Tatarreport: Fleischgenuss am Thunersee
Tatarreport: Fleischgenuss am Thunersee
Über die Schreibweise des Gerichts kann man sich ja streiten, aber eins steht fest: Das Tatar-Angebot rund um den Thunersee lässt keine Wünsche offen. Ob gross oder klein, Rind oder Kalb, klassisch oder modern, es lässt sich alles finden in der Region. Wir nehmen Sie deshalb mit auf unsere Reise quer durch den Tatar-Himmel.
Text: Janina Stucki | Fotos: Ruedi Anker, Marcus Gyger, Ramon Lehmen, Janina Stucki, David Zurflüh
Wie bei so vielen Dingen gibt es auch beim Tatar unterschiedliche Geschmäcker noch und nöcher. Angefangen bei der Schreibweise, der Fleischsorte, den Gewürzen und Zutaten bis hin zu den Beilagen: Der Fantasie setzt hier nur der Duden – und dies auch nur fürs erste Kriterium – Grenzen.
Für den Duden ist die Schreibweise übrigens ein klarer Fall, weshalb wir uns hier auch durchgehend für die – in meinem Verständnis eingedeutschte – Schreibweise «Tatar» entschieden haben. Wobei «eingedeutscht» eben nur bedingt stimmt. Der Sage nach hat das Gericht seinen Ursprung nämlich dem Stamm der Tataren zu verdanken, welche das rohe Fleisch unter ihren Sätteln «zartgeritten» haben sollen. Das zweite – und deshalb eigentlich falsche – R habe sich aufgrund einer Neigung eingeschlichen, wonach wir zwei ähnliche Silben in der Aussprache gerne angleichen. Und das wiederum gilt eben eigentlich auch fürs Französische. Dort wird das Fleischgericht übrigens «Steak tartare» genannt. Im Französischen lässt sich das Fleischgericht von der Sauce deshalb auch nur durch den Zusatz «steak» beziehungsweise «sauce» unterscheiden. Im Deutschen, auf der anderen Seite, haben wir aus «sauce tartare» die Tartarsauce gemacht. Und wem das alles zu kompliziert erscheint, konzentriert sich ganz einfach auf die Zubereitungsart des Gerichts. Klassischerweise wird hochwertiges Rindfleisch verwendet und – zumindest in der Schweiz – warmer Toast und Butter dazu serviert. Ab und an findet sich aber auch ein Tatar vom Kalb. Diese Variante stammt ursprünglich aus dem Piemont und wird auch «Carne cruda» genannt. Wir wünschen viel Spass beim Schmökern und Geniessen!
Bellevue au Lac, Hilterfingen
Das Bellevue eignet sich besonders gut für laue Herbstabende. Vom Wind geschützt und unter grossen Schirmen geniessen Sie hier nicht nur ein vorzügliches Rindstatar, sondern gleich auch noch eine atemberaubende Aussicht über den Thunersee. Das Rindstatar wird nicht nur auf der Karte als reich garniert beschrieben, tatsächlich serviert der zuvorkommende Service Ihnen das Tatar mit vier verschiedenen Saucenschälchen und einem knackig frischen Salat für CHF 34.– oder in der kleinen Version für CHF 19.–. Selbstverständlich fehlen auch die klassischen Zutaten Butter und Toast nicht. Das Tatar wird hier ohne Ei zubereitet – eine Art der Zubereitung, wie sie vor allem in den heisseren Gegenden zu finden ist und hier viel zu selten zum Tragen kommt. Wer gerne etwas Abwechslung hat, gönnt sich zur Vorspeise ein Ceviche von der Sigriswiler Lachsforelle mit Avocado und Limetten für CHF 18.–. Die fischige Tatar-Abwandlung überzeugt nicht nur durch ihre schöne Erscheinung!
