Beat Künzi: Die singende Katze auf der Seebühne
Beat Künzi: Die singende Katze auf der Seebühne
Er steht im Sommer als Chorsänger im Musical-Klassiker CATS auf der Thuner Seebühne. Seit vielen Jahren wirkt er bei den Musicals auf dem Thunersee mit. Damit nicht genug: Er ist ein höchst erfolgreicher Turniertänzer und mehrfacher Schweizermeister. Und «nebenbei» arbeitet er als Gärtner und Florist in einem Blumenladen in Steffisburg. Ein Gespräch mit dem Multitalent Beat Künzi (37).
Text: Hans R. Amrein | Fotos: Hans R. Amrein, zvg
Beat Künzi, im Juli wird für Sie ein Kindheitstraum wahr. Sie spielen im Musical-Klassiker CATS mit, der vom 12. Juli bis 24. August auf der Thuner Seebühne aufgeführt wird. Warum ist CATS ein Kindheitstraum?
Ganz einfach: CATS war eines der allerersten Musicals, die ich als Jugendlicher gesehen habe. Ich kannte ja bereits die Musik – insbesondere der Hit «Memory», den die alte Katze Grizabella singt, begleitete mich viele Jahre. Nun selbst in diesem für mich so prägenden Musical auf der Bühne stehen zu dürfen, ist toll! Als Laie in einer professionellen Produktion mitwirken zu dürfen, macht mich sehr stolz. Die Bühne – und insbesondere die Thuner Seebühne – bringt eine riesige Faszination mit sich. Das Gefühl, vor einem so grossen Publikum im Rampenlicht zu stehen, ist einmalig. Und macht süchtig (lacht).
Welche Rolle spielen Sie in CATS?
Ich bin als Chormitglied Teil des Ensembles. Welchen Charakter meine Katze haben wird, wird sich bei den Proben herausstellen. Ich bin sicher, dass sich unsere Regisseurin und Choreografin Kim Duddy etwas Tolles ausgedacht hat.
Die Bühne bringt eine riesige Faszination mit sich.
«Für mich sind Texte, die mit Musik verbunden sind, einfacher zu lernen als Sprechtexte.»
Mal ganz ehrlich: Was fasziniert Sie so an dieser Katzen-Show?
Das Bühnenbild und die Kostüme haben mich schon immer fasziniert. Die Verwandlung der Menschen zu Katzen, die Veränderung der Bewegungen und Charaktermerkmale, die durch Kostüme und Maske entstehen, sind ganz einfach faszinierend. Sie lieben Musicals, wie man in Ihrem Lebenslauf nachlesen kann.
Warum Musicals?
Seit meinem allerersten Musical-Besuch – damals Grease in Basel – bin ich fasziniert von der glitzernden Theaterwelt. Die Verbindung von Musik, Tanz und Schauspiel im Musical-Genre ist beeindruckend und einzigartig. Was die Musical-Darstellerinnen und -darsteller da leisten, um einen in eine ganz andere Welt eintauchen zu lassen, ist schlicht fantastisch. Im vergangenen März haben die Proben zu CATS begonnen.
Worin besteht eigentlich die grosse Herausforderung, in so einem Musical mitzuwirken?
Gute Frage! Nun, die Musik von Andrew Lloyd Webber fasziniert mich sehr und hat mich unter anderem dazu bewogen, mich zu bewerben. Als Chormitglied und Laie oder Halb-Profi ist es gleichzeitig sehr spannend und lehrreich, aber auch herausfordernd, mit Profis zusammenzuarbeiten. Etwas mehr als die Hälfte des 50-köpfigen Ensembles sind ausgebildete Musical-Darsteller. Uns dort zu integrieren, vollwertiger Teil des Teams zu sein und auch in der Leistung nicht abzufallen, ist harte Arbeit. Gerade, weil wir Chormitglieder tagsüber unserer regulären Arbeit nachgehen und abends sowie am Wochenende zusätzlich proben. Ein grosses Pensum, das viel Organisation und Planung bedarf.
