Mit der MLS Balmholz unterwegs

Mit der MLS Balmholz unterwegs

Mit der MLS Balmholz unterwegs

Fast täglich fährt das Frachtschiff MLS Balmholz Grobkies vom Steinbruch Balmholz über den See nach Thun. In Scherzligen wird der Schotter, der von der Bahn vor allem für den Gleisbau verwendet wird, auf Bahnwagen verladen. 

Text & Fotos: Renate Hodel

Bereits morgens um sechs Uhr klettern David Althaus und Hans Kämpf in Merligen an Bord der MLS Balmholz, um vor Betriebsaufnahme den Ölstand und die Funktions­tüchtigkeit der Steuerung und Maschine zu kontrollieren.Kurz darauf startet Hans Kämpf auch schon den Motor, David Althaus löst die Taue und die MLS Balmholz nimmt Kurs seeaufwärts Richtung Steinbruch Balmholz.

Schon bald hundertjährig, wurde die MLS Balmholz 1924 – damals noch mit einer Ladekapazität von 80 Tonnen – bei der Firma Sorgen AG in Betrieb genommen, um für das Unternehmen AG Balmholz Schotter und Steine zu transportieren. Im Winter 1959/60 wurde das Frachtschiff dann zum ersten Mal umgebaut und die Ladekapazität auf 120 Tonnen aufgestockt. Nur sechs Jahre später erfolgte der zweite Umbau der MLS Balmholz: Im Kohlenweiher in Scherzligen wurde dem 28,6 Meter langen und 7 Meter breiten Motorlastschiff eine Tieflademulde eingebaut. Die Ladekapazität wurde so auf die bis heute geltenden 185 Tonnen erhöht.

Mit zirka 17 Stundenkilometer steuert die MLS Balmholz schliesslich den Steinbruch Balmholz an und Hans Kämpf manövriert das Schiff unter die Verladeanlage. Das Förderband setzt sich in Bewegung und Grobkies füllt langsam, aber sehr geräuschvoll den Ladetrog. Der Schotter wird auf dem Weg vom Silo bis zum Schiff zweimal gewaschen, damit nicht zu viel Absatzgestein mitgeführt wird. «Auf dem Schiff müssen wir das Restwasser dann abpumpen, sonst haben wir sofort bis zu 2 Tonnen Wasser im Ladetrog», erklärt David Althaus, während Hans Kämpf über die weissen Farbmarkierungen aussen an der MLS Balmholz kontrolliert, dass das Schiff gleichmässig beladen wird. Eine knappe Stunde dauert es, bis die Balmholz die Last von 180 Tonnen aufgenommen hat. Immer wieder wird das Schiff dabei ausnivelliert, damit es auf der Fahrt dann gleichmässig im Wasser liegt. Dies machen die beiden Schiffsführer von Hand, indem sie das Schiff über die an der Ländte festgemachten Taue langsam vor- oder rückwärts bewegen und neu vertäuen. Kaum ist das Frachtschiff mit Bahnschotter gefüllt, fahren David Althaus und Hans Kämpf Richtung Thun. Voll beladen hat die MLS Balmholz einen Tiefgang von über 2 Meter und liegt nun so tief im Wasser, dass man meinen könnte, bei der kleinsten Welle bekäme man nasse Füsse, denn das Schiffsdeck befindet sich nur noch wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche.

Der See ist an diesem Morgen trotz schönem Wetter wenig befahren und die Sicht ist ideal, sodass es weder den Radar noch das Satellitenortungssystem braucht, um Thun zu finden. «Es gibt aber auch Tage, an denen man wegen des Nebels den Bug des eigenen Schiffes vom Steuerhaus aus nicht mehr erkennt und sich dann allein mit Hilfe der Navigations- und Radargeräte vorwärtsbewegen muss – aber die Balmholz fährt bei jedem Wetter», erzählt Hans Kämpf und übergibt das Steuer an David Althaus. Er muss es wissen, fährt er doch nun schon seit 36 Jahren Bahnschotter vom Steinbruch nach Scherzligen und darf den See sein Zuhause nennen. Trotzdem, irgendwann werde es schon Zeit, das Zepter zu übergeben, meint er. Vielleicht sogar an seinen Arbeitskollegen David Althaus, der sich im Moment noch in der Ausbildung zum Schiffsführer befindet. Wenn alles gut geht, möchte David Althaus nächstes Jahr die Prüfung machen. Etwa die Hälfte der für die Prüfungszulassung nötigen 150 ausgewiesenen Seetage hat er bereits absolviert.

Voll beladen liegt die MLS Balmholz nun so tief im Wasser, dass man meinen könnte, bei der kleinsten Welle bekäme man nasse Füsse.

Mittlerweile ist das Frachtschiff nach etwas über 16 Kilometer Fahrt beim Übergang des Thunersees in die Aare angekommen. Nun wird es für den Schiffsführer wegen der starken Strömung und des tieferen Wasserstandes etwas anspruchsvoller: Bei einem Tiefgang von ungefähr 2,2 Meter und einer Wassertiefe von nur noch zirka 3 Meter muss hier alles passen. Bei tiefem Wasserstand fährt die Balmholz nur noch mit der halben Ladung, um mehr Wasser unter dem Kiel zu haben. In den Wintermonaten werden die Schiffstransporte jedoch komplett eingestellt, weil das Wasser der Aare von November bis Februar einfach zu niedrig steht, um noch rentabel zu fahren. Ausserdem betreiben die Bahnen im Winter kaum Gleisbau und die Maschinen im Steinbruch werden gewartet, revidiert und repariert.

Für das «Parkiermanöver» in Scherzligen übernimmt wieder Hans Kämpf das Steuer – da die MLS Balmholz über keine Bug­strahlsteuerungsanlage verfügt, kann das Anlegen etwas knifflig sein. In Scherzligen wird der Bahnschotter nun auf Bahnwagen umgeladen oder auf den riesigen Kiesbergen zwischengelagert. Rund zwei Stunden brauchen Hans Kämpf und David Althaus, um die Transportmulde des Schiffs mit dem Kran zu entladen und anschliessend mit Seewasser zu reinigen. Unzählige Male fahren die beiden mit dem Kran hin und her, bis auch der letzte Stein da ist, wo er hingehört. Inzwischen ist es zwölf Uhr geworden und die beiden fahren noch einmal zum Steinbruch, um eine weitere Ladung Schotter für den nächsten Tag zu laden – über Nacht liegt die MLS Balmholz dann vollbeladen vor Merligen. Pro Arbeitstag auf dem See machen David Althaus und Hans Kämpf eineinhalb Fahrten: Abwechselnd wird zweimal beladen und dazwischen einmal entladen oder zweimal entladen und einmal beladen.

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