Barbara Gafner: Bewegungsmensch mit Laib und Seele

Barbara Gafner: Bewegungsmensch mit Laib und Seele

Barbara Gafner: Bewegungsmensch mit Laib und Seele

Barbara Gafner führt mit ihrer Familie einen kleineren Landwirtschaftsbetrieb in Leissigen, verarbeitet leidenschaftlich gerne Milchprodukte und gibt ihr Wissen in der Schulkäserei des INFORAMA Berner Oberland an die nächste Generation weiter. Dabei ist die Naturliebhaberin nicht nur selbst ständig in Bewegung, sondern möchte auch nachhaltig etwas bewegen.

Text: Esther Loosli | Fotos: zvg

 

Ursprünglich im städtischen Uster fern vom bäuerlichen Leben aufgewachsen, verschlug es Barbara Gafner als junge Frau auf eine Alp im Berner Oberland. Schon bald merkte die gelernte Kauffrau, dass das gängige Bild der romantischen Alpidylle nicht der Realität entspricht und ihre Auszeit intensiv werden würde. Doch das minderte ihre Begeisterung nicht, im Gegenteil, sie fand grossen Gefallen an der Landwirtschaft und genoss die körperliche Arbeit sehr. Vor der stimmungsvollen Kulisse des Morgenberghorns sammelte Barbara Gafner auch erste Erfahrungen in der Käseherstellung und entdeckte so ihre Faszination für die Milchverarbeitung. Unter der Anleitung eines ausgebildeten Käsers lernte sie auf dem Leissigbärgli das kleine Einmaleins des geschichtsträchtigen Handwerks. Doch sie verliebte sich dort nicht nur in das Käsen, sondern auch in die Schönheit der Thunerseeregion – und in ihren heutigen Ehemann: «Eine richtige Geissenpeter-Heidi-Geschichte, ganz klassisch», meint die gebürtige Zürcherin lachend. «Die Bauern aus der Umgebung mussten uns auf der Alp regelmässig helfen, Roland kam bald viel häufiger als alle anderen.» Und der Leissiger besuchte sie nicht nur auf dem nahen Leissigbärgli, sondern folgte ihr später auch ins ferne Australien, als sie sich während ihrer Weltreise dort aufhielt. Da habe sie gemerkt, dass es ernst zwischen ihnen sei. 


Leidenschaft für Milchprodukte

Zurück in der Schweiz arbeitete Barbara Gafner zuerst bei den Organisationen Schweizer Milch­produzenten SMP und CasAlp im Marketing, bevor sie verschiedene Aus- und Weiterbildungen in der Milchverarbeitung absolvierte und in die Käserei wechselte. Vom damaligen Leiter der Käsereiberatung bekam sie ein breites Fachwissen vermittelt. Schliesslich liess sie sich zur Erwachsenenbild­nerin ausbilden, um unterrichten und jungen Erwachsenen ihre Leidenschaft weitergeben zu können. Heute ist Barbara Gafner für das INFORAMA in Hondrich tätig, wo sie kleinere Gruppen von Lernenden sehr praxisnah in die Milchverarbeitung einführt, die hergestellten Produkte pflegt und auch für den Verkauf zuständig ist. Im Sommer, wenn die INFORAMA-Schulkäserei geschlossen bleibt, beurteilt sie als Alpmulchentaxateurin die hergestellten Berner Alpkäse AOP und berät die Älpler:innen zudem bei Problemen.

Doch damit nicht genug: Als zweifache Mutter ist sie auch Familienmanagerin und legt Wert darauf, Zeit mit ihren beiden Töchtern Jana (zwölf Jahre) und Leila (zehn Jahre) verbringen zu können. Ausserdem führen Barbara und Roland Gafner mit Unterstützung von dessen Eltern Ernst und Vreni den landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Leissigen. Zum Hof gehören rund 21 Hektaren Land in der Bergzone II, die sie nach ökologischem Leistungsnachweis und im Nebenerwerb bewirtschaften. Ihre hauptsächlichen Betriebszweige bilden die Milchwirtschaft, die Ziegenhaltung und die Direktvermarktung – denn es sei heute wichtiger denn je, mehrere Standbeine zu haben, findet die sympathische Hofleiterin. Das Ehepaar setzt sich für eine tierfreundliche, naturnahe Landwirtschaft ein und pflegt eine enge Beziehung zu ihren Kühen, Rindern, Ziegen und Hühnern. Es bedeute ihnen viel, alle Tiere zu kennen und sich persönlich um sie zu kümmern. In Barbara Gafners Zuständigkeitsbereich fallen unter anderem das Melken der Kühe, diverse Umgebungsarbeiten sowie das Heuen und Einzäunen der Nutzflächen.

