Ein Schloss, welches seiner Zeit voraus war
Ein Schloss, welches seiner Zeit voraus war
Letztes Jahr wurde das Schloss Schadau nach längeren Renovations- und Restaurationsarbeiten wiedereröffnet. Die Zusammenarbeit der Stadt Thun, der zuständigen Architekten und der Denkmalpflege Bern hat Früchte getragen. Viel Ursprüngliches wurde wieder zum Vorschein gebracht und verleiht dem Schloss neuen Glanz. Der Gastronomie- und Hotelbetrieb konnte sich indes gut einfügen.
Text: Carmen Frei | Fotos: Christian Helmle
ereits auf dem Weg zum Schloss Schadau durch den Schadaupark wähnt man sich in einem historischen Umfeld. Am schönen Brunnen vorbei geht es hoch zum Eingang und schon ist man im Innern des Schlosses. Vom Eingang auf der einen Seite gelangt man über die Rezeption und durch die Bar direkt auf die Seeseite. Der schöne Vorplatz mit See- und Gartensicht lädt vor allem im Sommer viele Leute zum Verweilen ein. Und das soll er auch, denn das Schloss wollte man mit der Neueröffnung wieder mehr für die Bevölkerung öffnen und die Laufkundschaft ansprechen. Für das Vorhaben wurde das Schloss gut ein Jahr saniert – vom Frühling 2018 bis fast in den Sommer 2019 hinein. Unter der Bauherrschaft der Stadt Thun und in enger Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz des Kantons Bern hatte man die Renovations- und Restaurationsarbeiten mit einem Team um das leitende Büro Suter + Partner Architekten vorgenommen. Das Ziel war es, die charakteristischen Eigenschaften des Gebäudes zu bewahren und es gleichzeitig für einen modernen Betrieb nutzbar zu machen.
Seiner Zeit voraus – und darum unbeliebt
Der historische Wert des Schlosses ist inzwischen unumstritten, das Schloss bei der Bevölkerung beliebt. Dies war keineswegs immer so. Als es im 19. Jahrhundert entstand, stiess es bei der Bevölkerung auf Widerstand und wurde seines Stils wegen kritisiert. Denn Alfred de Rougemont liess das Schloss Schadau in einem Mischstil erbauen. Beim Bau des Schlosses wurden Elemente der Neurenaissance und des Tudorstils aufgegriffen. Die Rückbesinnung auf frühere Baustile entsprach der Mode im 19. Jahrhundert – der Historismus nahm bereits in den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts seinen Anfang –, allerdings war das Schloss zu diesem Zeitpunkt wohl seiner Zeit voraus. Der Neubau, welcher mit seinem Stil mit den lokalen Traditionen brach, stiess auf Unverständnis in der Bevölkerung. Sogar als «architektonisches Monstrum» wurde er damals bezeichnet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als der Historismus Fuss gefasst hatte, nahm man das Bauwerk viel positiver wahr. Allerdings blieb es noch bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts ein umstrittenes Bauwerk. In den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts drohte man dem Gebäude das letzte Mal mit dem Abriss, allerdings ist es nun seit gut 40 Jahren unumstritten ein Bauwerk von nationaler Bedeutung. 1985 fand die erste Renovation statt, in deren Zug man auch erstmals den Wert des Schlosses richtig wahrnahm.Wertvolles bewahren
Was früher noch auf Widerstand stiess, macht das Schloss für den Denkmalschutz heute zu etwas Speziellem. Es wird inzwischen als Vorreiter in der Architektur dieser Zeit gesehen, ist es doch das erste Gebäude im deutschsprachigen Raum mit dieser Art von Mischarchitektur. Bei dem neusten Umbau kam die Sicht auf das Schloss Schadau als ein Gebäude von nationaler Bedeutung voll zum Tragen. Vor dem Umbau fand erstmals eine richtige Bestandsaufnahme des Gebäudes statt, bei der der effektive historische Wert desselben erkannt wurde. Zum Beispiel fand man Wandbemalungen, bei welchen Holzelemente so bemalt wurden, dass sie wie Marmor erscheinen. Diese waren zuvor als Sparmassnahme gesehen und überdeckt worden, nun brachte man sie wieder zum Vorschein. Inzwischen weiss man nämlich, dass es sich hierbei um einen neuen Trend der Zeit handelte und man speziell für diesen Zweck Künstler von weither kommen liess, um die Malereien zu erstellen.Die Eingriffe bei der Restaurierung und dem Umbau sollten auch