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Telefon 033 244 51 51
Steinbock & Camino, Thun
Direkt am Bälliz bietet das Steinbock und Camino auch für die kälteren Herbsttage ein herziges Ambiente mit heimeligem Interieur. Die Plätze sind allerdings beschränkt, gerade zu Spitzenzeiten lohnt sich eine Reservation. Abgesehen davon wird hier ein klassisches Tatar mit Toast und Butter serviert, das von Seiten der Stammgäste in den höchsten Tönen gelobt wird. Die Entscheidung, ob grosse oder kleine Portion, wird Ihnen hier abgenommen: Für den eher niedrigen Preis von CHF 28.50 erhalten Sie ein Tatar in der Hauptgang-Version. Der Service gibt sich Mühe und ist rassig – fast ein bisschen zu rassig, es kann also eng werden auf dem Tisch. Bei einem kalten Gericht wie Tatar ist dies glücklicherweise kein Problem.
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Schlossberg, Thun
Werden die Tage langsam kürzer und vor allem kälter, empfiehlt sich ein Besuch im Restaurant Schlossberg. Ein königliches Feeling schleicht sich ein, sobald der Raum betreten und man durch die freundliche Bedienung empfangen wird. In gepflegtem Ambiente und mit einer Bedienung, die genau weiss, was sie macht, wird Ihnen hier ein Tatar vom Piemonteser Rind serviert. Besonderes Highlight des mageren, aber dennoch geschmacklich intensiven Fleischs ist die wahlweise verfügbare Kombination mit Grappa oder Highland Whisky. Favorit ist Letzteres – speziell für diejenigen, die weiche Geschmäcker bevorzugen. Den auf einer Schiefertafel klassisch angerichteten gediegenen Tatar-Genuss erleben Sie selbstverständlich mit Toast und je nach Hunger in zwei Grössen für CHF 27.– (70 g) oder CHF 36.– (130 g). Und wer vom königlichen Mahl noch nicht gesättigt ist, vervollständigt dieses mit einer königlichen Tour durch die altehrwürdigen Mauern des Thuner Schlosses.
Dorfstube Alpenblick, Wilderswil
Nun, einen kleinen Vorteil bietet der Herbst sogar für Kältemuffel: Unter Umständen kriegen Sie in der Dorfstube Alpenblick mittlerweile einen Tisch ohne Reservation – verlassen würde ich mich allerdings nicht darauf. Das Engagement der Besitzer – er als Koch hinten, sie als Gastgeberin vorne – ist seit Jahren ungebrochen. Das zeigt sich nicht nur beim Essen, sondern auch an der gemütlichen Atmosphäre. Die beiden versetzen Sie in Nullkommanichts in Ferienstimmung! Was auf der Karte durch seine einfache Formulierung kaum grosse Erwartungen schürt, überzeugt auf dem Teller umso mehr. Das Tatar – natürlich frisch zubereitet und in bester Qualität – wird hier von Rucola umrandet. Eigentlich simpel und doch entsteht ein herrlich reiches und vor allem neues Geschmacksbouquet im Mund. Sie haben die Wahl zwischen klein und gross (CHF 21.– bzw. 32.–), mild und scharf. Die klassische Toast-Beilage fehlt auch hier nicht.
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Telefon 033 828 35 50
Schloss Oberhofen, Oberhofen
Hier speist man nicht nur vor atemberaubender, historischer Kulisse mit einem herrlichen Ausblick auf Thunersee und Niesen, auch das kulinarische Erlebnis ist schlicht atemberaubend. Das Tatar – oder eher «Carne cruda» – vom Schangnauer Büffelmilchkalb (als Vorspeise für CHF 18.–) ist von Hand geschnitten und umrahmt von einem zartsüssen Zwiebel-Coulis. Dazu wird getoastete Brioche serviert. Die Karte besteht aus drei Vorspeisen, drei Hauptgängen und drei Desserts. Das Angebot wechselt regelmässig – wer sicher gehen will, dass er in den Genuss eines Tatars kommt, sollte sich vorher telefonisch erkundigen. Um ehrlich zu sein, lohnt sich ein Besuch aber auch so in jedem Fall. Für die Zusammenstellung der verschiedenen Geschmäcker und die detailverliebte Präsentation der Gerichte verleihe ich dem Koch fünf Sterne und prophezeie ihm eine erfolgreiche Zukunft. Vielen Dank auch für den freundlichen und professionellen Service.Kontakt
Telefon 033 243 53 63
Stocks Bar & Steakhouse, Mülenen
Wer hätte es gedacht, an der alten Strasse zwischen Spiez und Mülenen findet sich doch tatsächlich ein Hauch «American Dream». Das Spezielle am Stocks ist die Kombination der Stile: Eigentlich könnte man das Gefühl haben, direkt an der Route 66 in einem American-Style-Steakhouse gelandet zu sein, wären da nicht die modernen, weiss gedeckten Tische und das Alphütten-Feeling. Wie auch immer, die Speisekarte bietet jedenfalls für sämtliche fleischlichen Gelüste das passende Gericht. So findet sich auch hier ein Tatar mit Namen «Stock’s Supreme» für CHF 29.– (gross) beziehungsweise CHF 19.– (klein). Die Entscheidung, ob scharf oder mild, kann hier ad hoc passieren, denn als Beilage werden neben dem obligaten Toast eine sehr würzige und scharfe Sauce sowie leckere, süss eingelegte Zwiebeln gereicht.
