Kunst ohne Grenzen

Kunst ohne Grenzen

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Die Thuner Künstlerin Mirjam Dürrenmatt hat sich vergleichsweise spät der Kunst zugewandt, ist aber nun umso leidenschaftlicher dabei. Mit vielseitigen Techniken erschafft sie überraschende Werke. In ihrem Atelier Picassa teilt sie ihre Begeisterung und ihr Können in verschiedenen Kursen mit Kunstinteressierten.

Text: David Heinen | Bilder: zvg

So wie die meisten Kinder hat auch Mirjam Dürrenmatt in der Schule gemalt aber ohne viel Begeisterung. Es gab ihr zu viele Regeln, alles war zu detailversessen. «Ich musste mal ein Picasso Bild in zentimetergrosse Quadrate unterteilen und es daraufhin exakt kopieren und vergrössern. Das empfand ich als ungeheuer pedantisch. Die Leidenschaft fürs Malen hat die Künstlerin erst viel später und über einige Umwege entdeckt. 

Der lange Weg zur Kunst
Nach der Matur wollte die gebürtige St. Gallerin etwas Praktisches machen und entschied sich deswegen für eine Ausbildung zur Pflegefachfrau. Diese war es auch, die Mirjam Dürrenmatt in die Region brachte. Es folgten Anstellungen in verschiedenen Spitälern, bei der Spitex und schliesslich in einer Arztpraxis. Heirat und drei Kinder füllten sie in den folgenden Jahren aus. Der Wiedereinstieg in den Beruf erwies sich später als schwierig. Damals herrschte noch kein Fachkräftemangel im Gesundheitswesen, und es waren fast nur 100 Prozent Stellen ausgeschrieben – zu viel für die Mutter von drei kleinen Kindern. Ihre Leidenschaft für Bücher brachte sie auf eine neue Idee: Sie besuchte in Zürich einen Quereinsteigerkurs zum Buchhandel. Die weiträumige Suche nach einer festen Stelle in einer Buchhandlung blieb jedoch erfolglos. «Ich war vermutlich zu teuer; alle wollten Jüngere einstellen. So stand sie einmal mehr vor der Frage, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Die Kinder verliessen nach und nach das Haus und sie hatte eine Sinnkrise. Sie meldete sich schliesslich an der Schule für Gestaltung in Bern für einen Kurs in experimentellem Malen an. Da bot sich die Gelegenheit, sehr grossformatige Bilder zu malen. Sie liess sich darauf ein, malte darauf los und es entstanden riesige Bilder in starken Farben, die sie selber überraschten. Bald merkte sie, dass diese kreativen Stunden sie enorm erfüllten – eine neue Leidenschaft war geboren.

 

Vielfalt erleben
Ein wichtiger Moment in ihrer Künstlerinnenlaufbahn war die Begegnung mit der Thuner Künstlerin Uschla Ramseier, die in ihrem Atelier auch Malkurse anbot. In einem solchen Kurs war es diese gestandene Künstlerin, die Mirjam Dürrenmatt – die vorher oft Bilder von Künstlern kopiert hatte – ermutigte, nicht mehr zu kopieren, sondern Eigenes zu schaffen. «Das war wie eine Initialzündung. Ich merkte, dass ich ganz vieles ausprobieren will.» Jetzt absolviert sie ein vierjähriges Portfolio an der Schule für Gestaltung in Bern, bei der sie sich in den unterschiedlichsten Techniken ausbilden lässt. Gerade diese Vielfalt macht das künstlerische Schaffen von Mirjam Dürrenmatt heute aus. Sie liebt es, zu experimentieren und sich immer wieder neu zu erfinden. Am meisten verwendet sie Acrylfarben, aber auch Öl, Kohle, Aquarellfarbe und Pastellkreide. Sie stellt Collagen aus Papier und vielen anderen Materialien her. In ihrem Atelier hat sie dafür auch ganze Gestelle voller Naturmaterialien, Wellkarton, Papieren aller Art, Schnüren, Stoffen, Verpackungsmaterial und gesammelten Dingen von überall her und kann für ihre Werke so aus dem Vollen schöpfen. Am liebsten kombiniert sie mehrere Techniken – Mixed Media nennt sich dieser Ansatz. Dabei beschränkt sich die Künstlerin nicht nur auf Flächen, sondern verleiht mithilfe von Strukturpasten und aufgeklebten oder eingefügten Elementen ihren Bildern eine greifbare Dimension.