Müssen Sie, zum Beispiel auf der Grundlage eines Drehbuches, Texte auswendig lernen?
Seit Mitte März probt der Chor bereits musikalisch. So haben wir den Profis gegenüber einen kleinen Vorsprung und lernen die Liedtexte schon mal auswendig. Für mich sind Texte, die mit Musik verbunden sind, einfacher zu lernen als Sprechtexte. Die Melodie und die Rhythmen sind sehr eingängig. Das hilft beim Auswendiglernen. Ausserdem ist CATS ein sehr bekanntes Musical, dessen Musik ich oft höre und so viele Texte bereits kenne.
Sie haben bereits früher an den Thunerseespielen mitgemacht. Sie waren Chormitglied bei den Produktionen «Der Besuch der alten Dame» (2013) und bei «Aida» (2014). Sind Sie eigentlich ein ausgebildeter Sänger?
Nein, ich bin nicht ausgebildeter, aber leidenschaftlicher Sänger! Musik war in unserer Familie schon in Kindertagen omnipräsent, meine Eltern musizierten viel. Meine Mutter jodelte, mein Vater sang im Männerchor. Es war ihnen wichtig, meine Geschwister und mich musikalisch zu fördern. Früher war ich ausserdem in der Musikgesellschaft Wattenwil und spielte verschiedene Instrumente. Später habe ich in Chören gesungen und mich so mit verschiedenen Techniken und den theoretischen Grundlagen auseinandergesetzt. Seit einigen Jahren nehme ich regelmässig Gesangsstunden. Auch der Tanz hilft bei der Musikalität sehr.
Im Sommer vor zwei Jahren waren Sie «Ankleider» unter der Bühne der Thunerseespiel-Produktion «Romeo und Julia». Was tut ein «Ankleider»? Und wie sind Sie zu dieser «Rolle» gekommen?
Die Thunerseespiele faszinieren mich seit vielen Jahren. Bei der allerersten Produktion, Evita, im Jahr 2003 stand ich bereits auf der Bühne. Nach zehn Jahren Pause stieg ich 2013 bei «Der Besuch der alten Dame» wieder ein. Weil ich mich mit dem Musical «Romeo & Julia» nicht so identifizieren konnte, entschied ich mich dazu, hinter den Kulissen mitzuwirken. Es war faszinierend zu sehen, was backstage während einer Vorstellung alles läuft. Was es braucht, um so eine Musical-Produktion zu stemmen. Es ist eine riesige Team-Leistung – und die Arbeit als Ankleider hat mein Verständnis enorm erweitert. Als Ankleider ist man dafür verantwortlich, dass die Musical-Darsteller zur richtigen Zeit die richtigen Kostüme haben. Ankleider nähen ausserdem Knöpfe an, bügeln Hemden auf, helfen bei schnellen Kostümwechseln und sind während der Vorstellung für alle Sorgen und Nöte rund um die Kostüme da. Und am Ende der Vorstellung räumen die Ankleider die Kostüme auf und bereiten alles für den nächsten Musical-Abend vor.
Sie sind gelernter Gärtner und Florist und arbeiten bei Blumen Gerber & Co. in Steffisburg als stellvertretender Blumenladenleiter. Was reizt Sie an diesem Beruf?
Die kreative Arbeit mit den Händen, die tollen Farben der Blumen und die Umsetzung der Kundenwünsche zu den verschiedenen Anlässen faszinieren mich unglaublich. Blumen können so viel bewirken und Emotionen auslösen. Die familiäre Atmosphäre bei Blumen Gerber & Co. und das Super-Team geben mir sehr viel. Ohne die Unterstützung meines Arbeitgebers und meiner Arbeitskolleginnen wäre ein Engagement bei den Thunerseespielen gar nicht möglich! In den Sommermonaten erhalte ich sehr viele Freiheiten und meine Arbeitskolleginnen springen für mich ein, wenn Bühnenproben anstehen. Das ist nicht selbstverständlich und ich bin sehr dankbar dafür. Blumen, Gärten und Musicals.