Um die eigenen Hoferzeugnisse sowie ausgewählte Produkte von regionalen Betrieben und Einheimischen zu verkaufen, führt sie ausserdem seit ungefähr fünf Jahren am Eybachweg 8 in Leissigen einen kleinen Selbstbedienungsstand. Etwas jünger ist der Onlineshop, der schrittweise ausgebaut wird und ihnen dank der Webpräsenz eine grössere Kundschaft verschafft. Im Angebot stehen unter anderem Berner Alpkäse AOP, Berner Hobelkäse AOP und Alp-Mutschli, die alle auf dem Leissigbärgli aus der Milch ihrer Kühe hergestellt werden und in Gafners eigenem Käsekeller lagern. Aus der Milch zweier Ziegen produziert sie zudem Formaggini und Mutschli. Weitere Köstlichkeiten wie Freilandeier, Honig, Brätzeli, Dörrfrüchte, Holzofenbrot oder Trockenfleisch sind ebenfalls (sai­sonal) erhältlich. Grossen Anklang finden auch die Geschenkkörbe und die Apéroplatten, die auf Bestellung liebevoll zusammengestellt werden. In naher Zukunft möchte Barbara Gafner das Angebot beispielsweise um Gemüse, Früchte und zusätzliche Backwaren erweitern und noch mehr Kooperationen eingehen: «Mein Ziel wäre es, einen Hofladen zu eröffnen, der eine breite Palette an frischen, regionalen Produkten an­bietet – auch von anderen Pro­duzierenden aus der Umgebung, um einander zu unterstützen und mehr Sichtbarkeit zu erreichen.»

«Ich versuche, aufzuzeigen, dass Milchprodukte durchaus ihren Wert haben und sich daraus tolle Gerichte zaubern lassen.»

Immer in Bewegung

Barbara Gafners Leidenschaft für regionale Produkte und Milcherzeugnisse endet nicht bei deren Herstellung, sondern umfasst auch das Kochen: «Ich interessiere mich für Ernährung, Gewürze, die ayurvedische Küche … und versuche, auf den Social-Media-Kanälen des Hofs aufzuzeigen, dass Milchprodukte durchaus ihren Wert haben und sich daraus tolle Gerichte zaubern lassen.» Am wohlsten fühlt sich die 42-Jährige aber nicht in der Küche, sondern draussen in der freien Natur und umgeben von Bergen: «Ich bin ein absoluter Bewegungsmensch. Ich mache Bergtouren und Yoga, fahre viel Ski, gehe joggen und bin allgemein sehr sportlich. Es gibt für mich wohl nichts Schöneres, als einen Berg zu erklimmen und dann auf dem Gipfel zu stehen.» Die Natur des Berner Oberlands mit dem strahlend blauen Thunersee und dem Alpenpanorama biete sehr viel und gefalle ihr ausgesprochen gut, merkt die gebürtige Usterin an. Vor 20 Jahren hätte sie sich vermutlich nicht vorstellen können, dereinst im beschaulichen Leissigen zu leben. Doch sie schätze das Dorfleben und freue sich, dass die Einheimischen einander kennen und unterstützen, betont Barbara Gafner. Daher ist es ihr auch ein Anliegen, der Bevölkerung etwas zurückzugeben und sich für die Entwicklung der Gemeinde zu engagieren. Als Mitglied der Kulturkommission und des Vereins Ferien Leissigen organisiert sie zusammen mit anderen Freiwilligen diverse Anlässe und setzt sich für die Attraktivität des Dorfs ein. «Du kannst dich nicht immer nur über alles beschweren, sondern musst auch einmal etwas selbst machen – und dann merkst du schnell, dass es teilweise gar nicht so leicht ist, etwas umzusetzen oder zu verändern.» 

Doch dass die Powerfrau etwas – oder besser gesagt viel – bewegen kann, lässt sich kaum bestreiten: Familie, Hof mit Direktvermarktung, Schulkäserei, gemeinnütziges Engagement – wie bringt das Barbara Gafner alles unter einen Hut? «Klar ist der Tag ausgefüllt. Es gibt immer etwas zu tun, schliesslich sollen auch die Kinder nicht zu kurz kommen, und die Buchhaltung oder sonstige Büroarbeiten erledigen sich auch nicht von selbst. Dass ich mich während des Tages hinsetze und ein Buch lese, gibt es nicht.» Sie habe sich jedoch bewusst für diesen Lebensstil entschieden und arbeite gerne: «Ich bin glücklich, wenn ich mich körperlich betätige – egal auf welche Art. Einen Grossteil meines Bewegungsdrangs kann ich bereits durch meine Arbeiten auf dem Hof und das körperlich intensive Käsen abdecken.» Ausserdem finde sie es wichtig, sich regelmässig eine Pause vom Alltag zu gönnen. So bedeutet ihr das Zusammensein mit ihrer Familie und ihren Befreundeten sehr viel, denn es lässt Barbara Gafner zur Ruhe kommen und schenkt ihr neue Energie – damit sie auch weiterhin mit viel Herzblut und Tatendrang Erstaunliches leisten kann.

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