Fritz Hari: Wo Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt grossgeschrieben werden
Fritz Hari: Wo Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt grossgeschrieben werden
Das Restaurant Pochtenfall ist idyllisch gelegen und nicht nur Heimat, sondern auch Ausgangspunkt für zahlreiche Entdeckungstouren seines ehemaligen Wirts, Fritz Hari, alt Nationalrat aus Reichenbach. Im Gespräch blickt er zurück auf 86 Jahre pures Leben.
Text: Janina Stucki | Fotos: Christine Hunkeler
Beat Künzi, im Juli wird für Sie ein Kindheitstraum wahr. Sie spielen im Musical-Klassiker CATS mit, der vom 12. Juli bis 24. August auf der Thuner Seebühne aufgeführt wird. Warum ist CATS ein Kindheitstraum?
Ganz einfach: CATS war eines der allerersten Musicals, die ich als Jugendlicher gesehen habe. Ich kannte ja bereits die Musik – insbesondere der Hit «Memory», den die alte Katze Grizabella singt, begleitete mich viele Jahre. Nun selbst in diesem für mich so prägenden Musical auf der Bühne stehen zu dürfen, ist toll! Als Laie in einer professionellen Produktion mitwirken zu dürfen, macht mich sehr stolz. Die Bühne – und insbesondere die Thuner Seebühne – bringt eine riesige Faszination mit sich. Das Gefühl, vor einem so grossen Publikum im Rampenlicht zu stehen, ist einmalig. Und macht süchtig (lacht).
Welche Rolle spielen Sie in CATS?
Ich bin als Chormitglied Teil des Ensembles. Welchen Charakter meine Katze haben wird, wird sich bei den Proben herausstellen. Ich bin sicher, dass sich unsere Regisseurin und Choreografin Kim Duddy etwas Tolles ausgedacht hat.
Der Weg entlang des Suldbachs ins hintere Suldtal zeigt sich malerisch und die engen Kurven führen vorbei an einer üppigen Pflanzenwelt. Nur schwer kann man glauben, dass sich diese Idylle praktisch vor der eigenen Haustür befindet. Dort, am Ende der Strasse, liegt das Restaurant Pochtenfall. Bereits seit 100 Jahren findet sich da ein Ort, an dem Gäste willkommen sind. Fritz Hari, seines Zeichens SVP-Nationalrat, führte während 35 Jahren das Restaurant zusammen mit seiner Frau. Vor knapp 20 Jahren haben sie es dann in die Obhut einer der drei Töchter gegeben. Wirklich im Ruhestand befindet sich Hari aber nicht: «Meine Frau und ich sind eigentlich jeden Tag hier im Restaurant. Meine Aufgabe ist es, mich um das Wohl der Gäste zu kümmern. Das ist wichtig und braucht Zeit.» Und tatsächlich scheint es, als ob viele der Gäste nicht nur des zauberhaften Ambientes und der guten Küche wegen kommen. Hari versteht es, seine Gäste zu umsorgen und zu unterhalten. In humorvoller, aber sehr bescheidener Manier gibt er Auskunft, erzählt Anekdoten und nimmt sich immer mal wieder Zeit für ein Schwätzchen. Dabei spielt es keine Rolle, wer sich bei ihm einfindet: «Wissen Sie, ein Arbeiter bezahlt gleichviel für sein Bier wie ein hoher Politiker. Warum sollten sie also unterschiedlich behandelt werden?»
Eine lebenslange Passion
Hari ist heute 86 Jahre alt. Aufgewachsen ist er in Reichenbach auf dem Hof, den er später auch übernahm. Zusätzlich zum Hof hielten die Eltern auf der Alp Obersuld auch noch eine Käserei in Pacht. «Irgendwann fingen die Leute an, vermehrtes Interesse an den Abläufen in einer Alp-Käserei zu entwickeln. Wir hatten immer mehr Besucher und haben angefangen, Führungen zu machen.» Das und der Umstand, dass ihm der Grossvater, noch bevor er lesen konnte, einen Pflanzenatlas geschenkt hatte, verhalf ihm zu einer lebenslangen Passion. Seit 60 Jahren führt er in der Region des Suldtals jeweils mittwochs oder für Gruppen auch auf Anfrage botanische Führungen durch. Die Förderung und Erhaltung der natürlichen Flora seiner Heimatregion liegt ihm sehr am Herzen und so hat er massgeblich dazu beigetragen, dass das Suldtal seit 1968 unter Naturschutz steht. Auf diesen dreistündigen Führungen, die nicht nur für Laien und Hobby-Botaniker interessant sind, sondern auch schon gestandene Botanik-Professoren zu verblüffen vermochten, werden dem Besucher zwischen 120 und 160 Pflanzen vorgestellt. «Ab und an kann es schon vorkommen, dass ich noch etwas Neues entdecke – das fuchst mich dann aber.» Dies komme aber schon höchst selten vor.
