Marc Amacher: der Sänger mit der rauchigen Stimme
Marc Amacher: der Sänger mit der rauchigen Stimme
Marc Amacher (32) begeisterte im Dezember 2016 nicht nur Publikum und Jury von «The Voice of Germany»: Seine rauchige Stimme fällt immer und überall auf, zuletzt auch am Gurtenfestival 2017. Der gebürtige Brienzer und Autodidakt bekam seine erste Gitarre von seinem Grossvater, der diese aus dem Abfall-Kübel gezogen hatte: «Hier Marc, schau mal, ob du mit der noch was anfangen kannst.»
Text: Hans R. Amrein | Fotos: PhilippReinhard.com
Marc Amacher, wie sind Sie eigentlich Musiker, Sänger und Gitarrist geworden?
Gute Frage. Wie bin ich Musiker und Sänger geworden? Schon als kleiner Junge haben mich Gitarren fasziniert. Berühmte Namen wie Eric Clapton, Bob Marley, Alice Cooper, Dire Straits oder John Lee Hooker, Moody Waters, Ray Charles, Pink Floyd – sie haben mich musikalisch geprägt und begeistert. Der Sound dieser Musiker lief auch bei uns zu Hause. Ich fühlte mich immer sehr wohl, wenn ich diesen Sound hörte. Musik machen, auf der Bühne stehen – das war schon immer mein Traum…
Als Musiker auf der Bühne stehen, rocken, swingen, sodass die Post abgeht – das war, wie Sie sagen, ihr Traum. Tönt alles schön und gut, aber wie schafft man das?
Üben, üben, üben – stundenlang, tagelang. Nur so schafft man den Schritt auf die Bühne und später vielleicht in den Konzertsaal und ins Studio.
Blues- und Rock-Musiker waren den genussvollen und exzentrischen Dingen des Lebens nie abgeneigt. Alkohol, Frauen, Drogen, wilde Partys – das gehörte irgendwie dazu. Wie ist das bei Ihnen?
Natürlich gibt und gab es Musiker, die so leben oder gelebt haben, aber die Zeiten haben sich gewandelt. Heute sind viele Blues-Musiker Vegetarier oder gar Veganer, sie trinken keinen Tropfen Alkohol, rauchen nicht… Mir ging es immer um die Musik. Mit dem Blues kann ich Dinge ausdrücken, die ich mit Worten nicht erklären kann. Gefühle, Liebe, Betroffenheit und solche Dinge… Der Blues hat mir viel gegeben, schon als kleiner Bub habe ich diese Musik sozusagen in mir getragen. Ich habe den Blues gefühlt.
Sie stammen ja ursprünglich aus Brienz. Ihr Vater hat Ihnen damals ein Keyboard gekauft. Sind Sie in einer musikalischen Familie aufgewachsen? Oder eher das Gegenteil?
In unserer Familie gehörte die Musik einfach dazu, sie bestimmte den Tagesablauf. Wenn man im richtigen Moment die richtige Musik hört, hilft das, aus dem Alltag auszubrechen. Abschalten, sich ausklinken, einfach gute Musik hören und sich selber sein. Das ist wichtig im Leben. Man wird dadurch zufriedener.
Haben Ihre Eltern aktiv Musik gemacht?
Meine Mutter war früher mal bei den Tambouren, der Vater spielte Trompete. Aber sonst hat man in der Familie nicht gross Musik gemacht.
Ihre Liebe galt schon immer dem Blues, doch dann haben Sie eine Punk-Band gegründet. Warum?
Nein, das kann man so nicht sagen. Ich wurde als Gitarrist empfohlen. Offensichtlich hielt man mich für einen guten Gitarristen. Ein paar Jungs aus Thun suchten einen zweiten Gitarristen, doch das reizte mich überhaupt nicht. Doch ich liess mich dann überzeugen und spielte in dieser Band mit. Daraus ist später ein Blues-Rock-Trio entstanden. Mit diesem Trio habe ich relativ lange gespielt.
«Üben, üben, üben. Stundenlang, tagelang. Nur so schafft man den Schritt auf die Bühne und später viel- leicht in den Konzertsaal und ins Studio.»
