Tea Room-Report: Oh du süsser Frühling!
Tea Room-Report: Oh du süsser Frühling!
Könnte sein, dass Tea Rooms in den letzten Jahren etwas aus der Mode geraten sind. Eigentlich völlig zu Unrecht, die meisten Tea Rooms zeichnen sich nämlich durch zeitlose Spezialitäten aus. Die Thunersee-Liebi macht Schluss mit dem verstaubten Image und begibt sich auf eine Besuchstour rund um den Thunersee.
Text & Fotos: Janina Stucki
Bei der Recherche zu diesem Artikel ergaben sich zuerst ungeahnte Schwierigkeiten. Es ist nämlich ziemlich unmöglich, etwas über die «Herkunft» oder die «Kultur» der Schweizer Tea Rooms ausfindig zu machen. Mangels fachlicher Informationen ergaben sich alsdann etliche Gespräche über die genaue Definition eines Tea Rooms mit Laien. Mit einem grossen Mythos kann gleich aufgeräumt werden: Entgegen der Meinung jüngerer Mitmenschen gilt kein verbindliches Mindestalter für den Besuch eines Tea Rooms! Auch der innerbetriebliche Umgang mit Alkohol wurde gelockert. Viele der heutigen Tea Rooms haben eine kleine aber feine Auswahl an Weinen und anderen alkoholhaltigen Getränken.
Aber viel wichtiger und der Grund für diesen Tea-Room-Bericht sind die feinen Leckerbissen, die den Gästen angeboten werden, denn jedes Tea Room zeichnet sich durch seine hauseigene Spezialität aus. Diese stammen jeweils aus der dem Tea Room angegliederten Konditorei oder Confiserie und können entweder im Tea Room selbst verspeist oder auch mit nach Hause genommen werden.
Ein weiteres Merkmal sind die täglich wechselnden, günstigen Mittagsmenüs. Häufig gibt es sowohl eine Variante mit Fleisch wie auch eine fleischlose und es besteht die Möglichkeit, das Menü mit Suppe und Salat zu ergänzen. Daneben haben viele Tea Rooms auch noch andere, kleine Speisen im Angebot. Vom belegten Brötli über die Omelette in verschiedenen Variationen bis hin zum Pastetli, hungrig geht da niemand weg.
Abgesehen von diesen allgemeinen Merkmalen hat jedes hier besuchte Tea Room seine ganz eigene Geschichte und individuellen Charme. Mancherorts wird Wert auf ein modernes Erscheinen gelegt, andernorts scheint die Zeit irgendwann stillgestanden zu sein – aber nirgends begegnet man Gleichgültigkeit. Die durchwegs freundliche und familiäre Bedienung hat uns besonders überzeugt. Mittlerweile ungewohnt ist auch der Umstand, dass Kundschaft beim Namen genannt wird oder einem Stammgast sein obligates Znüni-Güetzi zur Seite gelegt wird. Einige der Tea Rooms bieten übrigens auch Aussensitzplätze an. Und wie könnte man den Frühling besser einläuten als mit einem wärmenden Getränk in der Hand, einer süssen Köstlichkeit auf dem Teller und den ersten Sonnenstrahlen im Gesicht?
Michel Beck, Unterseen
Der Michel Beck am «Räuberegge» in Unterseen ist wahrlich geschichtsträchtig. Seit über 150 Jahren befindet sich hier eine Bäckerei, deren ursprünglicher Besitzer namensgebend für die heutige, halboffizielle Adresse ist. Neueren Datums ist das in die Bäckerei integrierte Café. Die Tischchen sind zwar nicht bedient, aber das macht auch nichts, denn das vielfältige Bäckerei- und Konditoreiangebot sollte schon persönlich unter die Lupe genommen werden. Der Michel Beck ist mangels Mittagsmenü kein eigentliches Tea Room. Trotzdem lässt sich an einem der Tischchen wunderbar zu Mittag essen dank feinster Züpflisandwichs in verschiedensten Variationen zu sehr schmackhaften Preisen. Weitherum bekannt ist der Beck für seine Spezialität, den Räubereggechueche. Ein (grosses) Stück dieser deftigen Köstlichkeit ist für günstige CHF 2.50 zu haben und eignet sich hervorragend zum Znüni- oder Zvierikaffee (oder -Latte-Macchiato).