Sonja Ammeter: Wenn essen zum Genuss wird
Sonja Ammeter: Wenn essen zum Genuss wird
«Gesunde Ernährung» polarisiert und führt immer wieder zu Diskussionen. Seit gut sechs Jahren setzt sich Sonja Ammeter als Ernährungscoach und Inhaberin der Praxis Vitalyse Interlaken mit Fragen in Bezug auf Ernährung auseinander. Dafür sind ihre eigenen Erfahrungen hilfreich, denn Sonja Ammeter fühlte sich nicht immer so wohl in ihrem Körper wie heute.
Text & Fotos: Laura Scheidegger
Sonja Ammeter kommt mit dem Velo angeradelt. «Ein Mountainbike Race Fully mit Gepäckträger und Gepäcktaschen. Ich kann es sowohl auf der Strasse und zum Materialtransport als auch zum Biken in der Natur verwenden», sagt die 45-Jährige.
Aufgewachsen ist sie im Kandertal auf einem Bauernhof mit kleinem Wirtshaus. Seit zwei Jahren wohnt sie mit ihrem Lebenspartner auf dem «Bödeli». «Einen besseren Wohnort könnten wir uns nicht vorstellen. Hier sind unzählige Aktivitäten möglich, von Spazieren, Wandern, Hochtouren, Klettern, Schwimmen über Rudern bis zu Biken oder Skifahren sowie Schneeschuhlaufen», schwärmt sie, «und mir gefallen die Farben des Thunersees, die sich je nach Witterung und Saison verändern.»
Schon immer bewegte sie sich gerne, war aber früher mit ihrem Gewicht unzufrieden. Der Auslöser, ihr Gewicht zu reduzieren, sei die Frage einer Verkäuferin im Bekleidungsgeschäft gewesen, ob sie nicht lieber die Grösse 44 anprobieren wolle. «Danach entschied ich mich, etwas zu ändern und nahm 18 Kilogramm ab.» Ein weiterer Wendepunkt erfolgt einige Jahre später im selben Bekleidungsgeschäft. Sonja Ammeter braucht für ihre Arbeit zwei neue Anzüge, hat aber nur 15 Minuten Zeit. Als ihr die Verkäuferin Anzüge der Grösse 36 bringt, schluckt sie leer – doch die Anzüge passen. Was für ein Gefühl! Dieses Erlebnis bewegt sie dazu, sich beruflich neu zu orientieren. In ihrer Tätigkeit im Finanzbereich hatte sie immer mehr Mühe mit dem umsatz- und gewinnorientierten Denken, bei dem der Mensch oft auf der Strecke blieb. Sie entschied sich deshalb, die Ausbildung zum Ernährungscoach bei Vitalance zu absolvieren und selbstständig zu werden. Ihre eigenen vielfältigen beruflichen Tätigkeiten – sie war als Köchin, Briefträgerin, Projektleiterin, Marktmanagerin, KMU-Beraterin im Aussendienst und Marketingfachfrau tätig – sind für die Beratung von Vorteil, «ich kann mich gut in Kunden mit speziellen Arbeitszeiten oder Tätigkeiten einfühlen.»
Weggefährtin mit Drehscheibenfunktion
Sonja Ammeter bietet Ernährungsprogramme zur Gewichtsreduktion, zur Gesundheitsvorsorge, in den Wechseljahren, in der Schwangerschaft, für Sportler oder Personen mit speziellen Bedürfnissen an. Rund 90% ihrer Kunden strebten eine gesunde Gewichtsreduktion an. Wichtig sei die Gewichterhaltungsphase, die nach Gewichtsabnahme und Stabilisierung erfolgt. «Es geht darum, Essgewohnheiten langfristig zu ändern», erklärt sie. Eine Gewichtsabnahme geht immer mit Veränderung einher: «Nicht nur die Figur und die Ernährung, sondern die gesamte Lebenssituation verändert sich. Das Selbstvertrauen wächst, oft verändert sich das Auftreten, Kunden gehen oft in vielerlei Hinsicht neue, spannende Wege ein.» Im Gegensatz zur ärztlich verordneten Ernährungsberatung seien ihre Kunden freiwillig hier, die Motivation meist dementsprechend gross: «Ich sehe mich als Weggefährtin. Wenn meine Kunden strahlend die Zahl von der Waage ablesen, befriedigt dies auch mich enorm!»Jeder bringt seinen Rucksack mit, Vorlieben oder Probleme in Bezug auf Ernährung müssen miteinbezogen werden. Die Kunden finden bei ihr ein offenes Ohr, deponieren Ängste und Sorgen. Gerne geht sie deshalb ab und zu alleine wandern, «es ist für mich wichtig, einen Ausgleich zu haben und meine Akkus aufzuladen». Eine unangenehme Seite ihres Jobs? «Gibt es keine, abgesehen von der Buchhaltung!», lacht sie. Die langen Tage – oft verbunden mit Abendterminen – gestaltet Sonja Ammeter so abwechslungsreich wie möglich: Joggen am Morgen, mit dem Bike zur Arbeit fahren, eine Erfrischung hin und wieder im Thunersee am Mittag. Für sie ist Bewegung besonders wichtig, da sie unter einer Skoliose, einer Wirbelsäulenverkrümmung, leidet. Durch regelmässige Bewegung ist sie meist schmerzfrei, sitzt sie zu viel in der Praxis, treten Schmerzen auf. Dem Rat der Ärzte, nicht mehr zu joggen, widersetzte sie sich und hat inzwischen herausgefunden, dass Ruhezeiten, Bewegung und eine geeignete Ernährungsform wichtig sind.