Das ist das eine, andererseits sind Sie seit vielen Jahren ein sehr erfolgreicher Turniertänzer. Sie haben zum Beispiel mehrere Schweizermeistertitel gewonnen. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?
(lacht) Manchmal wünschte ich mir, der Hut wäre noch ein Stück grösser! Alle Termine zu koordinieren und aneinander vorbeizubringen ist schon eine Herausforderung. Es bedarf definitiv einer guten Jahresplanung. Gerade die Tanzturniere und die Proben der Thunerseespiele sind gut planbar. So habe ich die Chance, bereits im Januar zu koordinieren, welche Termine in welchen Monaten anstehen. Meine Tanzpartnerin ist glücklicherweise sehr gut organisiert und agiert als meine externe Festplatte (grinst). Ihre Unterstützung bei der Vorbereitung der Trainings und Turniere ist natürlich Gold wert!
Das Tanzen ist Ihre grosse Leidenschaft. Warum?
Das Vereinen von Musik und Bewegung liegt mir sehr. Tanzen ist eine Möglichkeit, Emotionen auszudrücken. Nach ersten Schnupperstunden in der Schulzeit habe ich mich auf Standard- und Lateintänze spezialisiert. Bei Swiss Dance habe ich im Jahr 2006 meine fünfjährige Ausbildung zum Tanzlehrer begonnen und 2011 abgeschlossen. Eine spannende, intensive Zeit, dank der ich heute die Chance habe, meine Leidenschaft weiterzugeben. Gleichzeitig tanze ich seit vielen Jahren mit meiner Tanzpartnerin Turniere. So sind wir am Wochenende viel unterwegs. Unter der Woche trainieren und unterrichten wir täglich.
Können Sie sich vorstellen, als Solotänzer in einem Musical auf der Thuner Seebühne aufzutreten?
Klar, eine Solotanzkarriere wäre schon spannend. Dafür bin ich wohl aber schon zu alt. Mein tänzerischer Werdegang geht auch eher in eine andere Richtung. Ich bin im Paartanz ausgebildet, was doch ganz anders ist als die klassischen Ballett- oder Jazzausbildungen. Auf der Thuner Seebühne Tanzrollen zu bekommen und mit den Profis zu tanzen reizt mich aber sehr.
Haben Sie überhaupt noch ein Privatleben? Sind Sie verheiratet oder leben Sie in einer Partnerschaft?
Kinder, Familie … … Ich bin ständig unterwegs, das stimmt. Viel Zeit für mich alleine bleibt tatsächlich nicht. Alles, was ich tue, bereitet mir Freude, ich mache es voller Leidenschaft. Gerade das Unterrichten und der Kundenkontakt geben mir enorm viel. Wenn ich mal eine freie Minute habe, liebe ich es, zu Hause zu sein, zu kochen und mit Freunden Zeit zu verbringen.
Eine Karriere als professioneller Turniertänzer – war das früher mal ein Thema?
Ja, das war mal Thema. Die Schweiz ist aber ein hartes Pflaster. Es gibt nur wenige Turniertänzer, kaum Turniere. Wir sind eher in einer Randsportart zu Hause, die ohne Sponsoring auskommen muss. Reisen an Turniere ins Ausland, Trainings und die Turnierkleider bezahlen wir aus eigener Tasche. Den Lebensunterhalt als Vollzeitprofi im Paartanz zu bestreiten ist in der Schweiz praktisch unmöglich.
Zurück zu CATS auf der Thuner Seebühne. Sie haben das Musical, wie bereits erwähnt, als 18-jähriger Jüngling gesehen. An welche Szene können Sie sich noch gut erinnern? Was hat Sie damals vor allem beeindruckt?
Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir der «Jellicle Ball». In dieser Szene sind alle Katzen auf der Bühne. Eine riesige Show, die schon in der Mitte des Stücks ein erstes tänzerisches Highlight darstellt. Auch das Bühnenbild hat mir gefallen.