der denkmalpflegerischen Bedeutung wegen auf ein Minimum beschränkt werden. Gleichzeitig musste aber den Anforderungen eines modernen Hotelbetriebs nachgekommen werden. Anna Suter als leitende Architektin und ihr Team sanierten die gesamte Innenausstattung mit Bedacht und nahmen im Erd- und Untergeschoss einige Umbauarbeiten vor, welche die Räume für den neuen Betrieb bereit machten. So erfolgte der Einbau eines Lifts zur Gewährleistung des barrierefreien Zugangs. Beim Umbau der Küche wurde ein spezielles Belüftungssystem gewählt, welches die baulichen Eingriffe auf einem Minimum hielten. Die Lüftung der Satelliten-Küche musste über den Boden geleitet werden, damit man nicht zu viele Eingriffe am Haus vornehmen musste. Ausserdem wurden sanitäre Einrichtungen in den Seminarräumen sowie in den Gästezimmern eingebaut, diese Änderungen hielten sich aber ebenfalls in einem vertretbaren Rahmen. Weiter mussten zur Modernisierung des Hauses einige technische Installationen vorgenommen werden, welche aber ebenfalls mit der nötigen Zurückhaltung in das Gebäude eingefügt wurden. Zudem wurden bei der Renovation neun Hotelzimmer gestaltet, es waren ursprünglich sogar mehr Zimmer geplant: Die beiden vorhandenen Banketträume sollten ebenfalls zu Gästezimmern umgewandelt werden. Allerdings konnte man hier nicht zusätzliche Leitungen für die Nasszellen in den Zimmern legen, wodurch dieses Vorhaben wieder verworfen wurde. Auch bei den Gästezimmern musste man sich nach dem Haus richten. Die Toiletten in den Gästeräumen sind da durch leicht kleiner als heutzutage gewohnt, nun aber problemlos mit dem Gebäude vereinbar.
Die Nutzung durch die Jahre
Durch die Jahre diente das Schloss verschiedenen Zwecken. Lange war es Sitz des Schweizerischen Gastronomie-Museums, seit der Renovation dient es nun als Hotel. Der Entscheid zum Hotelbetrieb fiel, da eine einheitliche Nutzung angestrebt wurde. Es sollte eine harmonische Nutzung der Räume möglich werden und der Hotelbetrieb mit Gästezimmern war in dieser Hinsicht der naheliegende Entscheid. Dabei stellte sich auch die Frage, was für die Stadt Umsatz generieren würde. Mit dem Hotelbetrieb waren die Öffnung und die ideale Nutzung gewährleistet und er war darum die ideale Variante.Seit Juni 2019 ist das Schloss Schadau nun also wieder geöffnet. Mit dem Umbau verbunden war auch die Übernahme durch die Solbad Gastronomie AG und somit eine Neukonzipierung des Betriebs. Dabei legte man vor allem Wert darauf, dass das Gebäude offener werden sollte. Das Ziel war es, dass auch wieder mehr Laufkundschaft den Weg in das Schloss finden sollte. Dazu hat man einiges verändert. Das Gastro-Konzept des Schlosses ist nun so ausgerichtet, dass man den ganzen Tag über ein gastronomisches Angebot vorfindet. Das Haus soll immer auf einen Kaffee oder Kuchen einladen. Die Adelsgeschichte des Hauses möchte man dabei durchaus beibehalten, sie aber angemessen in die Moderne transportieren. Darum erwartet einen am Abend auch immer noch eine eher gehobene Küche, allerdings nun nicht mehr unbedingt mit dem Anspruch eine Gourmet-Küche zu sein. Die Speisekarte des Restaurants wartet aber dennoch mit einer umfangreichen Auswahl an Speisen sowie der Möglichkeit, ein 4- oder 5-Gänge-Menü zu bestellen, auf. Was man vor allem nicht mehr wollte, ist, nur als Speiserestaurant aufzutreten.
Auch für Feiern und verschiedene Anlässe kann man das Schloss nach wie vor buchen. Allerdings kam man davon weg, dass dafür das ganze Schloss beansprucht wird. Darum gibt es hier von April bis Oktober keine geschlossenen Gesellschaften, das Schloss soll für die Bevölkerung immer zugänglich sein. Damit setzt man in gewisser Weise auch die Tradition des Erbauers fort, welcher jeweils sonntags den Garten des Schlosses für die Bevölkerung öffnete und sich für die Umgebung einsetzte.
Es sollte eine harmonische Nutzung der Räume möglich werden und der Hotelbetrieb mit Gästezimmern war in dieser Hinsicht der naheliegende Entscheid.
Kontakt
Schloss Schadau
Seestrasse 45
3600 Thun
Telefon: 033 222 25 00
E-Mail: info@schloss-schadau.ch