Abheben kann man sich nur mit Persönlichkeit

Abheben kann man sich nur mit Persönlichkeit

Abheben kann man sich nur mit Persönlichkeit

Es ist 3-Sterne-Haus, Ausbildungsstätte und Experimentierraum in einem – The Lab Hotel der Hotelfachschule Thun. Hotelmanagerin Sandra Wehren ist seit der Eröffnung im Frühling 2021 dabei. Die Ideen gehen der jungen Unternehmerin und Dozentin noch lange nicht aus.


Sandra Wehren, wie experimentierfreudig sind Sie?

Es gefällt mir, Neues auszuprobieren. Das tun wir im Lab Hotel. Wir sind ein klassifiziertes 3-Sterne-Haus und gleichzeitig ein Labor, ein Ort, an dem man auch ausgeflippte Dinge testen kann.

Zum Beispiel?

Aktuell haben wir sechs Lab Rooms. Jedes Zimmer ist ein Unikat und bietet etwas Ausgefallenes. Eines ist total digitalisiert, und im Upcycling Room testen wir die Wiederverwendung von Materialien. Das Bett war früher ein Schrank.

Sind die Gäste bereit dafür?

Das ist unterschiedlich. Es gibt Gäste, die einfach ein gutes Zimmer und einen guten Service wünschen. Andere wollen Neues entdecken. Wir sprechen tendenziell sicher ein jüngeres Publikum an.

Sie bieten auch Kapselzimmer an. Wie kommen die an?

Sie sind preisgünstig und daher gerade für junge Leute attraktiv. Wir haben sogar einen Stammgast, der regelmässig geschäftlich in Thun ist und immer in einem Kapselzimmer übernachtet.

Schön, sauber, hipp, jung, freundliches und hilfsbereites Personal, schöne Lage am See, tolles Frühstück. Diese Komplimente stehen auf Tripadvisor. Welches ist das schönste?

Jenes für die Mitarbeitenden. Es zeigt, dass sie sich mit dem Arbeitsort identifizieren. Der Umgang mit den Gästen hat für mich einen hohen Stellenwert. Egal, wie schön ein Hotel ist, wie edel, wie innovativ, wie gut gelegen oder wie komfortabel – abheben kann man sich nur mit der Persönlichkeit.

Es gibt aber auch Kritik. Zu teuer, kein Fernseher, zu kleine Zimmer. Was sagen Sie dazu?

In meinen Augen haben wir ein Wahnsinnsprodukt im Vergleich Wie steigern Sie Ihre Attraktivität als Arbeitgeberin? Bezüglich der Arbeitszeiten gibt es in unserer Branche Verbesserungspotenzial. Wir achten auf attraktive, neue Arbeitszeitmodelle und haben zum Beispiel keine Zimmerstunde mehr. Mir persönlich ist die Begegnung mit den Mitarbeitenden auf Augenhöhe sehr wichtig. Sie sollen ihr ganzes Potenzial entfalten, sich einbringen und Verantwortung tragen können. Traditionell waren Gastro- und Hotelbetriebe zum Teil sehr hierarchisch strukturiert. Hier ist ein Umdenken wichtig. Wie hat eigentlich die Konkurrenz auf das Lab Hotel reagiert? Sehr gut. Wir konkurrenzieren einander nicht, sondern arbeiten sogar zusammen, zum Beispiel mit dem Schloss Schadau. Während des Lockdowns hatten unsere Gäste die Möglichkeit, sich dort zu verköstigen. Bei grossen Anlässen im Schloss Schadau oder im Seepark können wir ihnen zusätzliche Übernachtungsgelegenheiten bieten. Die Tourismusbranche hat sich erholt. Thun verzeichnete im ersten Halbjahr 2022 sogar einen Rekord an Logiernächten. Wie läuft es bei Ihnen? Nach dem schwierigen Start in der Coronapandemie und dem Hochwassersomzum Markt. Ich stehe mit Überzeugung dahinter. Bezüglich der Grösse variieren unsere Zimmer. Dass wir keinen Fernseher haben, ist für die meisten Gäste kein Thema. Bei Bedarf können wir ihnen Tablets anbieten. Gewisse Optimierungen konnten wir vornehmen, zum Beispiel beim Frühstück. Die Rückmeldungen der Gäste sind sehr wertvoll, damit wir uns weiterentwickeln können.

The Lab Hotel ist auch Ausbildungsstätte der Hotelfachschule.

Ja, The Lab Hotel hat sich als dritter Lernort bewährt. Es ist super praxisbezogen. Hier ist alles echt, sei dies an der Reception beim Check-in und Check-out oder bei Reklamationen der Gäste. Solche Situationen im Klassenzimmer zu üben, ist nicht dasselbe. Es werden auch Französisch-Lektionen hier abgehalten. Die Studierenden können viel profitieren und absolvieren auch ihre praktische Prüfung hier.

