Suure-Mocke-Report: Ein guter Grund, sauer zu werden

Suure-Mocke-Report: Ein guter Grund, sauer zu werden

Suure-Mocke-Report: Ein guter Grund, sauer zu werden

Die Nächte sind lang, die Tage finster, der Nebel hängt tief – der perfekte Zeitpunkt also für etwas Sonne aus dem Ofen. Der Suure Mocke ist ein solches Gericht, das die Früchte des Sommers in den Winter hinüberrettet – Fleisch, Wein, Essig und Gemüse in bester Harmonie, immer gebettet auf cremigem Kartoffelstock.

Text: Alain Diezig  |  Fotos: Alain Diezig, zvg

Wer im Herbst des Öfteren Wild geniesst, dem dürfte beim Studium von Rezepten für Suure Mocke ein Licht aufgehen. Rotwein, Rotweinessig, Zwiebeln und Wurzelgemüse aufkochen und einen Braten eine Woche lang darin marinieren? Richtig, so wird nämlich auch Reh-, Hirsch oder Gemspfeffer zubereitet!

Die Idee, Fleisch in einer säuerlichen Flüssigkeit einzulegen und damit gleichzeitig haltbar und mürbe zu machen, ist natürlich nahezu so alt wie Wein und Essig selbst. Vor der Einführung von Eis- und später Kühlschränken war die Haltbarmachung und Lagerung von Fleisch eine konstante Herausforderung, der man mit allerlei Techniken begegnete. Das Räuchern ist eine Methode, das Einsalzen eine andere. Das Einlegen in einer sauren Flüssigkeit – das Beizen – ist eine weitere Methode, die den zusätzlichen Vorteil hat, dass die Beize gleich noch als Grundlage für die Sauce dienen kann.

Der Suure Mocke und seine Geschwister sind vor allem in Mitteleuropa weit verbreitet. In Deutschland haben viele Gegenden ihre ganz eigene Variante des Sauerbratens, wie er dort genannt wird. Die vielleicht bekannteste stammt aus dem Rheinland, wo man die Säure der Sauce mit der Zugabe von allerlei Süssem balanciert; das können getrocknete Weinbeeren und andere Trockenfrüchte sein, Zuckerrübensirup oder sogar eigens dafür hergestellter Saucenlebkuchen, der nicht nur Süsse und Würze in die Sauce bringt, sondern diese zugleich noch bindet. Der badische Sauerbraten zeichnet sich durch die Zugabe von Knoblauch aus.

Die üblichen Beilagen zum deutschen Sauerbraten sind Knödel oder Nudeln. Für die Schweizer Variante, den Suure Mocke, ist hingegen grundsätzlich nur eine Beilage akzeptabel, nämlich Kartoffelstock, im besten Fall cremig und grosszügig mit Muskatnuss abgeschmeckt. Wie generell bei Schmor­gerichten dient die Beilage dazu, das äusserst aromatische Fleisch zu umrahmen und vor allem, um die sämige Sauce aufzusaugen. Dazu noch etwas Wurzelgemüse, Rotkraut oder Bohnen, und der Winter kann kommen!

Café Stern, Allmendingen

Das Café Stern in Allmendingen (ungemein praktisch gleich gegenüber einer Bushaltestelle gelegen) ist ein sympathisches, kleines Nachbarschaftscafé, dessen Suure ­Mocke sich auch vor den Grossen nicht verstecken muss – im Gegenteil. Hier hat man die DNA des Mockens begriffen und serviert ihn darum mit einer Kombination, die auch einem Rehpfeffer gut anstehen würde. Rosenkohl, Rotkraut, Trauben, Marroni – das ergibt ein solch buntes und duftendes Tableau, dass man darüber glatt den Mocken vergessen könnte, würde der nicht ebenso verführerisch duften. Dass ein gemischter Salat im Preis inbegriffen ist, setzt dem ­Ganzen die Krone auf – ein sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis! Noch schöner ist, dass der Mocke nur in den Wintermonaten angeboten wird, und auch dann nur am ersten Freitag des Monats. So ist in jedem Fall klar, dass der Mocke frisch zubereitet ist. Obwohl – schon die erste Gabel voll hat hier jeden Zweifel ausgeräumt. Preis: CHF 20.– (inkl. Salat!)

