Der Schwingerkönigstitel am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) in Estavayer stellt den Höhepunkt seiner Karriere dar. Dieser Triumph ist umso beeindruckender, wenn man weiss, aus welchen Tiefs sich Matthias Glarner schon zurückgekämpft hat. Es lohnt sich, gross zu träumen!
Text: Anja Rüdin | Fotos: Rolf Eicher
portliche Betätigung spielte in Matthias Glarners Familie schon immer eine grosse Rolle. Besonders ein Zitat seines Vaters hat ihn und seine beiden Geschwister geprägt: «Ihr müsst nicht, ihr dürft, aber wenn, dann macht ihr es richtig.» Begonnen hat Matthias Glarner zuerst mit Fussball, «und als Meiringer ist es irgendwie logisch, dass man auch das Training des Skiclubs besucht». Doch erst als sein Onkel ihn mit in den Schwingerkeller nahm, hat das innere Feuer zu brennen begonnen. Diese Leidenschaft für den Schwingsport spiegelt sich auch in seinen vielen Erfolgen wider: 116 Kranzgewinne, davon 4 eidgenössische Kränze und natürlich der erste Rang am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Estavayer.
Im Vorfeld des Festes gehörte Matthias Glarner nicht zu den absoluten Topfavoriten, was seine Vorbereitungen dementsprechend vereinfacht hat. «Der Druck lag auf anderen Schultern», erklärt er. Obwohl er wusste, dass er in toller Form war und mit einer guten Platzierung zu liebäugeln wagte, war Matthias Glarner vor Beginn des ESAF sehr flau im Magen. Doch ein Instagram-Post seines Bruders Stefan mit einem Foto der beiden und dem Hashtag «dreambig» gab Matthias Glarner einen Kick und diente ihm so als zusätzliche Motivation für diesen wichtigen Wettkampf.
Vor dem alles entscheidenden Schlussgang gegen Armon Orlik war die Anspannung unglaublich gross. «50 000 Zuschauende im Stadion, eine knappe Million Leute vor dem TV, der letzte Zweikampf des Tages in der Mitte der Arena – du oder ich», so beschreibt Matthias Glarner den Kampf. Auch wenn er sich im Vorfeld mental auf einen möglichen Schlussgang vorbereitet hat, lässt sich diese einmalige Situation trotzdem nicht vollständig vorausahnen. Direkt nach dem Sieg überwiegt nicht, wie vielleicht erwartet, die Freude, sondern erstmal die Erleichterung: «Der ganze Druck ist nun weg!»
Dream Big
Obwohl es eigentlich nie sein Plan war, erscheint nun trotzdem ein Buch zu der persönlichen Geschichte von Matthias Glarner. Statt einer reinen Biografie zu seiner Person bietet das Buch einen Mehrwert für den Leser, eine Message, darauf legte er besonderen Wert. Geschrieben von der Schwing-Expertin Anja Knabenhaus soll es all jene inspirieren, die ein Ziel erreichen wollen – sei es im Sport, beruflich oder im Leben generell. Zwar stand in seiner Zeit als aktiver Sportler natürlich der eigene Weg und der maximale Erfolg im Vordergrund, doch schon damals freute sich Matthias Glarner immer sehr, wenn Menschen sich durch seine Geschichte inspirieren liessen oder Kinder wegen ihm mit dem Schwingsport begonnen haben.
Zehn Jahre lang hat Matthias Glarner eng mit dem Sportpsychologen Robert Buchli zusammengearbeitet. «Während dieser Zeit hat sich mein Rucksack mit passenden Werkzeugen und Methoden gefüllt», erläutert er. Wie Matthias Glarners beeindruckende Karriere im Schwingsport zeigt, hat er seine Schlüssel zum Erfolg gefunden und anzuwenden gelernt. Im Buch werden genau diese Methoden an konkreten Situationen ausführlich geschildert und geben Einblicke in die Gedankengänge, die dem Betrachter bisher vielleicht verborgen blieben. Denn obwohl sich Matthias Glarner nie verstellt hat und stets auf dem Boden geblieben ist, gewährt das Buch «Dream Big» neue und tiefe Einblicke in seinen Werdegang mit allen Hochs und Tiefs.

Neue Aufgaben – gleiche Leidenschaft
Im Oktober 2019, nach dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Zug, hat sich Matthias Glarner für den Rücktritt aus dem aktiven Schwingsport entschieden. Dieser Entscheid, den definitiven Schlussstrich zu ziehen, ging mit einem intensiven und langen Prozess einher. Denn auch nach seinem Sturz aus zwölf Metern von einer Seilbahngondel im Jahr 2017 kämpfte er sich ins Sägemehl zurück. «Ich bin froh, dass sich mein sturer Kopf durchgesetzt hat und dass ich am ESAF in Zug nochmals im Ring stehen konnte.»
