Samy Gugger: Auf den Lachs gekommen
Samy Gugger: Auf den Lachs gekommen
Viele Jahre galt Samy Gugger mit seinen Sportgeschäften in Steffisburg und Thun als Ski- und Laufsport-Experte. Mit 50 wechselte er die Branche – der Lachs hatte es ihm angetan.
Text: Beat Straubhaar
Beat Künzi, im Juli wird für Sie ein Kindheitstraum wahr. Sie spielen im Musical-Klassiker CATS mit, der vom 12. Juli bis 24. August auf der Thuner Seebühne aufgeführt wird. Warum ist CATS ein Kindheitstraum?
Ganz einfach: CATS war eines der allerersten Musicals, die ich als Jugendlicher gesehen habe. Ich kannte ja bereits die Musik – insbesondere der Hit «Memory», den die alte Katze Grizabella singt, begleitete mich viele Jahre. Nun selbst in diesem für mich so prägenden Musical auf der Bühne stehen zu dürfen, ist toll! Als Laie in einer professionellen Produktion mitwirken zu dürfen, macht mich sehr stolz. Die Bühne – und insbesondere die Thuner Seebühne – bringt eine riesige Faszination mit sich. Das Gefühl, vor einem so grossen Publikum im Rampenlicht zu stehen, ist einmalig. Und macht süchtig (lacht).
Welche Rolle spielen Sie in CATS?
Ich bin als Chormitglied Teil des Ensembles. Welchen Charakter meine Katze haben wird, wird sich bei den Proben herausstellen. Ich bin sicher, dass sich unsere Regisseurin und Choreografin Kim Duddy etwas Tolles ausgedacht hat.
Am Tisch in der Küche eines schön gelegenen Stöcklis im Nächstenacker unterhalb Heimenschwand breitet einer sein intensives Leben aus. 59 Jahre und 138 Monate lang sei es – rechne! Der 70-jährige Samy Gugger zieht Bilanz und spricht vom Kürzertreten, getreu seinem Lebensmotto: «Ich habe immer versucht, die Arbeit dem Alter anzupassen.»
Sturm und Drang
Aufgewachsen ist er in Heimenschwand. Der KV-Lehre bei der Maschinenfabrik Habegger folgten Sprachaufenthalte im Welschland und in England. «Als Schüler setzte ich mir das Ziel, später einmal die Sprachen besser zu können, als die Lehrer es taten», schmunzelt Samy Gugger. Dann wanderte er für zwei Jahre nach Kanada aus, arbeitete an der Weltausstellung in Montreal als Pizzabäcker und Produzent der «besten Pommes der Expo», teilweise in Doppelschicht, um möglichst viel Geld zu verdienen. Später lebte er in Calgary, arbeitete auf dem Bau oder im Winter im Norden Kanadas auf Ölfeldern. 1968 gings per Autostopp nach Alaska. «Ich war sofort fasziniert von diesem Land», erzählt er rückblickend. Bevor es Samy Gugger wieder heimwärts zog, fuhr er mit Kollegen im VW-Bus die USA-Westküste entlang nach Mexiko.
Start als Geschäftsmann
Zurück in Thun, stieg er bei seiner Lehrfirma im Verkauf ein, später übernahm er den Verkauf von Metallsägebändern der Firma Habegger. In dieser Zeit wurde er JO-Chef und Präsident beim Skiclub Bärgchutze. «Ich war nie ein speziell guter Skirennfahrer, aber ich sah in jungen Rennfahrern Potenzial», meint er. Mit dem Kauf einer Kantenschleifmaschine zur Präparation der Rennskis legte er den Grundstein zu zwei erfolgreichen Sportgeschäften in Steffisburg und beim 3M-Center in Thun. «Ich spielte beim FC Thun bei den Junioren Fussball, war Langstreckenläufer, spielte Tennis und bin nach wie vor ein begeisterter Skifahrer alpin und nordisch sowie Biker», erklärt Gugger. Seine Geschäfte seien gut gelaufen, weil die Kundschaft wusste, dass er als aktiver Sportler Erfahrung hatte und wusste, wovon er sprach. In dieser Zeit wurde er Chef Alpin beim Berner Oberländer Skiverband (BOSV), ein Amt, das er zehn Jahre inne hatte. Als Technischer Delegierter der Fédération Internationale de Ski (FIS) stellte sich der Skisport-Fan über 20 Jahre zur Verfügung.
