Fritz Bieri: Lebensqualität unterm Sternenzelt
Fritz Bieri: Lebensqualität unterm Sternenzelt
Im Schlafsack übernachten auf dem Gemmenalphorn unter dem weiten Sternenhimmel? Das klingt für die meisten Menschen verrückt, für den Beatenberger Hobby-Fotografen und technischen Leiter der Niederhornbahn Fritz Bieri aber nicht. Im Gegenteil: Für ihn sind solche Naturerlebnisse in seiner Bergheimat Lebenselixiere und Spiegel dafür, dass man dankbar für die Natur und somit für das Leben sein sollte.
Text: Frederike Scholten|Fotos: Fritz Bieri, Frederike Scholten
Als Kind liebte Bieri schon das Draussensein in den Bergen des Niederhorngebiets. Das Wandern steckte ihm im Blut und weil er die schönen Momente einfangen und mit nach Hause nehmen wollte, fing er an, sie mit Dias festzuhalten. Hinzu kam das Glück, dass «es einfach gepasst hat, am gleichen Ort wohnen und arbeiten zu können». Seit 44 Jahren arbeitet Bieri schon bei der Niederhorn-Bahn AG, wobei er heute als technischer Leiter für die Sicherheit zuständig ist. Bieri meint: «Menschen reisen um die ganze Welt, um etwas zu suchen. Das brauche ich nicht, denn ich wohne schon am schönsten Ort.» Wer das einmalige Panorama von Beatenberg kennt, kann da nur zustimmen.
Allmählich entwickelte sich die fotografische Leidenschaft weiter und es entstand das Bedürfnis, auch anderen zu zeigen, wie schön es hier ist. «Vor allem auch Leuten, die nicht, oder nicht mehr, die Möglichkeit haben, selber zu gehen. Ich mache beispielsweise Tonbildschauen in Altersheimen. Manchmal berühren die Bilder Menschen sehr, weil sie das Gebiet von früher kennen.» Und mit der Website, die er in freundschaftlicher Zusammenarbeit mit Heinz Rieder gestaltet, gelingt es sogar, weltweit Leuten eine Freude zu bereiten.
Im Laufe des Gesprächs stellt sich heraus, dass Bieri leidenschaftlich gerne fotografiert. Es gehört aber, wenn man so will, eine eigene Lebensphilosophie dazu. «Wenn man die Schönheit der Natur sieht, geht man mit feinen Reizen bewusster um, man muss nicht mit einem Hammer drauf schlagen, um etwas zu spüren. Wenn man eine Empfangsantenne für die Natur mit ihren Tieren, Pflanzen und Blumen hat, dann schärft das ein anderes Gespür, als wenn man zum Motocross geht.» Dazu kann ergänzt werden, dass dies beim Fotografieren noch ausgeprägter ist, weil man genauer schauen muss, um so gut wie möglich einzufangen, was man sieht und empfindet. Dabei lernt man, die Natur zu nehmen, wie sie ist: «Ich kann mir nicht vornehmen: ‹Das will ich heute erreichen›. Man kann es höchstens probieren, dann muss man aber warten und sich überraschen lassen, was passiert.»
Für extreme Sportarten begeistert sich Bieri denn auch nicht. Es sind die subtileren Reize in der ganz gewöhnlichen Natur und ohne Action, die ihm ein zufriedenes Gefühl geben. Obwohl: Ein Gewitter in den Bergen kann das Herz auch kräftiger schlagen lassen… Dieses Beispiel zeigt einem gleich, dass es kein schlechtes Wetter gibt, denn wenn man es sehen will, hat alles seinen Charme. Eine logische Folge dieser Liebe zur Natur ist für Bieri, dass man für die nächsten Generationen Sorge zu ihr tragen sollte. Er staunt: «Wir haben hier in der Schweiz doch eigentlich alles, was das Herz begehrt, und es gibt trotzdem so viele unzufriedene Leute, die nicht drauf achten, was die Folgen ihres Verhaltens sind.»
Bieris Repertoire an Bergaktivitäten reicht vom Wandern bis zu Schneeschuhtouren, aber von all dem ist für ihn das Biwakieren das Schönste. Dabei ist es kein Problem, vierundzwanzig Stunden mehr oder weniger am gleichen Ort zu sein. «Man muss Zeit haben: Dann kann man erst richtig die Ruhe spüren, die Aussicht über die Schweizer Grenzen hinaus geniessen und die Geräusche von Vögeln und anderen Tieren und die Düfte der Blumen in sich aufnehmen. Zudem sind die Morgen- und Abendstimmungen am schönsten; wenn der Druck da ist, dass man gehen muss, verpasst man einen Teil dieser Erfahrung. Klar, manche finden das todlangweilig. Vielleicht haben sie aber auch Angst vor dem Alleinsein und sie kommen nicht ohne Radio und Fernsehen aus.»
Dass es aber gar nicht selbstverständlich ist, so unterwegs sein zu können, wurde klar, als Bieri ein neues Hüftgelenk eingesetzt werden musste: «Wenn es einem immer gut geht, droht die Gefahr, dass es normal wird. Es ist eine eindrückliche Erfahrung, dass man sich mit einem Ersatzteil wieder besser fühlt.» Dies war für ihn von grosser Bedeutung, denn ursprünglich hat alles mit dem Wandern angefangen. Bleibt also noch die Frage, was es damit auf sich hat. «Das Bergwärtsgehen ist manchmal ein rechter Chrampf, wobei man ab und zu richtig ins Schwitzen gerät. Da sage ich immer: Mit jeder Schweissperle verlässt mich eine negative Emotion.» Seine Lebensfreude hängt eng damit zusammen, denn er meint lachend: «Wenn man nicht fit ist, ist einem sowieso alles zuwider.»
Die Baumgrenze, die Bieri mit dem Weitblick verbindet, ist dabei ein nächstes Stichwort, denn obwohl es im Wald auch schön ist, kann man besser über Sorgen und alles Negative hinwegschauen, wenn man darüber ist. «So von Weitem merkt man plötzlich, dass man zu eng geschaut hat und das Problem viel zu klein ist, um sich länger darüber aufzuregen. Man kann auf diese Weise eine Art der Freiheit spüren.»
«Man muss Zeit haben, um die Ruhe zu spüren.»
Obwohl all das ein wenig einzelgängerisch klingt, ist Bieri nicht immer alleine unterwegs. «Es ist halt anders, wenn andere dabei sind, denn dann kommt das Zwischenmenschliche dazu, was aber auch enorm schön sein kann.» Klar ist auch, dass ihm als Vater zweier Söhne und fünffachem Grossvater seine Familie sehr wichtig ist. Mit einer Prise Humor und frischer Bergluft im Gehirn lässt sich der Alltag auf diese Weise gut bewältigen, wobei man nur damit abschliessen kann, dass all das ohne seine Frau Christine, die ihn in die Berge ziehen lässt und ihm auf verschiedenen Ebenen eine grosse Hilfe ist, nicht möglich wäre.
Unser Tipp
Fritz Bieri hat Karten, Wandkalender, DVD und Fotobücher im Angebot und kann Poster in verschiedenen Arten und Grössen herstellen lassen.
Mehr Informationen: www.beatenbergbilder.ch