Sie studierten selbst an der Hotelfachschule Thun und sind auch Dozentin. Was hat sich noch verändert, seit Sie die Schulbank drückten?

Einiges. Damals gab es noch eine lange Warteliste. Ich musste zwei Jahre warten, bis ich die Ausbildung beginnen konnte.

Die Studierendenzahlen gingen in den letzten Jahren zurück, ebenso die Subventionen des Kantons. Was tun Sie, um die Ausbildung attraktiver zu gestalten?

The Lab Hotel ist nur eine Massnahme im Rahmen der strategischen Neuausrichtung, die der Stiftungsrat vor vier Jahren beschlossen hat. Einerseits können wir damit das Studium attraktiver machen, andererseits zusätzliche Einnahmen generieren. Weiter bieten wir den Studierenden die Möglichkeit, das Studium flexibler zu gestalten. Man kann heute Vollzeit oder berufsbegleitend studieren. Zudem wird der Bildungsgang gerade revidiert. Neben den bewährten Formen des Präsenzunterrichts sind auch digitalisierte Methoden fester Bestandteil unseres Konzepts.

Der Fachkräftemangel ist ein grosses Thema. Die Pandemie hat die Situation noch verschärft. Was können Sie als Ausbildungsstätte dagegen tun?

Wir sind alle gefordert. Das beginnt schon in der Grundbildung. Die Anzahl besetzter Lehrstellen ist ebenfalls rückläufig. Wir müssen die Leute vermehrt für unsere Berufe begeistern. Unsere Schulleitung befasst sich intensiv damit und ist sehr offen. Der Verband Hotelleriesuisse lancierte zum Beispiel ein Quereinsteigerprogramm, an dem sich die Hotelfachschule Thun beteiligt im Bereich Küche.

Wie steigern Sie Ihre Attraktivität als Arbeitgeberin?

Bezüglich der Arbeitszeiten gibt es in unserer Branche Verbesserungspotenzial. Wir achten auf attraktive, neue Arbeitszeitmodelle und haben zum Beispiel keine Zimmerstunde mehr. Mir persönlich ist die Begegnung mit den Mitarbeitenden auf Augenhöhe sehr wichtig. Sie sollen ihr ganzes Potenzial entfalten, sich einbringen und Verantwortung tragen können. Traditionell waren Gastro- und Hotelbetriebe zum Teil sehr hierarchisch strukturiert. Hier ist ein Umdenken wichtig.

Wie hat eigentlich die Konkurrenz auf das Lab Hotel reagiert?

Sehr gut. Wir konkurrenzieren einander nicht, sondern arbeiten sogar zusammen, zum Beispiel mit dem Schloss Schadau. Während des Lockdowns hatten unsere Gäste die Möglichkeit, sich dort zu verköstigen. Bei grossen Anlässen im Schloss Schadau oder im Seepark können wir ihnen zusätzliche Übernachtungsgelegenheiten bieten.

Die Tourismusbranche hat sich erholt. Thun verzeichnete im ersten Halbjahr 2022 sogar einen Rekord an Logiernächten. Wie läuft es bei Ihnen?

Nach dem schwierigen Start in der Coronapandemie und dem Hochwassersommer läuft es in diesem Jahr viel besser. Das schöne Wetter und Grossanlässe wie die Thunerseespiele haben zu den guten Zahlen beigetragen. Wir sind sehr froh über diese Entwicklung.

Welche Ideen möchten Sie noch verwirklichen?

Unsere wunderschöne Region eignet sich gut zum Biken. Hier sehen wir Potenzial und möchten uns als Sporthotel etablieren. Wir gehören bereits heute zu den Swiss-Bike-Hotels und bieten unseren Gästen Mountain-EBikes und Stand-up-Paddels an, einen Veloraum und einen Velowaschplatz. Zudem sehe ich weitere Kooperationen mit Thun-Thunersee-Tourismus und den Bergbahnen. Gerne möchte ich mich auch regelmässig mit den anderen Hoteliers von Thun austauschen, um zu schauen, wie wir den Standort Thun gemeinsam weiterbringen können.

Zur Person

Sandra Wehren ist 1984 in Saanen geboren und dort aufgewachsen. Ab 2008 bis 2010 besuchte sie die Hotelfachschule Thun. Nach leitenden Funktionen im Kursaal und im Hotel Bristol in Bern war sie ab 2020 am Aufbau von The Lab Hotel in Thun beteiligt, zuerst stellvertretende Hoteldirektorin und seit September 2022 Hotel Managerin. 

www.hfthun.ch 

www.thelabhotel.ch