Verkauf der Sportgeschäfte
Wie lautete Samy Guggers Lebensmotto? «Die Arbeit dem Alter anpassen» – 1993 verkaufte er seine Sportgeschäfte, nachdem er Erich Näpflin, den ehemaligen Skiprofi aus Wengen, in seiner Moosehorn Lodge in Alaska besucht hatte und dort nach Lachs fischte. «Ich war erneut fasziniert vom Land und vom Lachs», beschreibt Gugger das wegweisende Erlebnis. Und wie der Zufall im Leben manchmal so spielt, kam ein Jahr später die Anfrage der Firma Trappers Creek Smoking Co. in Anchorage, ob er die Vertretung für die Schweiz übernehmen möchte. Er sagte zu und organisierte von da an auch die gemeinsame Fischeinfuhr für die mehreren Hundert Fischer, die jährlich in Alaska erfolgreiche Fischerferien verbringen.
Der Bär hat Vorrecht
Samy Gugger wurde vom Alaska-Virus gepackt. «Die grosse Weite – Alaska ist vierzigmal so gross wie die Schweiz, hat aber zehnmal weniger Einwohner –, die langen Tage und die wunderbaren Sonnenuntergänge sowie das trockene Klima haben es mir angetan», erklärt er die Vorzüge des Landes. «Zudem bin ich vom Lachs und von seinem Lebenszyklus fasziniert», fügt er an. Jährlich verbringt er die Zeit von anfangs Juni bis gegen Ende August, wenn die grosse Lachswanderung im Gang ist, in seinem Häuschen am Morvro-Lake oder pilotiert gemietete Wasser- und Landflugzeuge in andere Fanggebiete. Alaska ist praktisch noch das einzige Land, in dem es genügend Wildlachse gibt. Der Fischfang wird nachhaltig betrieben und kontrolliert. Und wie steht Samy Gugger, der Berner Bär, zu den fischfressenden Braunbären und Grizzlys. «Man muss dem Bären jederzeit Vorrecht gewähren – auch wenn er sich für den Fisch an deiner Angel interessiert», erklärt der Profi mit einem Lächeln.
Grosser Erfolg
Im ersten Jahr seines Lachshandels fuhr der Nimmermüde mit total 350 Kilo Lachs unter anderem auf den Thuner Markt. «Das Vertrauen meiner ehemaligen Sportgeschäfts-Kunden ging auf den Lachs über», und so sei er im ersten Jahr an Weihnachten ausverkauft gewesen. In der Zwischenzeit hat seine Geschäftstätigkeit stark zugenommen, geliefert wird vom Lager in Uetendorf in die ganze Schweiz und das angrenzende Ausland. Mit dem lockeren Spruch «es paar Töneli sis scho» lässt er sich nur bedingt in den Geschäftserfolg des Wildlachsimports blicken. Auf die Frage, welchen Lachs er persönlich bevorzuge, meint er ohne zu zögern: «Das Wildlachsfilet vom Sockeye, dem Rotlachs, kalt geräuchert, aber auch ein rohes Filet auf dem Grill ist eine Delikatesse und erst noch sehr gesund!» Weil Samy Gugger auch mit 70 seinem Lebensmotto treu bleibt, plant er seinen Abgang aus dem Geschäft. Tochter Anja ist ins Importgeschäft eingestiegen und die Individualreisen «Chinook Tours» hat er seiner langjährigen Geschäftspartnerin Lotti Plüss übergeben. «Chasch ja nid immer meh chrampfe» – sein Wunsch wäre es, weiterhin und noch möglichst lange den Sommer in Alaska verbringen zu können, meint er abschliessend. Dazwischen will er der Tochter zu Rate gehen und als Präsident der SVP-Sektion Buchholterberg-Wachseldorn die bürgerliche Politik unterstützen. Nicht zuletzt, um die Selbständigkeit der Schweiz gegenüber der EU zu erhalten.
«Iss Alaska-Wildlachs wie ein Grizzly-Bär, dann wirst Du gross und stark wie er!»
Eindrücklicher Lebenszyklus des Lachses
Alle fünf Pazifiklachsarten werden in den sauberen, glasklaren und eiskalten Gewässern in Alaska geboren. Sie machen eine mehrjährige Reise durch den Pazifik und kehren an ihren Geburtsort zum Laichen zurück, danach sterben sie. Ein bis zwei Prozent der Lachse werden auf der Wanderung zu den Laichgebieten von Bären und Hobbyfischern gefangen, maximal 20 Prozent von den Berufsfischern. Im Angebot von Samy Gugger stehen vor allem der Rotlachs Sockeye und der Königslachs.