Ferienersatz
Am Wochenende feiern die Haris häufig spontan eine Familienzusammenkunft. «Gerade im Sommer, wenn auf der Terrasse alle 350 Plätze besetzt sind, ist meine Tochter auf die Hilfe ihrer Schwestern angewiesen. Dann kommt eine – oder auch einmal beide – und packt in der Küche mit an.» Die Familie ist mittlerweile gross – sechs Grosskinder und ein Urenkel gehören dazu und jeder scheint mitanzupacken. Seine Frau und die drei Töchter hätten es aber nicht immer einfach gehabt. Nicht nur als Politiker, sondern auch als Präsident zuerst des Schweizerischen und schliesslich auch des Welt-Simmental-Fleckviehverbands war er oft abwesend. Alle zwei Jahre besuchten sie mit dem Verband ferne Länder oder sogar neue Kontinente, wie zum Beispiel Australien. «So etwas wie Ferien kannten wir nicht, deshalb waren das meine Chancen, etwas von der Welt zu sehen. War ich aber weg, bedeutete das, dass mich meine Frau und die Kinder als Arbeitskraft ersetzen mussten.»
Eine Lektion fürs Leben
Hilfsbereitschaft und das «gemeinsame Anpacken» sind Hari sehr wichtig. Er gehe sogar so weit zu sagen, das sei die Motivation für seine politische Karriere gewesen. Die Ursprünge hiervon sieht er in seiner eigenen Erziehung: «Als ich Kind war, gab es in unserer Region noch wirklich arme Leute. Zu Weihnachten und an anderen Feiertagen brachten wir Geschwister denen, die es wirklich nötig hatten, Käse und Brot, manchmal auch ‹Nidle›. So habe ich gelernt, dass man sich gegenseitig helfen muss. Und auch kann, wenn man sich dafür einsetzt.» Vielleicht wurde Hari deshalb im Alter von 20 Jahren bereits zum Schulgemeindepräsidenten gemacht. Es folgte das Amt des Gemeindepräsidenten von Reichenbach, später wurde er zuerst in den Grossen Rat, dann in den Nationalrat gewählt. Drei Mal wurde er wiedergewählt, mit immer besseren Resultaten. Die Amtszeitbeschränkung auf 16 Jahre, die in der SVP vorherrscht, unterstützt er aber vollkommen. «Stellen Sie sich vor, die würden alle bleiben bis ins hohe Alter, dann kämen ja die Jungen nie zum Zug.»
Exakt und bestimmt
Seine Liebe zur Natur und im Speziellen zu den Bergen hat Hari auch im Militär ausgelebt. 1948 besuchte er die Rekrutenschule, wurde später zuerst Oberst und schliesslich Trainchef eines Gebirgsarmeekorps. Exaktheit und Bestimmtheit sind ihm wichtig und auch das, was ihn zeit seines Lebens am Militär faszinierte. «Die Geschichte lehrt uns, dass es immer wieder zu Situationen kommen kann, in denen eine gute Landesverteidigung wichtig ist.» Gerade dann sei es besonders wichtig, dass diese Charaktereigenschaften ausgebildet seien.
«Stellen Sie sich vor, die würden alle bleiben bis ins hohe Alter, dann kämen ja die Jungen nie zum Zug.»
Das Restaurant
Das Restaurant Pochtenfall liegt unmittelbar bei der Postauto-Station Suld. Die grosszügige Terrasse und die gemütliche Gaststube laden ein zu einfacher und preiswerter Schweizer Küche. Ein Besuch des Restaurants lässt sich wunderbar mit einem kürzeren Spaziergang oder einer ausgedehnten Wanderung durch das romantische Naherholungsgebiet Suldtal verbinden.
Kontakt
Restaurant Pochtenfall
Barbara Hari
3703 Aeschi
Telefon 033 654 18 66
Öffnungszeiten
Mai bis Oktober
täglich 8.00 – 23.00 Uhr