«Der Schwingsport war und ist die grösste Leidenschaft in meinem Leben, das hat sich auch mit dem Rück- tritt nicht verändert», bekräftigt Matthias Glarner. Deswegen ist eine seiner neuen Aufgaben als Trainer des Eidgenössischen Schwingerverbandes in Magglingen perfekt auf ihn zugeschnitten. Hier kann Matthias Glarner auf sein Wissen aus dem Studium der Sportwissenschaft zurückgreifen und so von November bis April die besten Schweizer Schwinger in ihren Vorbereitungen auf die kommende Saison optimal begleiten. In den letzten fünf Monaten hat er mehrere grosse neue Leidenschaften für sich entdecken können: coachen, vermitteln, begleiten und unterstützen.
Die Liebe zur Heimat
Während seines Studiums der Sportwissenschaft an der Universität Bern hat Matthias Glarner sieben Jahre in Thun gelebt, sechs weitere Jahre dann in Heimberg. Auch heute noch blickt er positiv auf diese Zeit zurück: «Ich habe es sehr genossen, die Vielfalt, der See, die Berge – einfach schön und verbunden mit extrem viel Lebensqualität.» Auch wenn es Matthias Glarner nun wieder etwas näher zu seiner ursprünglichen Heimat – dem Haslital – gezogen hat, geniesst er die Sicht auf den Thunersee umso mehr. Denn das Berner Oberland ist seine «erweiterte Heimat».
Der Schwingsport war und ist die grösste Leidenschaft in meinem Leben.



Spuren des Kommunismus
In Russland, aber auch in China, gewährt der Staat Sicherheit durch Kontrolle. Die Bevölkerung ist geprägt von der Geschichte der ehemaligen Sowjetunion, und des Kommunismus: «Natürlich haben wir Militärparaden gesehen, es gab sehr viele Polizeikontrollen, vor allem in China standen überall Überwachungskameras. Aber irgendwann, wenn es zum x-ten Mal blitzt, wenn täglich tausende Fotos gemacht werden, nimmt man das einfach gar nicht mehr wahr. Ohne verallgemeinern zu wollen, vielmehr ist dies meine persönliche Wahrnehmung: Wir hatten nicht den Eindruck, dass die Menschen geknechtet werden. Obwohl – vor allem auf dem Land – die meisten sehr arm sind, scheinen sie mit ihrem Leben zufrieden zu sein», sagt Reto Vannini.
Auf der Suche nach dem Glück
Die Reise von Ursula Haller und Reto Vannini lässt nicht nur wunderschöne Erinnerungen zurück, sondern auch Gedanken zu unserer Lebensweise und zum Luxus der westlichen Welt. So resümiert Ursula Haller: «Es wurde uns einmal mehr bestätigt, dass wir in der Schweiz im wahrsten Sinne in einem Paradies leben. Schon nur der Zugang zu sauberem Wasser oder der Besitz von sanitären Einrichtungen sind für viele der angetroffenen Menschen reine Wunschgedanken. Aber man darf nicht vergessen, wie es bei uns vor noch nicht einmal 100 Jahren war: Ein Grossteil der Bevölkerung war arm, man musste hart für jene Errungenschaften arbeiten, von denen wir heute profitieren können. Man vergisst viel zu schnell, dass unser Reichtum nicht selbstverständlich und einfach so gegeben ist. Deshalb hat jeder Mensch unserer Meinung nach das Recht, sein Lebensglück zu suchen. Wenn er in seinem Herkunftsland keine Chance hat, keine Perspektive sieht, keine Hilfe erhält, macht er sich auf den Weg und sucht einen Ort, wo es ihm im Leben vielleicht besser gehen kann. Uns ist es deshalb sehr wichtig, dass wir ein offenes Herz behalten und helfen, wo wir können. Es darf nicht sein, dass wir mit der Einstellung ‹Hauptsache uns geht’s gut› durchs Leben gehen.»
Info
Die ehemalige Thuner Politikerin Ursula Haller war im Jahr 2008 massgeblich an der Gründung der BDP beteiligt. Sie war Stadt- und Grossrätin und amtete zuletzt im Gemeinderat als Vorsteherin der Direktion Bildung Sport Kultur und als Nationalrätin. Im Jahr 2014 wurde Haller pensioniert. Seit 2009 ist sie mit Reto Vannini verheiratet. Auch Vannini mischte als Stadtrat und Präsident der BDP Thun in der Thuner Politik mit.