Schützen, Steffisburg
Wer sich etwas Gutes tun will, kehrt im Schützen ein. Seit Jahr und Tag ist hier nicht nur das Essen, sondern auch der Service top. Dieser ist nicht nur besonders freundlich und kompetent, sondern auch vorausschauend. Da werden Bedürfnisse erkannt, die erst im Entstehen begriffen sind. Aus diesem Grund lohnt sich speziell am Mittag eine Reservation. Ab dieser ersten Erscheinung überrascht auch das sensationelle Tatar nicht! Obwohl selbst Verfechterin des klassischen, schlichten Tatars, überzeugt diese üppig komponierte Interpretation auf allen geschmacklichen Ebenen. Der einzige Wermutstropfen: Man muss sich entscheiden! Zwischen der Hauptgang-Version für CHF 36.– und der Vorspeise für CHF 18.–. Wieso diese Entscheidung schwer fällt: Die Vorspeise ist zwar kleiner, beinhaltet dafür ein Wachtelspiegelei. Eine unbekannte Kombination, die es zu probieren lohnt.
Panorama Bistro, Hartlisberg
Im Panorama Bistro auf dem Hartlisberg ist der Name selbstverständlich Programm. Die Aussicht auf die Berner Alpenkette aus dieser erhöhten Perspektive ist unbeschreiblich. Geniessen Sie den Sonnenuntergang auf der Laube oder im Inneren des Bistros. Das Fleisch vom Simmentaler Rind, Weg-
gefährte zahlreicher Gourmet-Restaurants, wird hier klassisch gewürzt und zusammen mit Cognac und knusprig frischem Baguette angeboten. Die überaus freundliche und verständige Bedienung berät Sie zudem bei der passenden Weinwahl. Dies lohnt sich, denn die Auswahl ist immens und gerade der Genuss eines geschmacklich zarten Ta-
tars kann durch die richtige Wahl des Weins noch gesteigert werden. Kleiner Tipp am Rande: Wer noch Lust auf etwas Süsses verspürt, jedoch vor den teilweise üppigen Dessert-Portionen die Hände verwirft, ist hier bestens bedient. Im Angebot sind hausgemachte Pralinen, auch einzeln erhältlich – die Auswahl erfolgt persönlich am Tisch.
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Restaurant Halle 6, Thun
Zum Glück wird es endlich kälter und wir können getrost das einzigartige Ambiente der Halle 6 geniessen. Der Industrie-Chic- Stil der Halle wird gekonnt durch das stilvoll und modern gehaltene Interieur gebrochen – wirklich sehr gelungen! Mit grosser Liebe wird auf jedes Detail geachtet. Wenn der Küchenchef oder auch der Restaurantleiter genügend Zeit haben, beraten und servieren Sie auch gerne persönlich. Aber auch in hektischen Zeiten kann man der Küchen-Crew, deren offene Küche inmitten der Tische platziert ist, auf die Finger schauen. Die Karte wechselt auch hier alle paar Wochen. Wir hatten Glück: Unter den Vorspeisen befand sich ein «Carne cruda», auch bekannt als Kalbstatar, für CHF 24.–. Begleitet von geräucherter Kapern-Mayonnaise, eingelegten roten Zwiebeln und einem Parmesan-Muffin, bietet sich hier eine einzigartige geschmackliche Vielfalt, die auch in ihrer Präsentation einem kleinen Kunstwerk gleichkommt.