Rund zehn Jahre lang waren Sie mit dem Trio unterwegs. Und Sie waren berühmt für ihre sehr lange Show… Was war das für eine Show?
Was heisst schon lange Show! Wir haben einfach gespielt – so lange, bis sie uns den Stecker rausgezogen haben.
Später haben Sie Ihren heutigen Musikpartner Dominik Liechti getroffen und das Duo «Chubby Buddy» gegründet.
«Chubby Buddy» ist ein Blues-Duo. Wir gehen einfach hinaus, auf die Strasse, spielen und swingen und haben Freude daran. Wir spielen in Bars oder Pubs, an Events, auf der Strasse. Grundsätzlich spielen wir aber überall.
Sie haben eine rauchige, herbe Stimme. Ihr Markenzeichen. Hatten Sie schon immer so eine Stimme – oder hat sich diese im Laufe der Jahre so gebildet?
Ich war schon immer laut und durchdringlich, schon als kleiner Bub. Die Stimme hat sich entwickelt, man wird ja auch älter …
Hatten Sie früher mal Musik- und Gesangsunterricht?
Gesangsunterricht hatte ich nie. Gitarrenunterricht hingegen schon. Ich hatte eine Gitarrenlehrerin und musste auch Bach- und Mozart-Stücke üben. Viele berühmte Blues-Musiker haben früher mal klassisch gespielt.
In Ihrer privaten Werkstatt in Heimberg bauen Sie Ihre Gitarren zusammen. Wo haben Sie das gelernt?
Das hat sich einfach so ergeben … Mir geht es darum, die alten Gitarren wieder zu beleben. Da hat ja mal jemand viel Zeit und Herzblut investiert! Eine Gitarre einfach wegwerfen – nein, das bringe ich nicht über mein Herz. Holz lebt, auch das Holz einer Gitarre, so wie das Holz einer alten Kirchenbank. Jede Gitarre ist ein Unikat. Jede Gitarre hat ihren Sound.
Für Schlagzeilen haben Sie im Herbst 2016 als Teilnehmer der deutschen Casting-Show «The Voice of Germany» gesorgt. Hatten Sie die Idee, sich für diese Show zu bewerben?
Wo denken Sie hin! Es wäre mir nicht im Traum in den Sinn gekommen, mich für so eine Sendung zu bewerben. Das haben andere für mich erledigt. Am Anfang war ich überhaupt nicht begeistert von dieser Idee, doch dann hat sich das einfach so ergeben. Glauben Sie mir: Ich habe mir das lange und sehr gut überlegt, wir haben heftige Gespräche geführt.
«Ich war schon immer laut und durchdringlich, schon als kleiner Bub. Die Stimme hat sich entwickelt, man wird ja auch älter…»
Nun, Sie haben zwar im Dezember 2016 den Sieg verpasst, aber trotzdem war die Teilnahme an «The Voice of Germany» für Sie ein Riesenerfolg. Oder wie sehen Sie das rückblickend?
Vorbei ist vorbei. So sehe ich das. Ja, ich habe mitgemacht und konnte dabei auch viel lernen. Ja, es war, trotz anfänglicher Skepsis, eine spannende Zeit.
Nach der TV-Show fand Anfang 2017 eine Tournee durch Deutschland statt, wo Sie offensichtlich auch gutes Geld verdient haben. Können Sie schon bald von der Musik leben und auch Ihre Familie finanzieren?
Keine Ahnung! Was heisst schon gutes Geld verdient! Als Strassenbauer würde ich wahrscheinlich mehr verdienen. Die Tournee war okay, auch finanziell gesehen.
Wie sieht es denn mit Platten-
Verträgen aus? Läuft da was?
Ja, ich war gerade eine Woche im Powerplay-Studio. Dort haben wir etwa 25 Songs mit verschiedenen Schweizer Musikern aufgenommen. Musiker aus ganz verschiedenen Sparten. Hat extrem Spass gemacht. Unser Ziel ist, dass bis Ende Jahr eine CD erscheint.
Sprechen wir nochmals über
den Blues. Haben Sie Vorbilder? Vorbilder?
