Ursula Rieder: Die Frau hinter der Alten Oele

Ursula Rieder: Die Frau hinter der Alten Oele

Ursula Rieder: Die Frau hinter der Alten Oele

Die Alte Oele ist sicherlich jedem Thuner und jeder Thunerin ein Begriff. Ob im Sommer auf der Terrasse, bei eher kälterem Wetter in der Kaffeebar nebenan oder eben bei einer der vielen Kleinkunstveranstaltungen im eigentlichen Theater, die Alte Oele ist ein beliebter Anlaufpunkt in der Innenstadt. Ursula Rieder ist seit vielen Jahren aktiv dabei und leitet den Programmausschuss des Theaters.

Text & Fotos: Laura Scheidegger

 

Ursula Rieder ist bereits als junge Schülerin mit dem Thuner Theater in Berührung gekommen. «Wie viele andere Thunerinnen bin ich in die Mädchen-Sek und dort war Rolf Pfister mein Klassenlehrer. Etwa in der 8. Klasse hat er uns ins Kellertheater mitgenommen, um uns zu zeigen, was ein Theater genau ist», erinnert sie sich. Rolf Pfister war schon früh beim Kellertheater dabei und hat die Thuner Kleinkunstszene während vieler Jahre massgeblich geprägt, so holte er unter anderem die Künstlerbörse in die Stadt. 

Für Ursula Rieder war das Theater damals etwas relativ Neues, doch der Besuch sollte eine lange Leidenschaft für die Kleinkunst entfachen. Als Erwachsene spielte sie in den verschiedensten Theatern der Region, so im Lehrerkabarett, bei den Spiezer Schauspielen und schliesslich auch im Kellertheater. «Während meiner Zeit im Lehrerkabarett hatte ich auch immer Kontakt zu Rolf Pfister, er hat die Technik für uns gemacht. Irgendwann fragte er mich, ob ich nicht in den Vorstand der Alten Oele kommen würde.» Vor circa zehn Jahren haben Rieder und Pfister dann angefangen, zusammen das Programm zu planen. Dabei half den beiden ihre Erfahrung an der Künstlerbörse, an der sie viele Künstler kennenlernten. Als Rolf Pfister altersbedingt schliesslich in der Alten Oele aufhörte, übernahm Ursula Rieder das Resort Programmausschuss. 

 

Veränderte Kleinkunstszene 

 

Der Programmausschuss der Alten Oele besteht aus fünf Personen. Welche Künstler engagiert werden, wird im Plenum entschieden. Dabei sei der ganze Prozess heute viel komplizierter als früher, findet Ursula Rieder. «Das Angebot ist einfach riesig! Man nennt Thun nicht vergebens die ‹Stadt der Kleinkunst›. Jedoch ist das Kleinkunstpublikum in den letzten 20 Jahren nicht wirklich grösser geworden», bilanziert die ehemalige Lehrerin. Zudem sei die Kleinkunstszene mit der Zeit leider auch ein wenig eintöniger geworden. Denn als die Kunstbörse noch neu war, waren die einzelnen Darbietungen noch viel offener und vielseitiger. «Es gab damals zum Beispiel noch mehr Leute, die ihren Körper als Medium einsetzten. Heute habe ich schon grosse Freude, wenn ich einen Mimen sehe.» Früher war auch die Akrobatik Teil der Kleinkunst: Was früher noch in Varieté-Theaters aufgeführt wurde, sieht man heute eher in einem Zirkus. Heutzutage seien die meisten Kleinkünstler Komödianten, weiss Rieder. «Oder Leute, die sonst irgendwie mit der Sprache arbeiten, ob in Mundart oder Hochdeutsch.» Dieser Trend stellt den Programmausschuss natürlich auch vor Schwierigkeiten beim Engagement der Künstler; Rieder und ihr Team müssen aufpassen, dass sie nicht immer die gleiche Sorte Künstler buchen. Um die Vielfalt im Programm zu gewährleisten, führt der Ausschuss eine Liste mit den Genres, die man gerne abdecken möchte. «Etwas Musik, etwas Theater, etwas mit Körpereinsatz», wie es Ursula Rieder sagt.  

 

 

Persönlicher Kontakt zu den Künstlern 

Sobald das Programm konkreter wird, wird auch diese Liste immer länger. «Wir gehen sowohl aktiv auf Künstler zu, bekommen aber genauso Anfragen von Agenturen oder den Artisten direkt. All das geht zu mir», erklärt Ursula Rieder den Prozess und ihre Rolle bei der Zusammenstellung des Programms. Anschliessend sitzt das Team des Ausschusses zusammen und entscheidet, wen man für die nächste Saison buchen will. 

