Barbara Egli: Die Schlossherrin von Spiez

Barbara Egli: Die Schlossherrin von Spiez

Barbara Egli: Die Schlossherrin von Spiez

Seit ihrer Kindheit ist Barbara Egli fasziniert von Museen und Schlössern. Seit 2015 leitet sie das Schlossmuseum in Spiez. In den historischen Gemäuern in der malerischen Bucht findet neben der Dauerausstellung zum Leben der ehemaligen Schlossbewohner auch jedes Jahr eine Kunstausstellung statt.

Text: Laura Scheidegger   |  Fotos: Markus Hubacher, Laura Scheidegger, Cyrill Zumbrunn, zvg

Frau Egli, woher kommt Ihre Begeisterung für Geschichte, das Mittelalter und Schlösser?

 

Ich glaube, dieses Interesse wurde mir in die Wiege gelegt. Meine Eltern sind sehr kulturinteressiert. In den Ferien sind wir nach Frankreich oder Italien gereist und ­haben Museen, Schlösser, Kirchen und Klöster besucht. Ich habe mich an diesen Orten wohlgefühlt, besonders in den Museen. Das Mittelalter ist in unserem Sprach- und Kulturraum natürlich sehr prägend, man findet Spuren gleich vor der Haustür. Ich selber bin im Schatten des Schlosses Laupen in ­einem Altstadthaus von 1526 aufgewachsen. Das Schloss hatte ich immer vor Augen, das war sicherlich prägend. Wir haben eine sehr hohe Schlösserdichte, gerade in der Thunersee-Region. Die Schweiz ist wirklich ein Schlösser-Land!

Wie sind Sie ins Schloss Spiez gekommen? 

 

Neben dem Studium habe ich im Bern­ischen Historischen Museum gearbeitet. Nach meinem Abschluss habe ich mich in Museologie weitergebildet und habe dann hier im Schloss Spiez eine Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin erhalten. Als dann meine Vorgängerin pensioniert wurde und ihre Stelle ausgeschrieben war, habe ich mich beworben und es hat geklappt. Schliesslich habe ich noch eine Weiterbildung in Betriebswirtschaft gemacht, weil mein Job hier nicht nur die Museumsleitung beinhaltet, sondern der ganze Betrieb in meiner Verantwortung liegt.

 

Sie haben in der Schlosskirche Spiez geheiratet und wohnen mittlerweile auch in der Region. Wie gefällt Ihnen das Leben am Thunersee?

 

Meine Stelle hier im Museum ist eher eine Berufung und eine Leidenschaft, ich habe nicht reguläre Bürozeiten und mir war von Anfang an klar, dass ich auch hier wohnen will. Es ist wunderschön hier! Die Region ist ein toller Ausgangspunkt für Ausflüge in die Berge, aber man ist auch schnell in Thun, Bern, Luzern oder sogar in Italien! 

Was ist der Auftrag des Museums und der Dauerausstellung? 

Das Schloss gehört einer mittlerweile 91-jährigen Stiftung. Der Hauptauftrag ­dieser Stiftung ist in erster Linie der Erhalt des Schlosses – man will, dass sich die nächsten Generationen auch noch an diesem Kulturgut erfreuen können. Aber auch die Belebung sowie die Vermittlung der hiesigen ­Geschichte sind uns ein grosses Anliegen. Das Spannende ist die Vernetzung, welche durch die Dauerausstellung auch besonders vermittelt wird. Das Schloss war nie ein Landvogteisitz, sondern immer im Privatbesitz von Familien. Das waren namhafte Geschlechter wie von Erlach oder von Bubenberg. Diese Herren waren Schultheissen in Bern und haben die Berner Geschichte, teils auch die Schweizer oder gar die europäische Geschichte merklich mitgeprägt. Wir zeigen hier, wie stark diese Vernetzung und Ausstrahlung war.

Haben Sie ein Lieblingsstück in der Dauerausstellung?

 

Ein Toilettenservice von Franz Ludwig von Erlach. Dieser war sehr wichtig im Dreissigjährigen Krieg, er war Diplomat im Namen vom Staat Bern und war viel unterwegs. Als Diplomat zählt natürlich der Auftritt und der erste Eindruck und wir nehmen an, dass das Toilettenservice auch ein Reiseutensil war. Es besteht aus einer Schatulle, zwei ­Dosen, die möglicherweise Puder enthielten, einer Bürste, wohl eine Kleider­bürste, und einem Spiegel. Es ist ein sehr frühes Stück, aus dem 17. Jahrhundert. Referenzobjekte finden sich meist erst später, ab dem 18. Jahrhundert. Dieses Service ist wirklich etwas ganz Spezielles und eigentlich etwas sehr Modernes, wie heute eine Toilettentasche für unterwegs. 

