catering anzubieten. «Wir möchten nicht nur kulinarische Produkte zaubern, sondern einen kulinarischen Treffpunkt schaffen, der die Sinne anspricht und die Gemeinschaft fördert.» Die Gastrobewilligung ist in Abklärung – man darf also gespannt sein.