Geniessen ab Hof – Wo die Kühe noch Hörner haben
Geniessen ab Hof – Wo die Kühe noch Hörner haben
In Sigriswil auf einer Sonnenterrasse über dem rechten Ufer des Thunersees findet sich der Bio-Betrieb der Familie Kämpf. Auf dem Kastelhof dürfen Kühe noch Kühe sein und geniessen einen herrlichen Blick auf den See und das Bergpanorama. Neben Schule auf dem Bauernhof kommt auch die Homöopathie zum Einsatz.
Text & Fotos: Christine Hunkeler
Christian Kämpf ist gelernter Bauer, in einem kleinen Teilpensum als Wegmeister bei der Gemeinde tätig und alljährlicher Prüfungsexperte bei den Bauernlehrlingen. Zusammen mit seiner Frau Marianne hat er drei erwachsene Kinder. Beat, der Jüngste, hat sich entschieden, dass er den Hof weiterführen wird. Aktuell ist er zu 30% in den Betrieb involviert, sein Vater kümmert sich um den Rest. Beat hat seine Lehre als Landwirt abgeschlossen, die Berufsmaturität geschafft und ist aktuell an der höheren Fachausbildung zum Agrotechniker. Pro Jahr wird auf dem Kastelhof ein Lehrling im dritten Lehrjahr ausgebildet. Auch Praktikanten finden den Weg auf den Hof. Während des Praktikums von drei Wochen bis zu einem Monat können sie hier viel über einen Bio-Betrieb lernen und gleich auch selber mitanpacken.
Bereits Christian Kämpfs Grossvater hat im gleichen Wohnhaus gelebt. So wurde über die Jahre immer wieder ein bisschen Land dazugekauft und erweitert. Auch auf der herrlichen Alp Züsenegg etwas weiter oben verbringen die Kühe, welche in den Sommermonaten nicht im Justistal gealpt werden, ihre Tage und Nächte. Vor zwanzig Jahren hat die Familie Kämpf auf Bio umgestellt. Sie mussten in diesem Zusammenhang kaum etwas ändern, da die Vorfahren auch schon auf Bio eingestellt waren. Auf Papier wurde das Ganze noch festgehalten. Sämtliches Land, welches sie bewirtschaften, ist Grünland. Wegen der Steillage ist die Fläche nicht für den landwirtschaftlichen Ackerbau geeignet, aber ideal, um die Milchkühe an der frischen Luft grasen zu lassen.
Schwerpunkt vom Kastelhof ist die Haltung von Milchkühen für die Bio-Milch. Die Milch wird jeden zweiten Tag von der Cremo abgeholt. Kämpfs halten zur Zeit 23 Milchkühe, 23 Kälber und Rinder. Joya, eine liebenswerte braune Labradorhündin, gehört ebenfalls zum Hof.
Schule auf dem Bauernhof
Alpkäse AOP
Im alten Spycher neben dem Wohnhaus wird der Alpkäse gelagert, welcher jeweils im Sommer oben im Justistal und auf der unteren Zettenalp hergestellt wird. Das offizielle Qualitätszeichen AOP steht für ein traditionelles Erzeugnis mit regionaler Verwurzelung. Diese geschützte Bezeichnung darf nach der Registrierung durch das Bundesamt für Landwirtschaft für Produkte verwendet werden, welche die Herkunfts-, Verfahrens- und Qualitätsbestimmungen vom entsprechenden Pflichtenheft erfüllen. Zertifizierungsstellen, die unabhängig arbeiten, kontrollieren deren Einhaltung. Die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP (Appellation d’Origine Protégée) bietet Gewähr, dass die Qualitätsprodukte im Ursprungsgebiet erzeugt, verarbeitet und veredelt worden sind. Dieser manchmal auch mehrjährig gelagerte Alpkäse wird von der Familie Kämpf direkt vermarktet. Pro Jahr sind es rund 700 Kilo AOP-Alpkäse.Milchautomat