Kontakt
Allmendingenstrasse 20, 3608 Thun
Tel. 033 335 40 35
www.cafestern.ch

Krone, Spiez

Nur wenige Minuten vom Bahnhof Spiez entfernt liegt das Restaurant Krone, wo «Gastfreundschaft» nicht nur auf der Speisekarte steht, sondern auch tatsächlich gelebt wird. Wie in keinem anderen Restaurant, das wir für diese Ausgabe besucht haben, erkennt man hier die enge Verwandtschaft von Wildpfeffer und Sauerbraten. Die Sauce ist dermassen aromatisch, dass man mit verbundenen Augen fast glauben möchte, einen Gemspfeffer vor sich zu haben. Die tiefrote Farbe des Bratens, die davon zeugt, dass er nicht erst vorgestern in die Beize gelegt wurde, tut das ihrige, um die herbstliche Stimmung der ganzen Mahlzeit zu untermalen. Ebenfalls nicht gespart wurde an Muskatnuss für den Kartoffelstock, der von Weitem an Stracciatella-Kugeln erinnert und ausgezeichnet mit der kräftigen Sauce harmoniert. Schön auch, dass zur ganzen Herrlichkeit noch eine gute Portion aromatisches Wurzelgemüse gereicht wird. Preis: CHF 31.–

Kontakt
Seestrasse 28, 3700 Spiez
Tel. 033 655 02 26
www.krone-spiez.ch

Bären, Unterseen

Im verwinkelten Chalet des «Bären», mit ­seinen unzähligen charmanten Räumlich­keiten, lässt sich gemütlich tafeln. Speziell im Spätherbst und Winter, wenn draussen der Wind peitscht, verkriecht man sich gerne in eine der behaglichen Stuben und lässt sich währschafte, klassische Schweizer Gerichte auftischen. Dazu gehört in diesen Breitengraden natürlich auch ein Suure Mocke, der, wie vom «Bären» nicht anders gewohnt, souverän zart daherkommt und so stilvoll auf dem Teller angerichtet ist, dass man mit leisem (aber kurzem) Bedauern die erste Gabel nimmt. Der seidige Glanz beweist: Hier ist zweifellos ordentlich Butter drin, was die ohnehin schon sämige Sauce zum geschmeidigen Elixier werden lässt. Damit die dazu gereichten Bohnen nicht verloren gehen, hat man diese hier in weiser Voraussicht mit Streifen vom Räucherspeck gesichert, der seinerseits wunderbar mit dem Rotwein aus der Beize zusammenspielt. Preis: CHF 34.–

Kontakt
Seestrasse 2, 3800 Unterseen
Tel. 033 822 75 26

www.baeren-unterseen.ch

Schönbühl, Hilterfingen

Der Weg hinauf nach Hilterfingen lohnt sich – bietet doch das Panoramahotel Schönbühl eine wunderbare Aussicht über den Thunersee und die Berner Alpen, und das von praktisch jedem Platz aus. Die grosszügige Terrasse ist speziell im Sommer ein absolutes Highlight, aber es lohnt sich auch im Winter, kurz vors Haus zu gehen und das Lichterspiel am gegenüberliegenden Ufer zu betrachten. Dann gehts aber auch schon wieder zurück in die warme, getäferte Stube, denn schöner noch als die Aussicht ist der zarte Mocken, der einem auf dem Teller entgegendampft. Wie man der schönen Farbe entnehmen kann, hatte dieser Braten genügend Zeit, Bekanntschaft mit der aromatischen Beize zu schliessen. So gabelzart wie der Braten ist, darf man annehmen, dass sich die beiden gut vertragen haben. Der cremige, hübsch dekorierte Kartoffelstock und etwas Wurzelgemüse als Kontrastprogramm schliessen das stimmige Gesamtbild ab. Preis: CHF 34.50

Kontakt
Dorfstrasse 47, 3652 Hilterfingen
Tel. 033 243 23 83
www.schoenbuehl.ch

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