Beruflich pflegt sie die Zusammenarbeit mit Drogerien, Apotheken, Naturärzten, Physiotherapeuten oder medizinischen Masseuren: «Es ist immer wieder erstaunlich, welche Faktoren sich durch Ernährung beeinflussen lassen.» Neben ihrer Tätigkeit als Ernährungscoach, die auch Vor-
und Nachbearbeitung der Kundendossiers und Recherchen bezüglich Krankheiten oder Unverträglichkeiten beinhaltet, ist sie auch als Dozentin an der Volkshochschule Interlaken tätig, hält Vorträge oder organisiert Events. Nach der abgebrochenen Lehre als Koch hatte sie länger kein Interesse am Kochen mehr. Heute steht sie wieder mehr am Herd, «besonders gerne für Kochexperimente. Daraus entstehen dann gluschtige Alltagsrezepte für meine Kunden». Sie ist auch oft in Restaurants in der Umgebung anzutreffen: «Für mich steht dann der Genuss im Vordergrund. Jedoch stelle ich vermehrt fest, dass nur noch wenige Betriebe qualitativ hochstehend kochen, gerade rings um den Thunersee ist man verwöhnt vom Tagestourismus. Mein Traumnebenjob wäre Restauranttesterin. Ich würde den Restaurants gerne aufzeigen, was Qualität mit Preis-Leistung zu tun hat.»
Mit dem Willen
kann man vieles schaffen
Sonja Ammeter beschäftigt sich nicht nur beruflich, sondern auch privat mit dem Thema Angst. Sie weiss, was Angst bedeutet und was sie alles auslösen kann. So stand sie selbst einen Tag vor den eidgenössischen Prüfungen beim Notarzt mit Symptomen einer Lungenembolie, man fand aber keine Hinweise, sie schrieb ihre Prüfungen trotzdem.
Erst einige Wochen später löste sich alles auf, als das positive Prüfungsresultat eintraf. Als sie dann ihre eigene Praxis führte, kamen Existenzängste auf. Zudem hat sie Höhenangst: «Ich konnte bei einer Mittelstation einer Bergbahn, wie zum Beispiel beim Vorsass beim Niederhorn oberhalb des Thunersees, nicht aus- oder zusteigen. Ich wollte aber nicht von dieser Angst beherrscht werden.» 2013 begann sie mit Unterstützung von verschiedenen Helfern ihr Projekt «Wenn der Wille Angst versetzt» mit dem Überqueren von Hängebrücken, setzte sich im ersten Jahr als Saisonziel die Überquerung der Triftbrücke im Gadmertal. Ein Jahr später absolvierte sie den Klettersteig Mürren: «Ich musste nichts, es war eine Therapieform und sie hat gefruchtet!», erzählt sie strahlend.
Sie absolvierte seither diverse Hochtouren, Klettersteige und Gletschertrekkings und setzte sich zum Ziel, einen der schwierigsten Klettersteige der Schweiz, den Daubenhorn Klettersteig in Leukerbad, zu absolvieren. Dies gelang ihr am 11. August dieses Jahres. Die Auseinandersetzung mit Angst – egal, welcher Art diese ist – brauche Willensstärke, bringe aber jeden weiter: «An diesem Beispiel sieht man, dass mit dem eigenen Willen vieles möglich ist.»
«Es macht wenig Sinn, die Ernährungsumstellung bis nach Weihnachten aufzuschieben.»
Kontakt
Vitalyse Interlaken
Sonja Ammeter
Eichzun 4b
3800 Unterseen
Telefon: 033 822 00 11
Email: info@vitalyse-interlaken.ch