Warum sollte man CATS auf der Thuner Seebühne unbedingt sehen und erleben?
Weil CATS in Thun zwar alle schönen Elemente behält, aber einen neuen, moderneren Touch bekommt. Die Hits von Andrew Lloyd Webber und die Texte bleiben unverändert. Beim Bühnenbild und den Kostümen geht das Kreativ-Team einen neuen Weg, der aber immer noch nah am Original sein wird – Katzenohren und Katzenschwanz inklusive. Mein Kostüm und meine Perücke durfte ich schon mal anprobieren. Eines ist klar: Es wird katzig (lacht). Kommen wir langsam zum Schluss:
Welchen Musical-Traum träumen Sie noch?
Einmal in «Tanz der Vampire» dabei zu sein, ist mein grosser Traum. Wer weiss, vielleicht geht er ja irgendwann in Erfüllung…
«Tanzen ist eine Möglichkeit, Emotionen auszudrücken.»
Und welchen Traum möchten Sie als Tänzer unbedingt noch verwirklichen?
Meine Wünsche und Träume im tänzerischen Bereich konnte ich gemeinsam mit meiner Tanzpartnerin in den letzten Jahren erfüllen. Wir haben uns Ziele gesteckt und diese auch erreicht. Die Träume, Schweizermeister zu werden und einmal an einer Weltmeisterschaft zu tanzen, haben wir uns selbst erfüllen können. Dass wir sogar acht Mal Berner Meister geworden sind, hätten wir uns nie träumen lassen! Der nächste Schritt – irgendwann mal nach der Tänzerkarriere – ist der, als Trainer dem Nachwuchs mein Wissen weitergeben zu können. Darauf freue ich mich sehr. Ein Traum, den ich noch nicht verwirklichen konnte, ist, einmal im Leben mit einer Tanzcompany auf Tournee zu gehen – auf einem Kreuzfahrtschiff zum Beispiel. Letzten Herbst konnte ich schon als Tanzlehrer eine Woche auf dem Schiff unterrichten. Eine tolle Erfahrung, die mir neue Türen öffnet.
Beat Künzi, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg als Katzensänger auf der Thuner Seebühne!
CATS am Thunersee
CATS ist eines der berühmtesten und erfolgreichsten Musicals aller Zeiten. Legendär sind die Melodien von Komponist Sir Andrew Lloyd Webber, faszinierend das Musical über den Jellicle Ball, zu dem sich Londons Katzen treffen. Die mystischen Elemente und sympathischen Figuren ziehen die Zuschauer seit Jahrzehnten in ihren Bann und verzauberten seit der Erstaufführung im Mai 1981 in London Millionen Besucherinnen und Besucher. Allein in New York feierte CATS fast 7500 Vorstellungen und wurde am Londoner «West End» 21 Jahre lang gespielt. Aus den Katzengedichten von T.S. Eliot wurde einer der erfolgreichsten Musical-Klassiker aller Zeiten mit Ohrwürmern wie «Memory» und «Mr. Mistoffelees».
Die Geschichte ist schnell erzählt: In einer mystischen Vollmondnacht versammeln sich Londons streunende Katzen zum legendären Jellicle Ball, an dem deren Oberhaupt Alt Deuteronimus einen der Vierbeiner für die Wiedergeburt in ein neues Katzenleben aussucht. Im Zuge der Wahl stellen sich die Katzen vor und erzählen ihre allzu menschlichen Lebensgeschichten. Eine bunte Katzen-Show beginnt.
Auf die Umsetzung der Erfolgsgeschichte am Thunersee darf man besonders gespannt sein. Denn für die grosse Openair-Bühne wird sich das Team um Regisseurin und Choreografin Kim Duddy etwas Neues, noch nie Dagewesenes einfallen lassen. Tickets und Geschenkgutscheine sind erhältlich unter www.thunerseespiele.ch