Zentral für das Programm sind auch persönliche Kontakte zu den Künstlern, diese hat Ursula Rieder durch ihre lange Arbeit in der Thuner Kunstszene und der Künstlerbörse gesammelt. Sie weiss mittlerweile auch, wie sie mit den verschiedenen Künstlern am besten umgeht. «Gerhard Tschan hat mir vor zwei Jahren am Telefon gesagt, dass er ein neues Solo-Programm machen will. Ich war begeistert und sagte ihm, er müsse mir unbedingt Bescheid geben, wenn es so weit sei», erzählt Ursula Rieder schmunzelnd. «Als ich nichts von ihm hörte, habe ich ihn angerufen und nachgefragt. Er habe da schon eine Idee... aber es sei halt noch nichts bereit, war seine Antwort.» Also schlug Rieder vor, dass sie ihn doch einfach schon mal für die nächste Saison buchen würde. Der Künstler war von der Idee begeistert und meinte, dass er mit dem Engagement den nötigen Druck habe, um sein Programm fertigzustellen. Am 30. November 2018 war Tschan also mit seinem neuen Programm in der Alten Oele. Die Vorstellung war restlos ausverkauft und er gab Anfang Dezember eine Zusatzvorstellung. 

Grosse und kleine Namen

Der Erfolg von Gerhard Tschan ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass er aus Steffisburg stammt und die Alte Oele fast so etwas wie sein Haustheater ist. Doch sind Ursula Rieder und der Programmausschuss auch sehr bemüht, überregionale und sogar internationale Namen ins Theater zu holen. Und obwohl für die Alte Oele die grossen, bekannten Namen wie eben Gerhard Tschan oder Bänz Friedli wichtig sind, will man auch unbekannte Künstler ausserhalb des Mainstreams engagieren. «Ich bin für nächstes Jahr gerade mit einem Hackbrettspieler in Kontakt», gibt Rieder als Beispiel an. Auch die Jugend soll vom Programm angesprochen werden, unter anderem mit dem Auftritt der bekannten Bloggerin und Kolumnistin Pony M. . Doch stellt Ursula Rieder fest, dass die jungen Thunerinnen und Thuner die Alte Oele noch nicht wirklich für sich entdeckt haben, trotz vergleichsweise sehr günstigen Eintrittspreisen gegenüber anderen Konzertlokalen. «Wir sind irgendwie immer noch das Theater für ein etwas älteres Publikum, das verstehe ich. Aber wir bleiben trotzdem dran.» Die Tickets sollen auch in Zukunft erschwinglich bleiben, damit sich Passanten ganz spontan für einen Theaterbesuch entscheiden können. 

Die Tickets sollen auch in Zukunft erschwinglich bleiben, damit sich Passanten ganz spontan für einen Theaterbesuch entscheiden können. 

Demokratische Kleinkunst

 

Besonders schätzt Ursula Rieder die Abonnenten der Alten Oele: «Sie sind meine grossen Helden! Diese Leute kommen acht Mal pro Jahr und lassen sich dabei auf Vorstellungen ein, die etwas total Neues für sie sind. Genau darum geht es ja bei der Kleinkunst.» Kleinkunst sei eben nicht einfach Musik, nicht einfach Theater oder bildende Kunst, sondern sehr oft etwas im Schnittbereich dieser Genres. Ursula Rieder erinnert sich noch lebhaft an ein gutes Beispiel für die Vielfältigkeit des Programms sowie für die Begeisterungsfähigkeit des Publikums: «Einmal buchte ich eine Gruppe, die Breakdance machte. Ich hatte das Ensemble vorher schon gesehen und wusste, dass sie ihre Sache sehr gut machen. Nach der Vorstellung hier in der Alten Oele kam eine kleine, zerbrechliche Frau, etwa 85-jährig, auf mich zu und raunte mir begeistert zu: ‹Das waren aber ganz schöne Männer, finden Sie nicht auch?›» Neben diesen Begegnungen schätzt Ursula Rieder die Kleinkunst vor allem, weil sie «nicht elitär ist», wie sie sagt. «Jeder kann kommen und sich solche Veranstaltungen ansehen und sie verstehen. Die meisten Sachen sind wirklich allgemeintauglich und damit auch sehr demokratisch.»

 

Mehr Abonnenten für die Zukunft 

 

Ab diesem Frühjahr tritt Ursula Rieder in der Alten Oele etwas kürzer. Es sei Zeit, dass auch andere die Chance haben, sich einzubringen. Sie werde aber sicherlich gerne einspringen, wenn das Team Hilfe benötige. Sie wird der Thuner Theaterszene trotzdem weiterhin treu bleiben. «Wenn man einmal in der Theaterwelt ist, kommt man fast nicht mehr davon los!», lacht Ursula Rieder. 

 

Für die Zukunft der Alten Oele wünscht sie sich, dass noch mehr Leute ein Abo erstehen werden, denn nur so kann es sich das Theater leisten, auch ausgefallenere Künstler, die sich vielleicht noch keinen grossen Namen gemacht haben, nach Thun zu holen. 

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Erforderlich