 

Neben der Dauerausstellung veranstaltet das Museum jedes Jahr eine Sonderaus­stellung, dieses Jahr werden Werke von Viktor und ­Marguerite Surbek gezeigt. 2017 hat die Kreidolf-­Sonderausstellung einen Besucherrekord verbucht, wie wirken sich die Sonderausstellungen generell auf die Besucherzahlen aus? 

 

Unser zweites Standbein ist die Kunst. ­Diese Sonderausstellungen ziehen ein ganz anderes Publikum an als die Dauerausstellung. Da kommen Leute aus Basel oder Zürich, weil sie einen bestimmten Künstler sehen wollen, landen dann aber an diesem wunderschönen Ort, den sie so vielleicht gar nicht erwartet haben, und entdecken das Schloss Spiez und unsere Dauerausstellung. Wir erhalten viele positive Rückmeldungen, viele Leute sagen uns, sie hätten gar nicht gewusst, dass es das Schloss gibt. So bringen wir neue Leute zu uns – viele sind auch «Wiederholungstäter» und kommen zurück. Im Gegensatz zu vielen anderen Schlössern ­haben wir den Vorteil, dass wir einen Raum klimatisch regulieren können, nur so können wir Kunst ausstellen. Wir sind klein und fein, das ist unsere Linie. Für den Massentourismus sind wir nicht geeignet. Letztes Jahr hatten wir eine Rekordsaison und ­kamen teilweise an unsere Grenzen, was die Infrastruktur angeht. Man hat es dem Gebäude angemerkt. Das ist natürlich ein Spannungsfeld: Zum einen haben wir den Erhalt des Schlosses als unser Hauptziel, aber gleichzeitig möchten wir eine Belebung und eine Nutzung. Es ist wichtig zu sehen, dass das alles im Gleichgewicht bleibt und der Erhalt nicht zu Schaden kommt.

Wie sieht der typische Besucher des Schlosses aus?

Wir spüren die Nähe zu Interlaken, 30 Prozent unserer Gäste sind aus Asien, hauptsächlich aus China. Das sind aber nicht Gruppen, sondern Individualtouristen, die alleine unterwegs sind. Die Gäste aus der Schweiz sind sowohl aus der Region als auch aus Bern oder von weiter weg. Wir zählen viele Besichtigungstouristen, aber auch solche, die extra für die Sonderausstellung ­anreisen. Zunehmend – und das freut mich persönlich sehr – kommen auch immer mehr Familien. Wir haben ein breites Angebot für Familien, wie zum Beispiel die interaktiven Stationen in der Ausstellung. Zudem haben wir zusammen mit den Schlössern Thun und Oberhofen das Angebot des Rittertrails auf die Beine gestellt, bei welchem man eine Ritterausbildung abschliessen kann. 

Wir ­haben auch einen Mittelaltertag für Familien am Schlössertag, Familien­führungen und die Vollmondnacht, welche auch für ­Familien gestaltet ist. Dieses Segment liegt uns sehr am Herzen. Wir möchten, dass junge Menschen, die zu uns kommen, ein gutes ­Erlebnis haben, aber auch inhaltlich profitieren können. 

Was sind Ihre persönlichen Höhepunkte dieser Saison?

Die Surbek-Ausstellung natürlich! Aber auch die dazugehörige Publikation. Und ­natürlich freue ich mich auf die Vollmondnacht, das ist immer ein Erlebnis! Es ist ­etwas Besonderes, wenn man einmal bei Nacht und nur mit der Taschenlampe ins Museum kommen kann. Wir haben ein ­tolles Programm mit einem historischen Zauberer und in der Schlossbibliothek zeigen wir ­Bücher aus dem 18. Jahrhundert, in denen Zaubertricks aus der schwarzen und der weissen Magie erklärt werden. Wir werden eine Familienführung haben, im Stil eines Krimis. Ich hoffe, der Himmel wird klar sein, damit wir den Mond auch sehen können.

Wie sieht die nahe Zukunft des Schlosses und des Museums aus? Sind besondere Projekte in Planung?

Der Unterhalt des Schlosses wird uns in den nächsten Jahren sicherlich stark ­begleiten. Zudem steht dieses Jahr die Erweiterung des Schlosscafés an. Seit dem 1. Mai ist das ­Lokal im Schloss nun ein kleines bedientes Café mit einem Tagesgericht. Gäste haben auch die Möglichkeit, den Spiezer Wein zu trinken, der im Keller gemacht wird. Zudem ­bieten wir regionale Produkte an und am Sonntag wird es immer einen Brunch geben. Ausserdem haben wir im Neuschloss neuerdings eine Heizung, die ­einen Ganz­jahres-Betrieb ermöglicht. Wir hoffen, die Räume für Seminare oder Bankette vermieten zu können.

«Wir sind klein und fein, das ist  unsere Linie.»

Kontakt
Schloss Spiez
Schlossstrasse 16
3700 Spiez
www.schloss-spiez.ch 

 

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Erforderlich