Ich mag dieses Wort nicht. Tönt unsympathisch. Jungs, die mit Leidenschaft und Herzblut Musik machen, das ist cool! Musik ist ein Spirit, grosse Gefühle, Energie. Man fühlt sich zum Blues hingezogen … oder wie soll ich das sagen … ja, Musik ist Leben.
Man sagt, der Blues sei die Basis des Rock und der späteren Pop-Musik.
Ich sehe das wie einen Baum, unten sind die Wurzeln, dann kommt der Stamm, weiter oben die Äste, die Blätter. Der Blues ist für mich in den Wurzeln des Baumes angesiedelt.
Das Leben des Marc Amacher
besteht nicht nur aus Musik, Blues und Gitarren. Da gibt es noch
Ihre Ehefrau Sabrina und zwei kleine Kinder. Sie leben mit der Familie auf dem Land bei Heimberg. Wie oft sehen Sie Ihre Familie?
Ich sehe sie schon ab und zu – zum Zmittag, zum Znacht … Wenn ich in der Werkstatt arbeite, sind sie oft bei mir, schauen mir zu.
Ist Ihre Frau so etwas wie Ihre Managerin und Betreuerin? Oder wer kümmert sich sonst um all
die Termine, Tourneen, Konzerte, Medien und Auftritte?
Meine Frau hilft mir enorm viel. Sie ist sehr wichtig und steht hinter mir. Daneben habe ich einen Tour-Manager und ein Management. Das läuft alles ineinander.
In einer Zeitung habe ich gelesen: «Marc Amacher wird eine grosse Karriere machen …». Man prophezeit Ihnen wunderbare Zeiten und grosse Erfolge als Musiker.
Was soll ich dazu sagen? Keine Ahnung, das wissen Sie besser als ich! Ich mache weiter wie bisher.
Wann findet die nächste Tournee statt?
Ich bin laufend auf Tournee, vor allem in der Schweiz. 2018 folgt vielleicht Deutschland, dann Österreich. Mal schauen.
Sie leben ja indirekt am Thunersee. Was bedeutet Ihnen der See?
Ich verbrachte meine Kindheit und Jugend am Brienzersee. Ehrlich, mein Herz schlägt eher für den Brienzersee, nicht für den Thunersee. Ich liebe Wasser, egal ob See, Bach oder Fluss. Wasser beruhigt.
Gibt es ein besonderes See-Erlebnis?
Als ich ein Baby war, fiel mir der «Nuggi» in den See. Später wurde ich von einem Schwan attackiert. Der Vogel hat mich fast erschlagen. Doch ich habe es überlebt, wie man sieht.
Schlussfrage: Ihr grösster Wunsch für die nahe Zukunft?
Ich wünsche mir, dass den beiden Kindern nichts passiert. Dass es ihnen immer gut geht. Zufrieden sein mit sich und dem Leben, Freude haben, Gutes tun – darum geht es im Leben.
Marc Amacher, vielen Dank für das Gespräch!
Marc Amacher über sein Leben für den Blues
«Im Jahr 1984 habe ich das Licht der Welt erblickt, an einem See in den Schweizer Alpen. Bevor ich zur Schule ging, hatte mir mein Vater ein Keyboard geschenkt und ich meine erste Gitarre gekauft. Später, wir waren in die Stadt am Rand der Alpen gezogen, sagte mein Gitarrenlehrer: «Such dir eine Band. Du brauchst keine Stunden bei mir zu buchen, damit wir zusammen jammen können.» Obwohl es der Blues war, der mich immer begleitet hatte, war die erste Band eine Punk-Band. Dann erst folgte ein Blues-Trio, mit dem ich 10 Jahre unterwegs war – und die Leute liebten uns für unsere ausufernd langen Shows. Dann begegnete ich Dominik Liechti. Gemeinsam sind wir «Chubby Buddy» und leben unsere Leidenschaft für ehrliche, direkte und energiegeladene Musik – getrieben vom inneren Blues, geprägt von den altehrwürdigen Vorvätern dieses Sounds, der am Anfang von all dem stand, was man heute Popmusik nennt.»