Auch bei den Motiven legt sie sich nicht fest. Egal ob Tiere, Menschen, Landschaften oder abstrakte Formen – die Abwechslung inspiriert sie. Ihr Stil ist kraftvoll, farbenreich und lebendig, oft auch gewagt. Sie vermeidet Perfektion und pedantische Genauigkeit bewusst. «Ein 08/15 Bild, das wie eine Fotografie aussieht, kann man auch im Internet herunterladen oder bei Ikea kaufen. Sie möchte dagegen die Betrachter:innen ihrer Bilder überraschen, Emotionen wecken und zum Nachdenken anregen. Es gibt Tage, an denen sich Mirjam Dürrenmatt von der Vielzahl an Möglichkeiten überwältigt fühlt, an denen sie ihren Fokus finden muss. Aber das gehört für sie zum kreativen Prozess dazu. 

Die Freude weitergeben
Vor rund zwei Jahren entschied sich Uschla Ramseier, ihr Atelier aufzulösen, und wandte sich an Mirjam Dürrenmatt, ob sie die Räumlichkeiten übernehmen möchte. «Ein solches Angebot bekommt man nur einmal – ich sagte gleich zu. So entstand das Atelier Picassa. Hier malt sie selber, experimentiert und ist an mehreren Werken gleichzeitig dran. Zudem gründete sie zusammen mit ehemaligen Teilnehmenden der Kurse von Uschla Ramseier den «Künstlerclub», bei dem das gemeinsame Malen im Fokus steht.

Die Künstlerin, die sehr gern auch Lehrerin geworden wäre, möchte das Gelernte nun an andere weitergeben. So gab sie im Sommer 2023 den ersten Ferienpasskurs für Kinder, der sich als voller Erfolg erwies. Inzwischen bietet sie fortlaufende Quartalskurse für Kinder ab 7 Jahren an. Parallel dazu baute sie auch Kurse für Erwachsene auf. Das Interesse wächst stetig, und immer mehr Menschen besuchen ihre Kurse. Ihr Angebot ist dabei vielfältig und flexibel, sodass Menschen jeden Alters und aus verschiedenen Lebensbereichen teilnehmen. Mirjam Dürrenmatt macht es grosse Freude, ihr Wissen weiterzugeben. «Es ist sehr erfüllend, zu sehen, wie jemand mit meiner Hilfe manchmal nur mit wenigen Tipps vorankommt und sich weiterentwickelt.» Für jedes Budget bietet sie passendes Material an, was besonders beliebt ist, da die Teilnehmenden auf günstigen Materialien üben können, bevor sie sich an grössere Projekte wagen.

Neben ihren bestehenden Kursen entwickelt sie immer neue Projekte. So ist sie etwa mit der Beratungsstelle Thun von Alzheimer Bern in Kontakt, um ihre Angebote bekannt zu machen. Individuell geht sie auf Bedürfnisse ein, kann so Angehörige entlasten und gleichzeitig ihre Erfahrung als Pflegefachfrau mit dem künstlerischen Schaffen verbinden. Auch für Tourist:innen hat sie ein kreatives Angebot entwickelt: Bei schlechtem Wetter können diese ihre Ferienerinnerungen in Form von selbst gemalten Postkarten und Bildern vom Thunersee, regionalen Sehenswürdigkeiten oder Berner Oberländer Bergen festhalten. Mirjam Dürrenmatt ist überzeugt, dass jeder und jede kreativ sein kann, wenn er sich auf etwas Neues einlässt. «Frech und mutig Ungewohntes ausprobieren?» steht ja auch auf ihrer Website und ihren Flyern.

Und wieso eigentlich der Name Picassa? «Ich bin ein grosser Fan von Picasso. Er war enorm vielseitig: Er malte nicht nur ausserordentlich viele Zeichnungen und Bilder, sondern schuf auch Grafiken und Skulpturen und war einer der ersten Künstler, die Collagen herstellten. Er experimentierte sogar mit Licht. Sein Leben lang war er neugierig und erfinderisch, probierte immer wieder Neues aus. Das inspiriert mich.»

Kontakt 


Atelier Picassa 
Mirjam Dürrenmatt
Mittlere Strasse 12, 3600 Thun
www.atelierpicassa.ch 


«Yvonne Spycher, quelle découverte magnifique!»

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