Auf dem Kastelhof kann rund um die Uhr frische Bio-Milch gekauft werden. Der Milchautomat befindet sich gleich bei der Zufahrt zum Bühlweg 1. Dabei sollten Milchflaschen und das passende Kleingeld nicht vergessen werden. Nur gesunde Milchkühe können gehalt- und geschmackvolle Bio-Milch liefern. Die tiergerechte Haltung und das Bio-Futter bilden die Grundlage. Die Richtlinien von Bio Suisse dazu sind besonders strikt. So ist geregelt, dass Wiederkäuer zu mindestens 90 Prozent Raufutter fressen müssen: also frisches Gras, Kräuter und Heu. So, wie es die Natur eigentlich vorgesehen hat. Der Milchautomat wird täglich nachgefüllt und gereinigt. Personen, die Bio-Milch lieben, holen hier täglich ihre Milch und ebenso viele Feriengäste trifft man beim Milchautomaten an.Bio-Rindfleisch
Kämpfs schlachten pro Jahr drei bis vier Tiere. Damit stellen sie Bio-Rindfleisch-Mischpakete zusammen, welche vorgängig von der langjährigen Kundschaft bestellt werden.Bei den Kühen kommt auch die Homöopathie zum Einsatz. Christian Kämpf erzählt, dass er damit schon sehr schöne Erfolge bei akuten Erkrankungen der Tiere erleben durfte. Er hat verschiedene Kurse im Bereich Tierhomöopathie absolviert und sich ein gutes Grundwissen für die akute Behandlung angeeignet. Mit der Homöopathie braucht es etwas mehr Geduld, meint er, aber es lohnt sich. Mahatma Gandhi sagte einst: «Homöopathie ist die modernste und durchdachteste Methode, um Kranke ökonomisch und gewaltlos zu behandeln.» Dies gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere.
Auf dem Kastelhof haben die Kühe noch Hörner. Das ist heute alles andere als selbstverständlich. Hornlosigkeit ist schon fast die Norm. Kühe, die enthornt sind, brauchen weniger Platz, die Kosten für den Laufstall sind tiefer. Oft sind das die beiden häufigsten Gründe für das Enthornen der Kühe. Daher müssen Ställe, Ausläufe und technische Einrichtungen für Kühe mit Hörnern entsprechend gestaltet sein. So kann ein soziales Gleichgewicht der Herde bestehen bleiben, wenn genügend Platz für die behornten Tiere vorhanden ist. Die Kühe würden sonst unruhig und aggressiv. Erfahrungen zeigen, dass Kühe mit Hörnern bei genügend Platz im Laufstall kein Problem sind. Mit den langsam wachsenden Hörnern lebt ein Jungtier in die Umgebung der Herde hinein. Aus dem einst Schutz suchenden Kalb wird so die souveräne Königin der Herde. Sie trägt stolz ihre schön ausgebildeten Hörner und kann mit einer Bewegung des gehörnten Kopfes in die Rangordnung der Herde eingreifen.
Auf dem Kastelhof gibt es keine fixen Öffnungszeiten. Man kommt einfach vorbei. Aktuell angeboten werden Käse, Fleisch, Milch und feine Berner Rosenäpfel.
Bei der Frage, woher der Name Kastelhof stammt, erklärt Christian Kämpf, dass die Scheune auf dem Kastel steht. Das ist der Flurname dieses Grundstücks. Möglich ist, dass hier einmal eine Burg oder ein Beobachtungsposten gestanden hat. Aussicht und Weitblick sind jedenfalls prächtig.
Es ist wichtig, die Zusammenhänge zwischen Menschen, Boden, Pflanzen und Tieren in der Umwelt zu erkennen und sich mit ihr zu identifizieren.
Kontakt
Kastelhof Kämpf
Beat, Marianne und Christian Kämpf
Bühlweg 1
3655 Sigriswil
Telefon 033 251 21 35
christian.kaempf@bluewin.ch
Label: Bio Suisse
Aufruf an die Leserinnen und Leser: Wo kaufen Sie ab Hof?
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mail@thunersee-liebi.ch