Restaurant Rimini: Tutto bene? Tutto!

Restaurant Rimini: Tutto bene? Tutto!

Restaurant Rimini: Tutto bene? Tutto!

«Im Winter am Schtrand vo Rimini» – das ist weit weg von Thun. Das Rimini an der unteren Hauptgasse ist nah. Und wer einmal hier per Zufall gegessen hat – «grad denn, wo aui si gange», wird immer wieder kommen und sagt sich dabei: «Tja, de fö mir haut vo voren a». Ob allerdings Büne Huber schon einmal in der Trattoria Rimini gegessen hat, wissen wir nicht.

Text: Martin Jenni  |  Foto: Romel Janeski, zvg

Lea und Vittorio Maccarone-Renzi sind ein Glücksgriff für Thun und für die altehrwürdige «Helvetia», pardon, Trattoria Rimini, die seit 1982 zu einer stimmungsvollen Beiz mutiert ist, in der kein Thuner Mief, sondern beste «Italianità» durch Ubaldo Baldinini zelebriert wurde und heute durch Lea und Vittorio wird. Zwischendurch schwang Papa Claudio Renzi die Kochlöffel, der den Grundstein zum nachhaltigen Erfolg der Trattoria legte, in der keine Dekor-Maiskolben das Auge beleidigen, sondern elegante Schlichtheit die Atmosphäre bespielt. Das «Rimini» gehört für mich zu den schönsten Lokalen von Thun und auch Auswärtige nimmt der Charme der Beiz sehr schnell gefangen. Und sonst? Das Angebot fordert die Gedanken heraus, bei den Positionen hat es für meinen Geschmack einige zuviel. Gut beraten ist, wer auf die Empfehlungen hört oder an der Tafelrunde unter Freunden mit einer aufgeschnittenen Pizza zum Aperitif beginnt und dann der Küche eine Carte blanche erteilt oder aus dem breit gefächerten Angebot ein mehrgängiges Menü zusammenstellt, welches sich die Runde teilt. So wie in Rimini eben. Ich empfehle vorbehaltlos nach der Pizza etwas Tintenfisch mit weissen Bohnen, den Meeresfrüchtesalat und das rohe, dünn aufgeschnittene, butterzarte Rindfleisch, dazu etwas Focaccia und Rohschinken aus Parma. 

Wenig Leichtgewichte 

Über die Weinauswahl lässt sich diskutieren. Zumindest finde ich zu wenig für meinen Geschmack. Wer grosse Namen und Opulenz im Glas bevorzugt, ist auf der sicheren Seite. Wer mineralische, gar spritzige Weine sucht, sucht vergebens. Was mir fehlt, ist das Überraschende, sind die Leichtgewichte wie einen Rosesse oder Pigato aus Ligurien, einen Grignolino aus dem Piemont oder einen schäumenden Sorbara aus der Emilia. 

Doch zurück zum Essen, das hier im Mittelpunkt steht. Nach den Antipasti müssen drei Primi her, so gut wie diese sind. Da empfehle ich die hausgemachten Spaghetti mit Vongole, gefolgt von den luftigleichten Kartoffelgnocchi und in der Saison das sämige Risotto mit Steinpilzen oder einfach das schlichte, nicht minder gute Weisswein-Risotto. 

Allerdings gäbe es da auch die exzellente im Ofen überbackene Lasagne, so wie sie die Nonna nicht besser hinbekommt. Nach den Vorspeisen und den Zwischengängen wird zum Secondo jegliche Sättigungsbeilage weggelassen, lediglich ein saisonales Gemüse begleitet das Fleisch. Ein Kalbsschnitzel an einer Zitronensauce oder ein Lammnierstück mit Spinat oder klassisch das aufgeschnittene Rindsfilet mit Rucola – alles in bester Qualität, versteht sich. Zuvor etwas Wolfsbarsch im Kartoffelmantel und danach ein Espresso, Grappa e Basta.

Wer sich erst einmal im «Rimini» hinsetzt, bleibt sitzen.


Auf den Punkt gebracht

Wunder kommen keine aus der Küche, das Wunder ist die Trattoria Rimini als Ganzes, in der eine gradlinige und grundehrliche Küche zelebriert wird. Was mir fehlt ist etwas die Opulenz, sind Klassiker, die über die Saltimbocca alla romana hinausgehen. Linsensuppe mit Zunge, dünn geschnittener Kalbskopf in Brodo, Kutteln, gefüllter Tintenfisch, Kalbsbrust oder im Winter ein archaisches «Bolito misto» oder gar ein gefüllter Schweinsfuss, und, und... das wären doch einige Alternativen zum umfassenden Pasta-Angebot. Klar, sind das Gerichte für omnivore Gäste mit Appetit. Aber in der Trattoria Salat essen, ist zwar möglich, aber sinnlos und beleidigend für den Koch, der weitaus mehr kann, als Salatblätter auf den Teller zu drapieren.

Egal. Wer sich erst einmal im «Rimini» hinsetzt, bleibt sitzen. Zu gut ist die Stimmung, zu angeregt das Gespräch mit dem Nachbarn. Nur wer das vertrauliche Liebesgeflüster in trauter Zweisamkeit sucht, wird enttäuscht sein. Wer kommt, der plaudert, trinkt und isst wie in einer grossen Familie. Das Leben findet im «Rimini» gemeinsam statt. Es ist eine kulinarisch kitschfreie Zone, eine Beiz, die viel Spass bereitet, und die den Gast vor jeglichen Allüren einer Trendbeiz bewahrt. Am Besten wird einem das im Keller bewusst. Für 60 Franken wird aufgetischt was die Küche aktuell hergibt. 

Es wird degustiert, Nachschlag verlangt, diskutiert, getrunken, eingeschenkt, ausgetrunken, nachgeschenkt. La dolce vita. Grazie, ciao e a presto. Und fast hätt’ ich’s vergessen. Das mit den quadratischen Tellern muss bitte nicht sein und wäre eine Überlegung wert. Weiss und rund ist der unerreichte Klassiker.





Kontakt
Trattoria Rimini
Untere Hauptgasse 26
3600 Thun
Telefon 033 223 13 20

Öffnungszeiten

Dienstag bis Samstag: 10.00–14.00 und ab 18.00 Uhr.
Für spezielle Anlässe und grössere Gruppen stehen auch der Sonntag und Montag zur Verfügung.

www.trattoria-rimini.ch